"Leandro ist eine schneeweiße
Damascener Taube mit zwei schwarzen Querbinden auf den Schwanzfedern und den
Flügelenden." So beschreibt Tim Stern seinen Hauptcharakter in diesem außergewöhnlichen
Fantasybuch.
Leandro lebt mit seinem Bruder Artus
zusammen in einem Taubenschlag hoch über Venedig und wartet auf seinen ersten
Einsatz. Er ist noch jung und unerfahren und Artus schüttelt oft den Kopf über
die Disziplinlosigkeit seines kleinen Bruders. Immer wieder verlässt Leandro den
Taubenschlag, um die Stadt zu erkunden. Er
lernt Paolo und Lorenzo kennen, zwei venezianische Tauben, die ihm alles
wissenswerte über die Stadt beibringen. Auf einem seiner Flüge begegnet er der wunderschönen Sophia und verliebt sich
auf den ersten Blick in sie. Er freundet sich mit Moskito, einer junger
Fledermaus an, die unbedingt eine Brieftaube werden möchte und er lernt
Galileo kennen, eine weise Eule, die nur in Reimen spricht.
Bald kommen die Freunde einem Komplott
der Ratten auf die Spur, welcher die Menschheit vernichten könnte. Nun obliegt es Leandro und seinen Freunden,
den Plan der Ratten zu vereiteln, auch wenn sie sich damit in große Gefahr
begeben.
Kommentar:
Man merkt dem Autor die Liebe zu Venedig
an. Er beschreibt anschaulich und sehr detailliert diese wunderbare Stadt und
er scheint wirklich jeden versteckten Winkel zu kennen.
Leandro und seine Freunde sind ebenfalls
sehr liebevoll und sehr anschaulich beschrieben. Leandro ist noch jung und
ungestüm und meint, er könne die Welt aus den Angeln heben. Moskito ist ein
kleiner, beherzter Kerl, der davon träumt, eine Brieftaube zu sein. Leandro unterrichtet
den Freund und bringt ihm alles bei, was eine Brieftaube wissen muss. Über den
Wind, den Flug der Wolken und wie man sich am besten an Landmarken
orientiert. Paolo und Lorenzo sind zwei
einheimische Tauben, die ihre Stadt über alles lieben. Als sie erfahren, was
die Ratten vorhaben, versuchen sie alles, um den Plan dieser Kreaturen zu
verhindern. Drago, der Anführer der Ratten, ist mit einem Schiff nach Venedig gekommen, Er
achtet die Gesetze der Lagunenstadt nicht und scharrt immer mehr Ratten um
sich, die mit der Situation unzufrieden sind. Sie wollen nicht mehr versteckt
im Untergrund leben und sich nur von Abfällen ernähren sondern sie wollen an
die reich gedeckten Tische der Menschen. Drago ist klug und gewitzt,
Nebenbuhler räumt er gnadenlos aus dem Weg und er festigt seine Macht von Tag
zu Tag mehr.
Obwohl man Tauben ja die Ratten der
Lüfte nennt, unterscheiden sich die beiden Gattungen in diesem Roman sehr. Ich
werde zukünftig die Tauben sicher mit anderen Augen betrachten.
Vieles aus diesem Roman stimmt einen
auch etwas nachdenklich. Ein gewissenloser, charismatischer Anführer, der die
Meute aufhetzt und Nebenbuhler eliminiert, um die Alleinherrschaft zu erlangen.
Der seine Untergebenen mit Versprechungen und Bestechung auf seine Seite zieht,
sie aber dann gnadenlos in den Tod schickt. Ein fast zu menschliches Verhalten,
dass uns einen Spiegel vor das Gesicht hält.
Mein Liebling in diesem Buch ist
Moskito. Er träumt davon, etwas anders zu sein und lässt sich durch nichts und
niemanden entmutigen oder von seinem Traum abbringen. Er wirkt durch und durch
positiv und durch seine Art sorgt er für viele lustige Momente. Zwischen den
Stadttauben und Brieftauben gibt es keine Ressentiments, sie halten zusammen
und kämpfen zusammen. Nur eine Liebesbeziehung zwischen Brieftaube und
Stadttaube scheint aussichtslos, muss die Brieftaube doch immer wieder an ihren
Standort zurück.
Sprachlich hat mir das Buch gut
gefallen, bis auf einige kleine Ausnahmen.
Das Buch spielt zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Das erfordert eine etwas
andere Sprache und andere Formulierungen. Hier verliert Tim Stern etwas den Zeitgeist aus den Augen. Er schreibt z.B.
Party statt Fest oder benutzt das Wort Schultüte. Auf Seite 89 reichen sich die Ratten die
Hände zum Pakt. Hier hätte ich das Wort Pfoten benutzt, wie auch an anderen
Stellen. Das sind aber minimale Kleinigkeiten, die den Lesefluss nicht stören
und der Geschichte nichts von ihrer Spannung und ihrem Liebreiz nehmen. Im
Inneneren, zu Beginn der Geschichte sehen wir eine Illustration von Drago. Wer
diese Skizze sieht, traut der hinterhältigen
Ratte alles Böse zu. Absolut treffend gezeichnet. Schade, dass es nicht noch
mehr Zeichnungen gibt, ich weiß aber, für einen Selfpublisher ist das sehr teuer.
Vielleicht stellt sich der Erfolg ja bald ein und der Leser kommt in den Genuss
weiterer Illustrationen. Verdient hätte es diese schöne Geschichte.
Ich bin gespannt, wie die Abenteuer von
Sophia, Leandro und Moskito weitergehen. Das Cover hat mich persönlich nicht so
angesprochen, das ist aber eine rein subjektive Meinung.
Leider habe ich hier einen Link zu Amazon setzen müssen, da ich den Autor im Netz anderweitig nicht gefunden habe.
Reihe: Brieftauben Fantasyabenteuer Teil
1
Autor: Tim Stern
Verlag: Selfpublisher, TB, 161 Seiten
ISBN: 9781091237520
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