Boston
1865. Drei angesehene Dichter und Schriftsteller der Bostoner High Society und
ein Verleger schließen sich zusammen, um »die Göttliche Komödie« dem
amerikanischen Leser zugänglich zu machen. Sie nennen ihre kleine Truppe den
»Dante Club« zu dem bald auch der alte Professor Greene stößt. Die fünf Männer
ahnen nicht, was für ein Unheil sie heraufbeschwören. Selbst in seinem
Heimatland ist Dante Alighieri nicht unumstritten, in den USA sieht man in ihm einen
Teufel, dessen Werke keinesfalls den gottesfürchtigen Menschen zugänglich
gemacht werden dürfen.
Bald
haben die fünf Männer nicht nur ihre Kollegen gegen sich, ein Mörder treibt
sein Unwesen, der seine Opfer nach den Vorgaben aus dem Inferno tötet. Doch nur
ein sehr kleiner Kreis an angesehenen Professoren und Schriftstellern kennt
dessen Inhalt. Ist der Mörder einen von Ihnen? Fieberhaft suchen die Männer
nach dem Täter und bald kreuzen sich ihre Wege mit denen des Ermittlers
Nicholas Rey, der entgegen der Anweisung seiner Vorgesetzten, den Fall auf
seine eigene Art untersucht.
Kommentar:
Ich
habe das Buch vor Jahren schon einmal gelesen und im Zuge der Beitragserstellung
für den Top Ten Thursday kam es mir in Erinnerung und ich habe es erneut
gelesen. Es hat in an den Jahren keineswegs seine Faszination verloren. Im
Gegenteil, da ich seitdem eine Vielzahl an Krimis gelesen habe, die im viktorianischen
Zeitalter spielen, hatte ich dieses Mal bessere Vergleichsmöglichkeiten und
fand die Geschichte sogar noch spannender.
Ich
gebe zu, ich habe Dante nie gelesen aber überall in der Literatur findet man
Hinweise auf sein Werk und die »Göttliche Komödie« dient vielen AutorInnen als
Grundlage für ihre Romane.
Ich
liebe viktorianische Kriminalromane, in denen berühmte Persönlichkeiten eine Hauptrolle
spielen. Hier sind es Henry Wadsworth Longfellow, ein berühmter amerikanischer
Dichter. James Russel Lowell, Dichter und Professor für Literatur an der
Harvard Universität, deren Führungsgremium der Übersetzung negativ
gegenübersteht und den Mitgliedern des »Dante Clubs« erhebliche Steine in den Weg
legt. Sie versuchen alles, um die angesehenen Mitglieder in Misskredit zu
bringen und beauftragen sogar einen Detektiv, um ihnen hinterher zu spionieren.
Dr. Oliver Wendell Holmes ist ein weiteres Mitglied des Clubs. Er ist Professor
für Anatomie in Harvard und prominenter Autor und Redakteur. Und last but not
least J.T. Fields ein einflussreicher Bostoner Verleger, der sich für die
literarischen Größen seiner Stadt einsetzt und ihre Werke veröffentlicht.
Die
Männer ahnen nicht, was sie für eine Lawine an Gewalt freisetzen. Bei dem
ersten Mord scheinen die Begleitumstände noch ein Zufall zu sein. Doch bei
jedem weiteren Opfer wird klar, dass alle nach den Beschreibungen Dantes für ihre
Sünden umgebracht wurden.
Der
erste farbige Ermittler der Polizei, Nicholas Rey, vermutet hinter den Morden
ebenfalls ein Muster. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die nur auf einen schnellen
Erfolg aus sind und eine Unschuldigen der Morde bezichtigen, ahnt der Detektiv,
dass diese Morde ein Muster verbindet. Auch, wenn er den Ursprung des Musters
nicht erkennt. Ein paar seltsame Worte, die ein Selbstmörder ihm zuflüstert,
führen Nicolas Rey zum Dante Club. Und wie die Dichter, die man an der
Übersetzung hindern möchte, so wird auch Nicholas an den Ermittlungen behindert.
Seine eigenen Kollegen wenden sich gegen ihn, bedrohen und schlagen ihn und setzen
ihn fest. Es ist die Zeit nach den Bürgerkriegen und in den Köpfen hat sich
noch nicht festgesetzt, dass »Farbige« die gleichen Rechte erhalten haben/sollen
wie die »weiße« Bevölkerung. Rassismus ist noch ein wichtiges Thema und mögen
seine Kollegen noch so dumm, faul, lethargisch und uninteressiert sein, halten
sie sich doch für klüger und besser als Nicholas Rey.
Neben
dem Kriminalfall hat mich die Beschäftigung mit Dantes Werk sehr fasziniert.
Der Autor hat über das Leben und die Werke des Dichters sehr genau recherchiert
und es finden sich einige Textpassagen in diesem Roman wieder.
Leser,
die lediglich an einem Kriminalfall interessiert sind, wird das sicher
langeiligen. Aber wer sich gerne auch mit dem Gesellschaftsbild des 19.
Jahrhunderts auseinander setzt und Literatur liebt, dem wird es gefallen. Bei
Ambrose Perry und seinem Kriminalroman “Die Tinktur des Todes« wurde ja auch
von einigen Leser moniert, dass er zu sehr auf die Details der medizinischen
Abläufe eingeht, die für mich persönlich sehr informativ und lehrreich waren.
Da
dieses Buch in Boston spielt konnte ich, als Liebhaberin viktorianischer
Romane die in London spielen, auch einen Vergleich zu den Gesellschaftsformen
der beiden Städte ziehen. In Amerika endete 1865 der Bürgerkrieg und ein ganzes
Land war im Umschwung. Boston, mit einem in der damaligen Zeit größtem Hafen, war
immer schon etwas weltoffener, eine Stadt der Dichter und Denker.
Mittlereile
lese ich einen zweiten Roman des Autors, der sich um den Tod des
Schriftstellers Edgar Allan Poe dreht. Die Ausdrucksweise des Autors wirkt manchmal etwas antiquiert,
passt aber wunderbar zu diesem Roman.
Fazit:
Ein
spannender Kriminalfall verknüpft Kunst
und Literatur in einer Stadt in Aufbruchsstimmung. Obwohl die Morde sehr brutal
sind, gehen sie in dem ganzen Arrangement fast unter. Ein ruhiger, intensiver
Roman, der Krimi und Literatur auf das Wunderbarste miteinander verbindet.
Autor:
Matthew Pearl
Titel:
Der Dante Club
Verlag:
dtv, TB, 526 Seiten
ISBN:9783423208260
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