21 Juli 2019

Die Pforte zur gläsernen Nacht - Retromorphia Band 1 von Claus M. Schwarz


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Tief im Viele Pfade Wald liegt eine Einsiedelei. Einige nennen es ein Gefängnis, andere eine Heilanstalt, letztendlich ist es ein Zufluchtsort für jene, die in der Gesellschaft keinen Platz haben. Von der Außenwelt vergessen und von einem undurchdringlichen Wald abgeschirmt kennt kaum noch jemand dieses Kloster.
Als Harkas dort eintrifft findet er nur Leichen. Ein blutiges Gemetzel hat stattgefunden, niemand hat überlebt außer einem jungen Mann. Ausgezehrt von Hunger und Durst vegetiert er in einer dunklen Zelle vor sich hin. Er ist es, den Harkas an diesem verdammten Ort sucht. Der Überlebende heißt Taimen und laut einer Prophezeiung soll er der vierte Stigmat sein, der neue Erlöser der crestonischen Kirche.
Taimen hat keine Erinnerung daran, wie er in die Einsiedelei gekommen ist und wer er ist. Er weigert sich, sich für irgendwelche Gruppierungen vor den Karren spannen zu lassen und möchte seinen eigenen Weg gehen. Herausfinden wer er ist, wo er herkommt, ob er Familie hat und warum er in diesem verlassenen Ort eingekerkert wurde. Als die Kirche begreift, dass sie den jungen Mann nicht beeinflussen kann, hetzen sie die Inquisition auf ihn. Harkas, der im Auftrag Pater Zisensius den Stigmaten gesucht hat, stellt sich auf die Seite Taimens und hilft ihm bei der Flucht aus San Mallanes.  Eine abenteuerliche Reise beginnt.

Kommentar.
Selten ist es mir so schwer gefallen, eine Rezension zu schreiben, wie zu diesem Buch.  Es hat nur 236 Seiten doch die Geschichte ist so komplex, das man meint, ein 500 Seiten Buch gelesen zu haben.
Ich kann es auch nicht eindeutig einem Genre zuordnen. Es ist das Jahr 4038 nach dem großen Feuer. Die Zeitrechnung dieser Welt richtet sich nach diesem katastrophalen Ereignis, alles davor ist vergessen. Es gibt Pioniere, die versuchen, den damaligen Stand der Technik zu erreichen. Sie arbeiten mit den Fundstücken aus der damaligen Zeit, es fehlt ihnen jedoch eine Anleitung und das Verständnis für  diese Technik. Trotzdem würde ich diesen Roman nicht als Dystopie bezeichnen, auch nicht als Science Fiction. Der Autor bezeichnet es als fantastischen Roman doch damit würde man das Buch klein halten, es auf etwas reduzieren, obwohl es wesentlich mehr ist.
Zu Beginn hatte ich einige Probleme in die Geschichte hineinzufinden. Sie ist sehr verschachtelt. Es gibt parallel verlaufende Handlungsstränge, Handlungsstränge die in einer nahen Vergangenheit liegen und welche, die weit in die Vergangenheit zurückreichen. Als Harkas und Taiman in San Mallanes ankommen, laufen die einzelnen Fäden zusammen und ab da wird es für den Leser unglaublich spannend. 
Der Weltenaufbau hat mich unglaublich fasziniert. Obwohl man meint, dass es vor dem großen Feuer eine Welt wie die unsrige gegeben hat, gibt es keine Übereinstimmungen. Der Kontinent Eumeria befindet sich in einer mittelwestlichen Welt, in der verschiedene Gruppierungen um die Macht ringen. Allen voran die crestonische Kirche, die hofft, mit der Ankunft des neuen Erlösers ihre Macht zu stärken und die Neucrestonen und Reformatoren in ihre Schranken zu weisen. Die Weilichter Marken, wie der Landstrich heißt, in der die Geschichte beginnt, liegt schon lange im Krieg mit dem Reformatorium, dazu kommen interne Streitigkeiten unter der Aristokratie. Wie immer, sind es die kleinen Menschen, die darunter leiden und als Kanonenfutter missbraucht werden.
Neben den Pionieren gibt es noch die Nostalgiter. Hier eine Zitat von Seite 137, das diese Art Mensch beschreibt: "Die Nostalgiter hatten es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliche Relikte aus den geheimnisumwitterten Tagen der Urzeit zu sammeln um auf diese Art und Weise die Vergangenheit wieder lebendig zu machen. um zu verstehen, wie die Welt damals funktioniert hatte.". Während die Pioniere forschen und versuchen, Artefakte wieder zum funktionieren zu bringen bzw. sie so zu modifizieren, dass man sie nutzen kann, sammeln die  Nostalgiker lediglich Wissen. Es ist amüsant zu lesen, was Baro alles sieht, als er in ihren Unterschlupf geführt wird. Der Leser versucht, als diese beschriebenen Dinge zu identifizieren, was nicht immer leicht ist.
Bei seiner Flucht wird Taimens von dem Pionier Hernan begleitet sowie von Lecta, einer jungen Totentänzerin. Totentänzer könnte man eventuell mit Pathologen vergleichen aber sie sind noch vieles mehr und Lecta beherrscht auch eine Art Magie. Natürlich darf auch Muskelkraft bei so einer Gruppe nicht fehlen und dafür steht Osman Olimer, ein Schwertläufer. Ein Mann, der sein Können in der Handhabung der unterschiedlichsten Waffen gegen gutes Geld verdingt.
Letztendlich fehlen mir einfach die Worte, um diese, von Claus M. Schwarz entworfene, Welt zu beschreiben. Sie ist vielfältig, sie ist komplex, sie ist spannend und aufregend. Es ist eine Zeit des Umbruchs und Taimen soll eine Rolle darin spielen. Das möchte er jedoch nicht. Ein junger Mann, der frei leben möchte, dem dies aber verwehrt wird.
Ich habe mir sofort Band zwei und drei bestellt, denn ich möchte unbedingt mehr über Eumeria  erfahren. Und natürlich die Gefährten auf ihrer Reise begleiten. Zu viele Fragen bleiben am Ende diese Bandes offen, die man beantwortet haben möchte.
Sprachlich gibt es nichts auszusetzen. Die Geschichte liest sich flüssig und der Autor beherrscht sein Metier. ich muss allerdings zugeben, dass mich das Cover nicht anspricht. Natürlich erkennt man die Bedeutung des Bildes, sobald man in die Geschichte eingestiegen ist. Aber für sich allein stehend erzielt es keine Wirkung.
Fazit:
Was schwierig startet entwickelt sich zu einer spannenden und lesenswerten Geschichte mit Charakteren, die sehr gut ausgearbeitet sind. Ich hoffe, in den folgenden Bänden wird das noch etwas vertieft.
Titel: Pforte zur gläsernen Nacht
Reihe: Retromorphia
Verlag: Selfpublisher
ISBN: 978-1791818500

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