Kynortas, der schwarze Lord, ist seit
über vierzig Jahren der Anführer der Anakim. Bei einem Volk mit einer langen
Lebenspanne ist dies nur ein kurzer Zeitraum und von Kynortas wird noch großes
erwartet. Doch die Anakim, die seit Hunderten von Jahren keine Niederlage mehr erlitten
haben, sind zu selbstsicher geworden.
In den Reihen der Südländer gibt s einen
neuen Anführer: Bellamus. Ein Emporkömmling, ein Mann ohne Titel. Er hat die
Anakim genau studiert. Ihre Lebensart, ihre Sitten und ihre Kampftechnik. Und
ihm gelingt es, was den Menschen seit Ewigkeiten nicht mehr gelungen ist. Er stellt den Anakim eine Falle und besiegt ihre scheinbar
unbezwingbaren Legionen. Kynortas fällt im Kampf und nun muss sein unerfahrener
Sohn Roper das Kommando über die Truppen übernehmen. Er befiehlt einen Rückzug
und bringt somit Schmach und Schande über die Legionen. Diese Demütigung ist unverzeihlich
und schon stehen ältere und erfahrene Kämpfer bereit, dem neuen schwarzen Lord
den Titel streitig zu machen. Roper verfügt über keinerlei Erfahrung, er hat
sich noch keinen Namen gemacht und muss
nun gegen die mächtigsten Kämpfer des Landes antreten, die nach der Macht gieren.
Allen voran Uvoren, Hauptmann der heiligen Wache.
Ein Kampf um die Herrschaft beginnt und
der innere Konflikt der Anakim ermöglicht es den Südländern, immer mehr Boden
zu gewinnen. Sie ziehen mordend und plündernd durch das schwarze Königreich und
nur, wenn es Roper gelingt, die Anführer der Legionen für sich zu gewinnen,
besteht eine Chance, die Eindringlinge aus dem Reich zu vertreiben.
Kommentar:
Laut Klappentext handelt es sich hier um
historische Fantasy. Der Anteil an Fantasy ist allerdings sehr gering, was der
Spannung der Geschichte aber keineswegs abträglich ist.
Das schwarze Königreich ist ein fremdes,
erschreckendes, kaltes Land. Bellamus ist von den Anakim fasziniert, doch diese
Faszination weicht Ernüchterung, je weiter sie in das Land vordringen. Es ist
für ihn unverständlich, wie ein Volk in dieser abweisenden Region Albions Wurzeln fassen
und überleben kann.
Zitat
Seite 207
Aus
einiger Entfernung hatten die Anakim ihn fasziniert. In ihrer eigenen Umgebung
jedoch, eingebettet in eine Ordnung, die Bellamus fremd war, schienen sie eher
verstörend als faszinierend. Die hochmütigen, schneebedeckten Gipfel der Berge
waren die Herren dieser launischen
Wildnis, nach deren Willkür man sich richten musste.
Zitat Seite 321
"Die
Wälder dort sind Orte voll unnatürlicher Bosheit, mein Freund. Die Bäume ähneln
gewaltigen Türmen. Dagegen sehen Süddals Bäume wie Sträucher aus. Durch das
Laubdach fällt so gut wie kein Licht auf den Waldboden, der von alptraumhaften
Kreaturen und Geistern heimgesucht wird. Das Heulen der Wölfe klang uns ständig
in den Ohren. Aus Zweigen geflochtene Augen und in die Rinde geschnitzte Hände
verwandeln diese Bäume zu barbarischen Totempfählen heidnischer Anbetung."
Hier wird ganz klar, welch großer
Unterschied zwischen den Menschen und Anakim besteht. Die Anakim leben mit dem
Land, fügen sich ein und passen sich an. Die Menschen nehmen das Land in Besitz
und zerstören es. Daher wendet sich das Land gegen sie. Und obwohl sich die
Anakim in ihre Festungsstadt Hindrunn zurück ziehen und dort ein Kampf um die
politische Führung entbrennt, schaffen es die Südländer nicht, das Reich zu
erobern.
Roper ist noch jung, er sieht was mit
dem Land passiert und möchte seinen Untertanen helfen, dem Feind entgegen
ziehen. Doch mit seiner unpopulären Entscheidung hat er sich viele Feinde
gemacht. Erst nach und nach erkennen einige der alten Kommandanten, dass dieser
Rückzug das Überleben der Legionen gesichert hat. Während Uvoren gegen ihn
agiert, nimmt Roper den Kampf auf und sucht sich Verbündetet. Er heiratet Keturah Tekoasdottir, die Tochter
eines der mächtigsten Männer des Landes. Zudem gewinnt er die Loyalität Gray
Konrathsons, eines alten, sehr beliebten Kämpfers, der dem unerfahrenen
schwarzen Lord mit Rat und Tat zur Seite steht.
Roper und Uvoren entwickeln sehr unterschiedliche Führungsstile. Roper
macht sich zum Kameraden. Er ist einer unter vielen, der erste beim Angriff und
der letzte beim Rückzug. Er kennt die Namen seiner Soldaten, er redet mit
ihnen, sitzt mit ihnen am Lagerfeuer, isst mit ihnen, hört ihnen zu. Dadurch
wächst die Kameradschaft innerhalb seiner Legionen. Uvoren ist herausfordernd,
er stellt seinen Mitläufern Aufgaben und werden diese erfüllt, überschüttet er
die Menschen mit Lob und gewährt ihnen eine besondere Gunst. Er verhält sich
wie ein römischer Cäsar, er gibt dem Volk Brot und Spiele, er veranstaltet
Turniere und verteilt großzügig Preise. Im Gegensatz zu dem etwas steifen Roper
verfügt Uvoren über Charme und Humor und gewinnt leicht die Herzen der
Menschen. Keturah ist die erste, die hinter die Fassade des unerfahren Roper
schaut und erkennt, was für ein Mann aus diesem Jüngling werden kann. Während Roper mit den Legionen gegen die
Südländer zieht, ficht die junge Frau einen eigenen Kampf aus. Sie muss Uvoren
auf Abstand halten, darf ihn sich aber nicht zum Feind machen und gleichzeitig
muss sie die Geschäfte ihres Vaters verwalten.
Krieger werden bei den Anakim in hohen
Ehren gehalten. Als Roper sein strategisches Können und seine Kampfkraft unter
Beweis stellt, gewinnt er nach und nach den Respekt der anderen Kämpfer. Auch
wenn er noch lange nicht über das Können eines Heiligen Wächters verfügt.
Zitat Seite 225
Die Heilige Wache war die ruhmreichste
und am meisten verehrte Einheit der Anakim - Gesellschaft, und die Hilfstruppen
nutzen jede Gelegenheit, um ihre fremdartigen Praktiken zu beobachten.
Sehnsüchtig starrten sie auf das Auge, das in das rechte Schulterstück eines Wächters
eingraviert war, auf den mit Silberdraht gehämmerten Wolf seines Brustpanzers
oder auf den stählernen Helm, durch dessen Runde Öffnung im interkopf der lange
Pferdeschwanz gezogen wurde.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Leo
Carew verfügt über die Kunst, einen Spannungsbogen aufzubauen, zu halten, ja
sogar noch zu steigern und den Leser in Atem zu halten. Sprachlich und
stilistisch ist die Geschichte hervorragend, auch wenn sie einige Längen hat. Das
ist aber meine subjektive Meinung. Die Kämpfe werden sehr ausführlich
geschildert und auch an den strategischen Überlegungen Ropers und seiner
Gefolgsleute dürfen wir teilhaben. Mir war das letztendlich zu ausführlich,
meinem Freund dagegen hat es gut gefallen. Man konnte dadurch die Handlungen
der Protagonisten gut nachvollziehen, nichts wirkte unlogisch oder übertrieben.
Einen Teil der Handlung betrachten wir durch Bellamus Augen, einen Teil durch
Ropers. Dadurch wirkt die Geschichte sehr abwechslungsreich und der Kontrast
der beiden Völker wird stark hervorgehoben.
Leo Carew gibt seinen Protagonisten sehr
viel Raum, dadurch bekommen sie eine Tiefe, wie man sie selten in solchen
Romanen findet. Gerade Keturah, die sich bereit erklärt, Roper zu heiraten, ist
mir sehr symphytisch. Durch diese Heirat hat sie Position bezogen und wird
somit zum Ziel politischer Ränkespiele. Königin Amarilla aus den Südlanden ist
eine weitere starke Frau in dieser Erzählung und obwohl sie unterschiedlicher
kaum sein könnten, nehmen beide Frauen
auf ihre Art Einfluss auf die Ereignisse.
Leider wird dieser Roman mal wieder mit
Games of Thrones vergleichen. In meinen Augen ist dieser Vergleich völlig
unangebracht, am ehesten würde ich wohl noch Vikings als Vergleich heran ziehen. Unter anderem auch
wegen der Namensgestaltung. Alles in
allem hat der Autor hier jedoch etwas eigenständiges geschaffen, auch wenn
Albion durchaus an England erinnert und auch der Name der Hauptstadt Lundenceaster darauf schließen
lässt.
Im Anhang findet sich eine Übersicht der
Häuser und ihrer Hauptcharaktere so wie eine Aufstellung der Legionen. Über die
Südlande erfährt der Leser im Anhang allerdings nichts. Anscheinend liegen die Sympathien
des Autors, ebenso wie meine, bei den Anakim. Das Cover passt einfach perfekt
und vermittelt einen ersten Eindruck, um was es in diesem Roman geht.
Ich habe mich unter anderem für dieses
Buch entschieden, weil Wolfgang Thon die Übersetzung übernommen hat. Er hat mit
seiner Trilogie "Die Saat der Götter" ja bewiesen, dass er gut
schreiben kann und ich denke, Inhalt und Form dieses Romans kamen ihm sehr entgegen.
Ich freue mich auf Band zwei und bin
gespannt, wie es mit den Anakim weitergeht und welchen Weg sie wählen.
Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar
bekommen und bedanke mich dafür beim Verlag. Diese Rezension spiegelt meine
eigene, subjektive Meinung wieder und ist keine Werbung.
Titel. Wolfsthron
Reihe: Under the northern sky
Autor: Leo Carew
Übersetzung: Wolfgang Thon
Verlag: Goldmann, Softcover, 574 Seiten
ISBN: 9783442487356
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