Agnes von Habsburg ist die Tochter von Herzog Albrecht und Elisabeth von Görz und Tirol. Sie sieht, wie ihre Eltern sich die Aufgabe des Regierens teilen und als sie mit dem König von Ungarn verheiratet wird, geht sie davon aus, dass auch sie an der Herrschaft teilhaben wird. Das sieht Andreas jedoch anders. Für ihn besteht die Aufgabe seiner neuen Frau darin, ihm einen Erben zu gebären. Doch Agnes ist findig und schafft es immer wieder, in kleinen mühsamen Schritten, Veränderungen in Ungarn herbeizuführen. Sie wurde zu einer Königin erzogen und ist bereit, ihr Wissen und ihre Bildung zum Wohle Ungarns einzubringen, entgegen den Wünschen ihres Gatten und der Oligarchen.
Kommentar:
Ich habe bisher alle Bücher von
Dorothe Zürcher gelesen. Viele befassen sich mit starken, durchsetzungsfähigen
Frauen, die ihrem Weg folgen. Frauen, die Pläne oder Visionen haben und sich davon nicht
abbringen lassen. Frauen, die in einer Welt leben, die von Männern dominiert
wird, in der Männer herrschen und Entscheidungen treffen. Umso beeindruckender
und prägender sind die Frauen, die es geschafft haben, sich über gesellschaftliche Konventionen hinwegzusetzen
und einen Platz in der Geschichte zu finden.
Agnes wird 1280 geboren und
stirbt 1364. In ihrem Leben hat sie viele Frauenklöster gegründet oder ihre
Gründung ermöglicht. Sie ist stets dafür eingetreten, dass Frauen ihre eigenen
Klöster führen, unabhängig von denen der Männern. Durch kluges Wirtschaften
gelang es ihr, stets Gelder für diese Pläne abzuzweigen und so den Frauen einen
sicheren Hort zu geben. Agnes von Ungarn besaß die landesherrschaftlichen
Rechte und war somit finanziell unabhängig und sie stiftete vieles aus ihrem
Besitz den Klöstern.
Als ihr Mann, König Andreas,
unerwartet stirbt, flieht Agnes mit ihrer Stieftochter Elisabeth aus Ungarn und geht zurück
nach Wien. Ihr Ziel ist es, ihre Stieftochter zur Königin von Ungarn zu machen.
Während sie am Hofe weilt, steht sie ihrem Bruder Albrecht zur Seite und reist
für ihn durch die Lande um Bündnisse zu schließen oder Frieden zu stiften. Auch
hier geht sie nicht den üblichen Weg einer Witwe der da wäre: entweder erneut
zu heiraten oder in ein Kloster einzutreten.
Das Buch ist eine
Romanbiografie und daher auch für Laien wie mich sehr leicht zu lesen. Aus der
heutigen Sicht heraus ist es bedrückend zu lesen, wie eingeengt die Frauen im
13. Jahrhundert lebten. Sie wurden zu Frömmigkeit und Gehorsam erzogen. Wurden aus
politischen Gründen verheiratet und ihre Aufgabe war es, Erben zu zeugen.
Gelang dies nicht, wurden sie oft verstoßen oder in ein Kloster gesteckt.
Hier wird oft beschrieben, wie
Agnes vor dem Hausaltar betet, dass sie ihr Hab und Gut der Kirche spenden
möchte, für das Seelenheil ihres Gatten und ihrer Familie. Sie gilt als ehr
fromme Frau, nichtsdestotrotz hat sie einen eigenen Willen, eigene Wünsche und
Ziele und versucht, diese umzusetzen. In Katarina von Dissenhofen hat sie eine
Wegbegleiterin, die ihr zur Seite steht und sie in den finanziellen Fragen unterstützt.
Katarina bleibt mit Agnes in Ungarn, während die meisten aus Agnes Hofstaat
zurück nach Wien geschickt werden. Andreas verlangt von Agnes, einen
ungarischen Hof zu führen, so muss die junge Frau Vertraute finden und ruft die
Oligarchen dazu auf, ihre Töchter oder unverheirateten Schwestern an den
königlichen Hof zu schicken, um ihr als Hofdamen zu dienen. Sie lehrt sie lesen
und schreiben, höfisches Benehmen und Politik. Katharina und Agnes Beichtvater Heinrich
führen Agnes Bücher und gehen Veruntreuungen nach. Auch hier ist Fingerspitzengefühl
und politisches Geschick gefragt.
Die Ereignisse in Wien und Ungarn
werden durch die fiktive Figur des Salzhändlers Lajos verknüpft, der als
Salzhändler viel zwischen den beiden Orten hin und her reist und somit leicht
Botschaften überbringen kann. Zumal der junge Mann sein Herz an Katharina
verloren hat. Allerdings lassen Standesunterschiede keinerlei Beziehungen
zwischen Adel und Bürger zu.
Nach stabilitas loci und imSchatten der Krone ist dies meine dritte Romanbiografie der Autorin. Dazu kommen
die beiden Byzanz Romane, in denen ebenfalls eine starke Frau eine Rolle spielt
und die mit ihren köstlichen Gerichten die Männer verzaubert.
Ich mag die Bücher der Autorin,
weil sie perfekt recherchiert sind und man sowohl unterhalten wird als auch
einen Einblick in die damalige Zeit bekommt. Die
Geschichte spielt teilweise hier in meinem Umland und einige Städte waren mir
durchaus ein Begriff. Viele der Burgen und Klöster sind heute noch erhalten und
zu besichtigen, eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Ich
wusste zum Beispiel auch nicht, dass die Habsburger teilweise im Dom zu Speyer
begraben sind. Bei meinem nächsten Besuch dort werde ich mir den Dom genauer
anschauen.
Am
Ende des Buches findet sich ein Personenregister, ein Ortsverzeichnis, eine
Zeittafel und eine Liste mit Worterklärungen. Dazu ein Bild der Klosterkirche
Königsfelden in der Agnes bestattet wurde. Im vorderen Teil des Buches befindet
sich eine Karte der damaligen Zeit, so dass man einen Überblick über die
Habsburger Lande bekommt.
Ich
bedanke mich bei Dorothe Zürcher, dass ich wieder an einer Reise in die
Vergangenheit teilhaben durfte. Ein schön gestaltetes Buch mit einem schönen
Cover. Im Anhang erklärt die Autorin, um welches Kirchenfenster es sich
handelt.
Fazit:
Eine
spannende, lehrreiche und unterhaltsame Reise in die Vergangenheit, bei der wir
eine Frau kennenlernen, ein geschwind listig wib, die sich ihren Platz in der
Geschichte erobert.
Titel:
Ein geschwind listig wib
Autorin:
Dorothe Zürcher
Verlag:
Südverlag, HC, 300 Seiten plus Anhänge
ISBN:
9783878009870
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