Traumforscher
Jakob Lem hat sich schon als Kind eher in Träume geflüchtet als sich der
Realität zu stellen.
Nun
hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und ist Leiter der Abteilung »Traumforschung«
an der Charité in Berlin. Er und seine Mitarbeiter arbeiten an einem Projekt,
das die Medizin revolutionieren könnte. Sie möchten in die Träume von
Komapatienten eintreten und versuchen, diese aus ihrem Zustand zu wecken.
Bisher leider ohne Erfolg. Jakob Lem ist bisher der einzige »Dreamwalker«, der
es geschafft hat fremde Träume zu betreten und sich in ihnen zu bewegen, ja,
sogar, sie zu beeinflussen. Seine
Tochter Isabella, die unter Autismus leidet, meidet ihre Umwelt und deren
Geräusche und kapselt sich in ihrer eigenen Welt ein. Der Alltag ist für sie
eine Hürde, soziale Kontakte meidet sie und zu ihrer Mutter hat sie keine Beziehung.
Nur mit ihrem Vater, den sie Jakob nennt, kommuniziert sie, er versteht seine
etwas seltsame Tochter auf eine Art und Weise wie kein anderer Mensch. Um Maude
zu helfen ihre Tochter besser zu verstehen, versucht er zwischen den beiden
einen »Traumkontakt« herzustellen aber Maude erweist sich als unfähig, die Enge
der Schlafkapseln zu ertragen, so dass dieser Versuch scheitert. Aber Jakob
stellt fest, dass seine hochsensible Tochter die geeignete Kandidatin für sein
Projekt »Dreamwalker« ist und in ihrem gemeinsamen Träumen nähern sie sich an
und lernen sich kennen. Für Isa ist diese Traumwelt ein Wunder, denn hier leidet
sie nicht unter den Einschränkungen ihrer Krankheit und kann endlich ihre
Gefühle ausdrücken.
Als
der einzige Mensch, den Isa je geliebt hat, ins Koma fällt, versucht sie alles,
um die Traumwelten alleine zu durchschreiten und zu helfen. Doch Jakob hat
seine Tochter nicht umsonst gewarnt, dass das Traumreisen gefährlich ist und
plötzlich befindet sich Isa in großer Gefahr.
Kommentar:
Zuerst
möchte ich auf das Äußere des Buches eingehen. Ich habe lange nicht mehr so ein
qualitativ hochwertiges Hardcover in den Händen gehalten. Es handelt sich
eigentlich um ein Selfpublisher Buch, wobei der Autor die Blogseite »LucidDreams E-Book Verlag« führt.
Zitat:
»Hier postet Autor und Regisseur Christoph
Zachariae aktuelle Neuigkeiten zu den
Publikationen des E-Book und BoD Verlages LUCID DREAMS und interessante
Hintergrundinformationen zu Geschichten aus Wissenschaft, Natur und Fantastik.«
Das
Hardcover ist erstaunlich stabil, das Coverbild ein richtiges Highlight und den
einzelnen Kapiteln voran findet sich jeweils eine kleine Illustration. So
erkennt der Leser sofort, ob es sich um ein Kapitel mit Isa handelt oder um
eines mit Jakob. Das finde ich sehr gelungen. Auch die Seitengestaltung passt dazu. Links und rechts je ein gleich breiter
Rand, das Auge stolpert nie. Für mich ein seltenes Lesevergnügen.
Die
Geschichte mischt Wissenschaft und
Science Fiction. Der Autor macht es dem Leser aber nicht zu schwer, den Details
zu folgen. Die Erklärungen zu den Schlafkapseln und ihren Funktionen ist sehr
verständlich, die ganze »Traumforschung« klingt überaus real und dass die
Geschichte im heutigen Berlin spielt macht sie umso glaubhafter.
»Luzide
Träume sind Träume, bei denen sich der Träumer bewusst ist, dass er träumt und
seinen Traum beeinflussen kann.« (Zitat aus Wikipedia)
Das
ist tatsächlich keine Idee sondern auf diesem Gebiet wird schon geforscht aber
wie so oft, sind sich die Forscher in der Realität nicht einig, wie man einen
Klartraum letztendlich definiert.
Jakob
Lem kann seine Träume bewusst beeinflussen und ihnen eine Richtung geben. Er
lehrt Isabella diese Taktiken, so dass sie mit einer Handbewegung das Wetter
ändern oder einen Ort verlassen kann. Isa ist sehr begabt, ihre sinnliche
Wahrnehmung sehr ausgeprägt.
Ich
hatte mit Isabella ein wenig Probleme. Sie wirkt sehr kühl und distanziert, zu
rational. Ich habe mir die ganze Zeit die Frage gestellt, ob sich Autisten
ihres Handicaps bewusst sind und realisieren, dass sie anders sind. Meines Erachtens
negiert sich Isa in der Realität zu sehr, ein sehr starker Kontrast zu ihrem
Traum Ich. Und ich habe oft vergessen, dass sie erst 15 Jahre alt ist. Sie
wirkt zu erwachsen auf mich und ihr Wissen ist mehr als einschüchternd. Aber ich habe mich bisher zu wenig mit dem
Thema Autismus beschäftigt und kann daher nicht beurteilen, ob ihr Verhalten
»normal« ist. Ihr Traum Ich ist voller Lebensfreude und sie saugt alle
Erfahrungen mit allen Sinnen auf.
Insgesamt
gibt es nur wenige Charaktere in diesem Buch. Neben Isabella und ihrem Vater
natürlich noch Maude, die keine Beziehung zu ihrer Tochter aufbauen kann und
sich in ihrer Verzweiflung oft in ihr Atelier zurückzieht. Und dann noch der
Leiter des Charité´, Professor Dr. Winfried Geusen, der Jakob Lem die unangenehme
Öffentlichkeitsarbeit abnimmt, so wie Lems beide Assistenten, die Japanerin Aki
und der Spanier Roberto. Im Traum begegnet Isa noch einer weiteren Person aber
dazu möchte ich nichts verraten.
Einiges
an diesem Buch hat mich an den Film »Inception« erinnert, der ebenso komplex
und außergewöhnlich ist wie dieses Buch. Da ich diesen Film liebe und hier als
Vergleich nennen spricht für diese Geschichte von Christoph Zachariae, die mich
genauso beeindruckt hat wie der Film.
Der Autor beweist auch Humor, da er sich in diesem Roman im selben
Atemzug mit Margaret Atwood nennt als : Zitat...»die eines unbekannten Berliner
Autoren, dessen Namen sie nicht aussprechen konnte«.
Fazit:
Keine
einfache Geschichte aber ein sehr interessantes Thema, das mich neugierig auf
Band zwei macht. Isabella ist kein Vorzeigepüppchen, es ist schwierig, sie zu
verstehen und zu mögen aber sie ist bewundernswert und ich habe sie gerne in
die Traumwelten begleitet. Keine Geschichte für Leser, die es einfach und
bequem haben möchten sondern eher für Leser, die ich Herausforderungen stellen.
Ich vergeben ja schon lange keine Sterne mehr, weil die Meinungen subjektiv
sind aber von mir bekommt dieser Roman volle Punktzahl und einen extra Stern
für Ausstattung und Qualität. Vielen Dank an den Autor, der mir ein Rezensionsexemplar
zur Verfügung gestellt hat. Das hat meine Meinung nicht beeinflusst.
Titel: die Schatten
Reihe: Projekt Dreamwalker
Autor: Christoph Zachariae
Verlag: Lucid Dreams (SP), HC, 452 Seiten
ISBN: 9798788316659
😊😄😂🥰🥳😉😜
AntwortenLöschenHallo Petra,
ich bin a) Autistin und b) Klarträumerin. 😉 Klarträume wurden tatsächlich schon 1975 im Labor von Schlafforscher Keith Hearn wissenschaftlich nachgewiesen! Auch die Forscher Stephen Laberge oder der (leider schon verstorbene) Deutsche Paul Tholey haben sich mit dem luziden Träumen beschäftigt.Aber das geht schon viel weiter zurück, so schrieb Léon d’Hervey de Saint-Denys schon 1867 ein Buch über seine luziden Träume, das erste Buch übers Klarträumen überhaupt.
Ich war vor ein paar Monaten Teil einer Gruppe von Klarträumer:innen, die ein Stirnband mit EEG-Gerät getestet haben, das du nachts trägst und das an deinen Gehirnwellen erkennt, wann du träumst. Wusstest du, dass die Gehirnwellen anders aussehen, je nachdem, ob man in einem normalen Traum ist oder in einem Klartraum? So ließ sich das auch beweisen.
Die Mindestanforderung der Grunddefinition ist: Ein Klartraum ist ein Traum, in dem di:er die Träumende sich vollständig bewusst ist, dass er oder sie träumt. Der Bewusstseinszustand ist ungetrübt.
Das muss nicht unbedingt einhergehen mit Traumkontrolle – es kann also passieren, dass du weißt, dass du träumst, aber trotzdem nicht fliegen kannst. Aber das ist etwas, das man trainieren kann! Ich konnte anfangs im Klartraum gar nicht fliegen, weil alles so hundertprozentig real aussah und ich mich daher nicht to so richtig getraut habe. ("Was ist, wenn es doch kein Traum ist?!") Inzwischen geht das, je nach Traum mehr oder weniger gut.
Denn das Irre ist, diese Träume sind absolut realistisch. Stell dir vor, jetzt in diesem Moment könnte dir jemand beweisen, dass du gerade träumst. Du würdest dich umschauen und vielleicht denken: Kann ja gar nicht sein, diese ganzen Details sollen alle nur geträumt sein?! Jupp, das geht. Und das macht es so schwierig, den Traum zu kontrollieren, weil du gegen deine eigenen Erwartungen, wie die Welt funktioniert arbeiten musst. Aber es ist jedes Mal wieder ein richtiger Schock, wenn ich erkenne: Oh mein Gott, es ist ein Traum!
Und Klarträumen kann man lernen. Leider funktioniert es für die meisten Menschen aber nicht so, dass man nach Belieben jede Nacht klarträumen kann – ich habe zur Zeit nur alle paar Monaten mal einen Klartraum.
Manches in "Inception" ist übrigens tatsächlich so, wie es dargestellt wird. Zum Beispiel stimmt es, dass man im Traum meist nicht weiß: Wie bin ich eigentlich hierhergekommen, was ist vorher passiert? Das ist eine Sache, an der man erkennen kann, dass man gerade träumt, aber da gibt es einige Taktiken.
Vieles in "Inception" (und auch in "Projekt Dreamwalker") entspricht allerdings überhaupt nicht der Wahrheit. Noch gibt es z.B. keine Möglichkeit, den Traum eines anderen Menschen zu betreten. Und die Zeit in einem Traum vergeht nicht langsamer oder schneller als die Zeit in der Wachrealität (leider).
Oh Mann. Sorry! Ich habe ja erwähnt, dass ich Autistin bin (genauer gesagt Asperger-Autistin), und die meisten von uns können über die Dinge, die uns interessieren, endlos reden...
LG,
Mikka
Das macht nichts, ich finde jede Sicht dazu sehr interessant. Natürlich ist klar, dass einiges fiktiv ist aber wer weiß, ob die Wissenschaft nicht irgendwann so weit ist. Ich kann mich an meine Träume nie erinnern, nach dem Aufwachen ist in ein paar Sekunden einfach alles weg. Schade manchmal
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