01 Mai 2021

Der Dante Club von Matthew Pearl

 

Boston 1865. Drei angesehene Dichter und Schriftsteller der Bostoner High Society und ein Verleger schließen sich zusammen, um »die Göttliche Komödie« dem amerikanischen Leser zugänglich zu machen. Sie nennen ihre kleine Truppe den »Dante Club« zu dem bald auch der alte Professor Greene stößt. Die fünf Männer ahnen nicht, was für ein Unheil sie heraufbeschwören. Selbst in seinem Heimatland ist Dante Alighieri nicht unumstritten, in den USA sieht man in ihm einen Teufel, dessen Werke keinesfalls den gottesfürchtigen Menschen zugänglich gemacht werden dürfen. 
Bald haben die fünf Männer nicht nur ihre Kollegen gegen sich, ein Mörder treibt sein Unwesen, der seine Opfer nach den Vorgaben aus dem Inferno tötet. Doch nur ein sehr kleiner Kreis an angesehenen Professoren und Schriftstellern kennt dessen Inhalt. Ist der Mörder einen von Ihnen? Fieberhaft suchen die Männer nach dem Täter und bald kreuzen sich ihre Wege mit denen des Ermittlers Nicholas Rey, der entgegen der Anweisung seiner Vorgesetzten, den Fall auf seine eigene Art untersucht. 
 
Kommentar: 
Ich habe das Buch vor Jahren schon einmal gelesen und im Zuge der Beitragserstellung für den Top Ten Thursday kam es mir in Erinnerung und ich habe es erneut gelesen. Es hat in an den Jahren keineswegs seine Faszination verloren. Im Gegenteil, da ich seitdem eine Vielzahl an Krimis gelesen habe, die im viktorianischen Zeitalter spielen, hatte ich dieses Mal bessere Vergleichsmöglichkeiten und fand die Geschichte sogar noch spannender. 
Ich gebe zu, ich habe Dante nie gelesen aber überall in der Literatur findet man Hinweise auf sein Werk und die »Göttliche Komödie« dient vielen AutorInnen als Grundlage für ihre Romane. 
Ich liebe viktorianische Kriminalromane, in denen berühmte Persönlichkeiten eine Hauptrolle spielen. Hier sind es Henry Wadsworth Longfellow, ein berühmter amerikanischer Dichter. James Russel Lowell, Dichter und Professor für Literatur an der Harvard Universität, deren Führungsgremium der Übersetzung negativ gegenübersteht und den Mitgliedern des »Dante Clubs« erhebliche Steine in den Weg legt. Sie versuchen alles, um die angesehenen Mitglieder in Misskredit zu bringen und beauftragen sogar einen Detektiv, um ihnen hinterher zu spionieren. 
Dr. Oliver Wendell Holmes ist ein weiteres Mitglied des Clubs. Er ist Professor für Anatomie in Harvard und prominenter Autor und Redakteur. Und last but not least J.T. Fields ein einflussreicher Bostoner Verleger, der sich für die literarischen Größen seiner Stadt einsetzt und ihre Werke veröffentlicht. 
Die Männer ahnen nicht, was sie für eine Lawine an Gewalt freisetzen. Bei dem ersten Mord scheinen die Begleitumstände noch ein Zufall zu sein. Doch bei jedem weiteren Opfer wird klar, dass alle nach den Beschreibungen Dantes für ihre Sünden umgebracht wurden. 
Der erste farbige Ermittler der Polizei, Nicholas Rey, vermutet hinter den Morden ebenfalls ein Muster. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die nur auf einen schnellen Erfolg aus sind und eine Unschuldigen der Morde bezichtigen, ahnt der Detektiv, dass diese Morde ein Muster verbindet. Auch, wenn er den Ursprung des Musters nicht erkennt. Ein paar seltsame Worte, die ein Selbstmörder ihm zuflüstert, führen Nicolas Rey zum Dante Club. Und wie die Dichter, die man an der Übersetzung hindern möchte, so wird auch Nicholas an den Ermittlungen behindert. Seine eigenen Kollegen wenden sich gegen ihn, bedrohen und schlagen ihn und setzen ihn fest. Es ist die Zeit nach den Bürgerkriegen und in den Köpfen hat sich noch nicht festgesetzt, dass »Farbige« die gleichen Rechte erhalten haben/sollen wie die »weiße« Bevölkerung. Rassismus ist noch ein wichtiges Thema und mögen seine Kollegen noch so dumm, faul, lethargisch und uninteressiert sein, halten sie sich doch für klüger und besser als Nicholas Rey. 
Neben dem Kriminalfall hat mich die Beschäftigung mit Dantes Werk sehr fasziniert. Der Autor hat über das Leben und die Werke des Dichters sehr genau recherchiert und es finden sich einige Textpassagen in diesem Roman wieder. 
Leser, die lediglich an einem Kriminalfall interessiert sind, wird das sicher langeiligen. Aber wer sich gerne auch mit dem Gesellschaftsbild des 19. Jahrhunderts auseinander setzt und Literatur liebt, dem wird es gefallen. Bei Ambrose Perry und seinem Kriminalroman “Die Tinktur des Todes« wurde ja auch von einigen Leser moniert, dass er zu sehr auf die Details der medizinischen Abläufe eingeht, die für mich persönlich sehr informativ und lehrreich waren. 
Da dieses Buch in Boston spielt konnte ich, als Liebhaberin viktorianischer Romane die in London spielen, auch einen Vergleich zu den Gesellschaftsformen der beiden Städte ziehen. In Amerika endete 1865 der Bürgerkrieg und ein ganzes Land war im Umschwung. Boston, mit einem in der damaligen Zeit größtem Hafen, war immer schon etwas weltoffener, eine Stadt der Dichter und Denker. 
Mittlereile lese ich einen zweiten Roman des Autors, der sich um den Tod des Schriftstellers Edgar Allan Poe dreht. Die Ausdrucksweise  des Autors wirkt manchmal etwas antiquiert, passt aber wunderbar zu diesem Roman. 
 
Fazit: 
Ein spannender Kriminalfall verknüpft  Kunst und Literatur in einer Stadt in Aufbruchsstimmung. Obwohl die Morde sehr brutal sind, gehen sie in dem ganzen Arrangement fast unter. Ein ruhiger, intensiver Roman, der Krimi und Literatur auf das Wunderbarste miteinander verbindet.
Autor: Matthew Pearl 
Titel: Der Dante Club 
Verlag: dtv, TB, 526 Seiten 
ISBN:9783423208260

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