Harry und seine Schwester Tom leben in
den dreißiger Jahren im Süden der USA. Eine Zeit der Rassentrennung und
Vorurteilen aber auch eine Zeit unendlicher Freiheiten für Kinder. Eine Zeit
des Entdeckens und Staunens. Harry schwärmt für Louise Canerton, eine junge
Frau, die ihm Bücher leiht und ihm die Welt der Geschichten öffnet.
Eines Tages finden die beiden Kinder am
Fluss eine brutal zugerichtete Frauenleiche, die mit Stacheldraht an einen Baum
gebunden ist. Da es sich um eine schwarze Prostituierte handelt, interessiert
den Mord niemanden. Als Harrys Vater, Frisör des Ortes und gleichzeitig
Constable, den Mord untersuchen möchte, werden ihm nur Steine in den Weg
gelegt, das geht soweit, dass der Klu-Klux-Clan vor der Tür der Familie steht.
Eine weitere Leiche wird gefunden, dann eine dritte. Da es sich bei der dritten
Leiche um eine weiße Frau handelt, ist der Aufschrei der Bevölkerung groß.
Schnell wird ein farbiger Schuldiger gefunden und gelyncht, ohne Beweise, ohne
Gerichtsurteil und Harrys Vater kann diese Lynchjustiz nicht verhindern.
Es kehrt Ruhe ein im Ort, doch es ist
eine Ruhe vor dem Sturm.
Kommentar:
Wir hatten diese Woche bei den top ten
thursday das Thema: Bücher, die Dir empfohlen wurden. Der Autor John R.
Lansdale wurde an den Themendonnerstagen dort sehr oft erwähnt. Ich kenne
Aleshanee von Weltenwanderer nicht persönlich aber eins weiß ich: Wenn sie ein
Buch so absolut gut findet, gefällt es mir sicher auch. Mittlerweile habe ich
über zehn Bücher auf Grund ihrer Empfehlungen gelesen und jedes hat mir gefallen,
auch wenn sie nicht zu meinem Lieblingsgenre gehört haben.
Die Wälder am Fluss hat mich
von der ersten Seite an gefesselt. Es ist eine ruhige und langsame Geschichte,
deren Tiefe sich erst nach und nach offenbart. Trotz des Befreiungskrieges sind
die Schwarzen nicht frei, sie werden unterdrückt, diskriminiert und wie der
letzte Dreck behandelt. Wer sich wehrt wird erschossen, Rechte haben sie keine.
Es ist eine bedrückende Atmosphäre, die der Autor sehr gut zu schildern weiß.
Im Gegensatz zu diesem Hass steht die noch unberührte Natur, welche die Kinder
sorglos durchstreifen können. Natürlich gibt es in den Wäldern ein unheimliches
Wesen, genannt »der Ziegenmann« und die Kinder sind überzeugt, dass er die Frauen
ermordet hat. Harry muss aber bald erkennen, dass die menschlichen Abgründe
tief sind und der Mensch das brutalste und unbarmherzigste Wesen auf Gottes
Erden ist.
Es ist die Geschichte eines
Jungen, der langsam erwachsen wird. Ein Junge der erkennen muss, dass sein
Vater nicht immer nur der starke und bewundernswerte Mann ist, als den er ihn bisher
gesehen hat. Ein Vater, der ihn lehrt, alle Menschen zu respektieren, nur den
Menschen zu sehen und nicht die Hautfarbe.Der ihn lehrt, hinter die Fassade zu
schauen.
Harry erkennt, dass es
leichter ist mit dem Strom zu schwimmen und das es hart ist, seine Ansichten zu
verteidigen. Dass man für diese Ansichten sogar gehasst, ausgestoßen und
verprügelt wird, wenn nicht sogar, getötet.
Für den Jungen und seine
Schwester ist es ein verstörender aber auch ein schöner Sommer. Seine Grandma
zieht zu ihnen, eine beeindruckende Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt und
zusammen mit den Kindern versucht, den Mörder zu finden. Eine Oma, die
wunderbare Geschichten zu erzählen weiß und den Kindern hilft, die grausamen
Ereignisse zu verarbeiten.
Der Roman wird aus der Sicht
des elfjährigen Harry erzählt. Ein alter Mann liegt sterbend in einem
Altersheim und denkt zurück an dieses Abenteuer als er elf Jahre alt war. Die
Geschichte ist in fünf Teile eingeteilt die aber fließend ineinander übergehen.
An die Sprache muss man sich gewöhnen, der Autor hat den Menschen »aufs Maul«
geschaut und so redet jede Person in der ihr eigenen Sprache und Dialekt. Was
ich persönlich sehr gut finde.
Mich hat das Buch ein wenig
an »wer die Nachtigall stört« erinnert, das ebenfalls in den 30er Jahren im
Süden der USA spielt und in dem Rassismus und Vorurteile ebenfalls in die
kindliche Welt eindringen und die Kinder diese Realität langsam begreifen lernen.
Die Nebenfiguren in diesem
Roman haben mir ebenfalls sehr gut gefallen. Sie mögen etwas Klischeehaft sein
aber jeder vertritt eine Überzeugung, so dass dem Leser die Problematik der
damaligen Zeit sehr gut nahe gebracht wird.
Ich wollte erst schreiben,
dass man sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen kann, dass Menschen derart diskriminiert wurden aber wenn man sich genau
umschaut, hat sich in Wirklichkeit nicht sehr viel geändert. Es mag eine andere
Art von Diskriminierung sein aber sie ist überall um uns noch vorhanden und wird weiterhin zu oft ingnoriert.
Zum Schluss noch ein Zitat.
Für mich ist der Herbst die schönste Jahreszeit und auch Harry geht es ähnlich:
»Und diese Zeit des Jahres, der Herbst, war mir die liebste. Warme Tage, kalte
Nächte, dunkle Wälder und ein schäumender Fluss. Blätter in vielen Farben, der
Mond hell und golden. «
Der Autor schafft es, uns
diese wunderschöne Atmosphäre nahe zu bringen, wir streifen mit den Kindern
durch die Wälder, werden selbst wieder zum Kind.
Fazit:
Ein Junge auf der Schwelle
zum Erwachsen werden, der harten Wahrheiten anerkennen und sich entscheiden
muss, was für eine Art von Mensch er werden möchte. In beeindruckenden Worten
erzählt.
Titel: Die Wälder am Fluss
Autor: Joe R. Lansdale
Verlag: Dumont, TB, 365
Seiten
ISBN: 9783832161521
Und wer sich an meiner nicht
politisch korrekten Ausdrucksweise stört, der möge diese Rezension nicht lesen.
Sie entspricht der des Buches und soll die Problematik der damaligen Zeit
verdeutlichen.
Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenEs freut mich wirklich sehr dass dir das Buch auch so gut gefallen hat! Ich fand es wirklich sehr eindrucksvoll geschrieben und man hat auf jeder Seite die Atmosphäre gespürt!
Ganz lieben Dank auch für die Erwähnung, das freut mich natürlich sehr wenn du mit meinen Buchtipps was anfangen kannst <3
Liebste Grüße, Aleshanee
Guten Morgen, ich habe ja schon viele Bücher gelesen, die auf Deinem Blog erwähnt wurden. Bis auf Quendel haben mir wirklich alle gefallen. Ich schaue mal nach der Krimiserie von ihm, die wird bei Tauschticket sehr gelobt
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