Jeden Dienstagabend spielt Walter
Longmire mit Lucien Conolly Schach. Lucien ist der ehemalige Sheriff von
Absaroka County und er hat Walt alles beigebracht, was ihn zu einem guten
Sheriff macht. Mittlerweile lebt der alte Mann in einem Altenheim, hilft aber
noch ab und zu im Sheriffbüro aus, da es an qualifiziertem Personal mangelt.
Als die Patientin Mari Baroja im
Altenheim stirbt, setzt Lucien Himmel und Hölle in Bewegung, um zu erreichen,
dass der Tod dieser Frau untersucht wird. Er glaubt, dass Mari vergiftet wurde.
Longmire sieht keinerlei Verdachtsmomente, die Frau war alt und krank und ein
natürlicher Tod scheint wahrscheinlicher.
Aber andererseits vertraut er seinem Freund und ehemaligen Kollegen und
so ordnet er eine Obduktion an. Und stößt damit in ein Wespennest. Die Gründe für den Mord an der Frau liegen in
einer weit entfernten Vergangenheit und Walt erfährt Sachen über seinen
langjährigen Freund, die unglaublich scheinen. Bald wird auch auf die Enkelin
der getöteten Frau ein Anschlag verübt und Walt und Henry Standing Bear müssen
all ihr Können aufwenden, um den Fall zu lösen.
Kommentar:
Henry Standing Bear, Vic Moretti und
Lucian Connelly sind wieder fester Bestandteil der Geschichte. Henry, der eine
Bar leitet und so gut wie alle Bewohner des Reservats kennt, ist eine
unersetzliche Hilfe für Walter Longmire. Ebenso übernimmt er in diesen Romanen
die Rolle des Gewissens, des besten Freundes, des Beichtvaters und der Mutter.
Die Dialoge zwischen den beiden Männern sind voller Frotzeleien, denen man aber
die Zuneigung und Freundschaft zueinander anhört. Sie haben eine gemeinsame Vergangenheit, die
sie zusammen geschweißt hat und dieses Band der Freundschaft lässt sich durch
nichts zerstören. Ich bin eine Frau und Longmire wird eher als Männerlektüre
angepriesen. Aber ich liebe diese Serie und ihre Charaktere und deren Tiefe.
Mari Baroja hat ein hartes Leben hinter
sich. Sie entstammt einer baskischen Familie, die sehr den Traditionen behaftet
ist. Obwohl sie einen Mann liebt, wird ihr eine Ehe mit ihm untersagt und sie
wird zwangsverheiratet. Ihr Mann ist ein Säufer und Schläger, der sie und die
Kinder brutal misshandelt.
Longmire und Henry wandeln auf den
Spuren der Frau und erfahren von Ereignissen, die 50 Jahre in der Vergangenheit
liegen, ihre Hand aber in das Hier und Heute ausstrecken. Henry forscht unter
den Bewohner des Reservates nach Informationen, während sich Walt mit der
Familie des Opfers auseinander setzen muss. Das eine Rechtsanwältin unter den
Hinterbliebenen ist, macht es ihm nicht leicht. Zum Glück kommt Cady zu Besuch,
die ebenfalls Rechtsanwältin ist und
ihrem Vater in diesem Fall beistehen kann. Dadurch gerät aber auch sie ins
Visier des Mörders.
Wer die Romane von Tony Hillerman mag,
wird auch Longmire mögen. Während bei Hillerman die Kultur und die Mythen der Navajo
eine große Rolle spielen, sind es hier die Cheyenne und Crow. Craig Johnson
erhebt nicht mahnend den Zeigefinger sondern er erzählt ruhig und leise über das
Zusammenleben zwischen amerikanischen Ureinwohnern und Weißen, über die
Konflikte und Ungerechtigkeiten. Und über eine Männerfreundschaft, die keine
Grenzen und keine Rasse kennt sondern aus tiefstem Herzen kommt. Sprachlich
finden sich immer wieder feine Perlen wie:"Sorgfältig legte er das (Tage)Buch
auf dem Schreibtisch ab, als ob die Jahre sonst herausfallen könnten."
Noch eine sehr schöne und bildhafte
Beschreibung:"Wir standen am höchsten Punkt der Weide, und die Big Hirn
Mountains erstreckten sich über den weit entfernten Horizont wie der gemalte
Hintergrund im Theater unseres Lebens. Henry war immer besser darin gewesen,
Dinge zu beschreiben, die ich nur fühlen konnte. "Ich weiß, dass die Erde
sich bewegt, aber in diesem Moment ist es, als wären die Wolken in Bewegung und
die Welt würde still stehen und warten."
Der Autor verfügt über ein
unwahrscheinliches Talent, treffende Metaphern zu benutzen und vor dem Auge des
Lesers entsteht ein unglaubliches Szenario. Man meint, die Weite des Landes,
die Einsamkeit und Kälte regelrecht spüren zu können. Henry und Walt führen
keine endlosen Gespräche, sie kennen sich ein Leben lang und fühlen und ahnen
somit oft, was der andere denkt. Die Dialoge sprühen vor Witz und Charme, durch
die gegenseiteigen Hänseleien spürt man die Tiefe Freundschaft der beiden
Männern. Henry versucht alles, um Walt wieder zum Leben zu bringen, der immer
noch um den Verlust seiner Frau trauert. Er ist es, der eine Firma beauftragt,
die Walts Haus renovieren soll, das sich seit drei Jahren immer noch im
Stadium des Einzugs befindet.
Neben den unglaublichen Charakteren
spielt die Natur ebenfalls eine Hauptrolle, ebenso wie die Mythen und Legenden
der Cheyenne. Der Autor erzählt die Geschichte langsam und ruhig, was sie aber
keineswegs langweilig macht. Das Cover, dieses Mal in einem unglaublichen blau,
zeigt wieder die karge und schöne Natur mit dem Sheriff im Vordergrund. Der Festa Verlag hat hier ein gutes Händchen
bei der Auswahl des Covers bewiesen. Minimalistisch aber aussagekräftig.
In diesem Band kommt ein neues Mitglied
zum Team dazu, der eine sehr gut Ergänzung ist und die Gruppe etwas verjüngt.
Für mich ist Longmire eine spannende und
unterhaltsame Westernserie, die mich absolut begeistert. Band zwei hat mir
sogar besser gefallen, da man das Gefühl hat, dass der Autor gewachsen ist.
Sprachlich wirkt die Geschichte runder und intensiver und sie nimmt den Leser
mit auf eine Reise in eine uns unbekannte Welt, von der wir viel zu wenig
wissen.
Dieser Bücher sind nicht gerade typisch
für den Festa Verlag, der sich ja eher auf Horror spezialisiert hat. Umso mehr
habe ich mich gefreut, dass ich auf der LBM den Stand gefunden und diese Serie
dort entdeckt habe. Meines Erachtens sind die Bücher besser als die TV Serie,
die mich aber auch begeistern konnte. Wer auf Action und blutiges Gemetzel
steht, wird an diesen Bücher keine Freude haben. Wer intelligente und ruhige
Krimis mit einer spannenden Geschichte mag, der wird diese Serie lieben. Die Bücher sind einzeln lesbar und in sich abgeschlossen.
Titel: Einsamer Tod
Reihe: Longmire Band 2
Autor: Craig Johnson
Verlag: Festa, TB, 9783865525925
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