12 April 2020

Dämmergrau - Vakkerville Mysteries Band eins von Anton Serkalow


Gimli, der Zwerg und Captain Jack Sparrow überfallen zusammen das bretonische Restaurant » Chez Serge« in Vakkerville. Es ist Halloween und so fallen die beiden Gestalten nicht sonderlich auf, bevor sie das Restaurant betreten.  Es ist Freitag und jeden Freitag kassiert der Pate der Stadt, Erdal Can, hier seine Schutzgelder während ein wahrhaft köstliches Mahl zu sich nimmt. Was die beiden Diebe nicht wissen ist, dass ausgerechnet an diesem Tag auch andere Parteien die Lokalität besuchen, um diverse, heimliche, teils illegale Geschäfte abzuwickeln. Und ehe sich Gimli und Jack...Verzeihung....Captain Jack Sparrow versehen, sind ihnen nicht nur die Bodyguards des Paten auf den Fersen sondern auch andere absonderliche Gestalten.  Vakkerville befindet sich im Umbruch, nicht nur in der Realität, auch  die Geisterwelt ist in Aufruhr und mischt ordentlich mit. Letztendlich hängt alles zusammen, beginnend mit diesem abstrusen Überfall.

Kommentar:
Man merkt sicherlich, dass ich etwas Probleme habe, den Inhalt in eine kurze Form zu pressen. Es geschieht in diesem Band eins einfach zu viel und man muss aufpassen, den kompletten Überblick zu behalten.
Wie bei einem Schachspiel, setzt Anton Serkalow hier seine Figuren sehr strategisch ein. Zentrum von allem ist das »Chez Serge«, das Restaurant, in dem alle Protagonisten aufeinander treffen. Was wie Zufallsbegegnungen aussieht, scheint von der Hand des Schicksals geplant.
Samira, die Leibwächterin des Innensenators möchte sich dort mit den Erpressern ihres Chefs treffen. Dieser, Kristof Szabo, beabsichtigt,  Bürgermeister der Stadt Vakkerville zu werden, doch irgendjemand hat ein Geheimnis aus seiner Studentenzeit aufgedeckt und einen Skandal kann der Innensenator während seines Wahlkampfes nicht gebrauchen.
Ilda, die Frau des Senators, trifft sich mit ihrer Tochter Lilian-Charlotte im Restaurant, um ein Frau zu Frau Gespräch zu führen. Das Verhältnis zwischen dem pummeligen Gothic Mädchen und ihrer adretten Mutter ist stark zerrüttet.
Ebenfalls im Raum befinden sich der Pfleger Fabio und sein Schützling »Scheuch« . Fabio arbeitet im »Spiegelgrund«, einer Anstalt für psychisch kranke Kinder und »Scheuch« , obwohl mittlerweile kein Kind mehr, ist ein Bewohner dieser Anstalt. Für beide ist es ein Luxus und eine Auszeit von der Anstalt, die leckeren Pfannkuchen des Etablissements zu verzehren.
Eliane arbeitet ebenfalls in der Anstalt, sie ist eine feinfühlige, aufmerksame Frau, die sich rührend um ihren Nachbarn Leo kümmert, der seinen Kater vermisst. Leo ist Agoraphobiker und verlässt seine Wohnung normalerweise nicht aber der Kater ist sein einziger Freund und Bezugspunkt zur Welt, also begibt er sich auf die Suche nach ihm.
Der Flaschensammler Heiner lebt als Obdachloser außerhalb des Rasters. Er kennt jeden und jeder kennt ihn, so ist es kein Zufall, dass er in die Ereignisse verwickelt wird.
Das Buch kommt daher wie ein Film von Guy Ritchie. Dem Leser wird ein Ereignis vorgesetzt (der Überfall) und dann gibt es Rückblenden, die uns zeigen, warum und wieso die Charaktere sich alle im »Chez Serge« befinden. Da ich Guy Ritchie Filme liebe, ist das Buch wie für mich gemacht. Nach und nach entfaltet sich die ganze Geschichte vor dem Auge des Lesers und es ist fantastisch, wie der Autor alle Fäden miteinander verknüpft, so dass man am Ende von Band eins unweigerlich sofort zu Band zwei greift. Denn erst dann nimmt die Handlung richtig an Fahrt auf. Alles davor ist ein heranschleichen, abtasten, navigieren, in Position setzen.
Alle Protagonisten haben ein traumatisches Erlebnis hinter sich, das sie anfällig für die merkwürdigen Ereignisse macht, die sich in dieser Halloween Nacht offenbaren.
Insgesamt hört sich das alles nach sehr viel Spaß an aber Anton Serkalow hat hier einige hochbrisante Themen eingearbeitet, die den Leser zum Nachdenken anregen. Krieg, Gewalt, Folter, es ist erschütternd zu lesen, was diesen Menschen alles widerfahren ist und wie sie sich nichtsdestotrotz eine Existenz aufgebaut haben. Manche sind durch ihre Erlebnisse anfälliger für die Welt der Geister, andere wiederum leugnen, was sie sehen. Sie kommen mit der Verzerrung  der Wahrnehmung nicht klar. Doch jedem ist eine Rolle zugedacht, ob wie wollen oder nicht.
Wie auch in Nighthunter, bedient sich der Autor hier aus der modernen Popkultur und formt alles zu einer spannenden Geschichte um. Dieses Mal habe ich nicht so viel erkannt, da ich keine Horror Filme schaue. Aber Traveler von John Twelve Hawks habe ich zwei Mal gelesen, und ich war fasziniert  von diesem Roman, den leider viel zu wenige kennen.
Die Ausverkauf der Stadt ist ebenfalls ein sehr aktuelles Thema, das wir heute unter anderem in Leipzig oder auch Potsdam erleben. Die alten Häuser werden kernsaniert , die langjährigen Mieter werden aus ihren Wohnungen geschmissen oder heraus geklagt und die Wohnungen werden an Neureiche oder an ausländische Investoren vermietet, der Otto Normalbürger wird an den Stadtrand gedrängt.
Ein kleines Bonbon für mich waren die türkischen Sätze, die Erdal Can von sich gibt. Da ich die Sprache beherrsche, konnte ich sehen wie viel Mühe sich der Autor gegeben hat, die blumige und ausdrucksstarke Sprache  genau widerzugeben. Leider habe ich keine Tastatur, die es mir ermöglicht, die türkischen Buchstaben oder auch die osteuropäischen Namen so korrekt zu schreiben, wie der Autor. Alles bei ihm wirkt echt und authentisch.
Insgesamt eine spannende Geschichte, die langsam aber unaufhörlich einem Höhepunkt entgegen strebt.  Anton Serkalow ist das weiße Kaninchen, dem wir ins Wunderland folgen, wo uns merkwürdige Figuren begegnen und wo unglaubliche Ereignisse stattfinden.
»Es beginnt wieder. Hilf uns«, heißt es im Buch. Wer werden die Retter sein?
Titel: Dämmergrau
Reihe: Vakkerville Mysteries
Autor: Anton Serkalow
Verlag: Selfpublisher, Softcover, 300 Seiten
ISBN: 9781520396545

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