Hadrian Marlowe ist ein privilegierter
Mensch. Als Sohn von Lord Alistair Marlowe genießt er alle Vorzüge der elitären
Klasse der Paladine. Sein Lebensweg ist vorherbestimmt, als ältester Sohn wird
er eines Tages Archon der Präfektur Meidua. Er hat alles, was man sich für Geld
kaufen kann, nur eines erhält er im Haus seines Vaters nicht: Elterliche Liebe.
Die Ehe seiner Eltern wurde aus politischen Erwägungen heraus geschlossen, die
beiden Söhne wurden aus dem familiären Genpool heraus künstlich gezeugt.
Als Hadrian älter wird, hinterfragt er
seine Bestimmung. Er möchte nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten. Zumal
Crispin, sein jüngerer Bruder, eher den Erwartungen seines Vaters entspricht. Der
Scholastiker Tor Gibson, der Tutor der
Kinder, lehrt den jungen Mann vieles über die Welten da draußen und regt somit
dessen Neugier an. Er ist so etwas wie ein Vater für Hadrian und kennt ihn besser als jeder Mensch. Als Hadrian
ihm von seinen Fluchtplänen erzählt, unterstützt ihn sein alter Mentor und gibt
ihm ein Empfehlungsschreiben mit, um eine Ausbildung bei den Scholastikern zu
bekommen.
Doch Pläne können schief gehen, das muss
auch Hadrian erfahren, als er versucht, dem Machtbereich seines Vaters zu
entkommen. Eine wahre Odyssee beginnt, die dem des echten Odysseus in nichts
nachsteht.
Kommentar:
Ich werde auf das sollanische Imperium,
das Delos System und die verschiedenen Welten nicht eingehen. Der Autor hat
hier eine sehr komplexe Zukunft erschaffen, die sich in wenigen Worten nicht
beschreiben lässt. Die Erde ist schon lange zerstört, die Menschheit in der
ganzen Galaxie verstreut. Noch immer sehen sie sich als Krone der Schöpfung und
eliminieren oder versklaven die einheimische Spezies eines jeden Planeten. In
den Cielcin haben sie jedoch einen Gegner gefunden, der ihnen Kontra bietet.
Der Kriegt zwischen den Menschen und dieser Spezies tobt nun schon seit Jahren
und ein Ende ist nicht in Sicht.
Die Geschichte wird von Hadrian Marlowe
erzählt. Als alter Mann erinnert er sich, wie er zu dem Titel
"Sonnenfresser" kam . Der Roman über 900 Seiten umfasst nur wenige
Jahre seines Lebens, wenn man davon absieht, dass er viele Jahre im Kälteschlaf
verbracht hat.
Auf Seite elf bekommt der Leser schon
eine Ahnung, wie das Verhältnis der Familie untereinander ist. Zitat: "
Meine Mutter kam zu meiner Geburt zu spät. Aber dann sahen meine Eltern beide
von einer Plattform über dem Geburtsaal zu, wie man mich aus dem
Aufzuchtbottich dekantierte."
Diese Szene ist charakteristisch für die
Kühle und Distanz der Eltern zu ihren beiden Söhnen. Hadrian ist der sensible
Sohn, der die Zuneigung seiner Eltern vermisst und sich dem alten Scholastiker
Tor Gibson zuwendet. Scholastiker sind
Forscher, Akademiker und Theoretiker, bei ihnen steht die Vernunft über dem
Gefühl. Aber Tor Gibson sieht in Hadrian so etwas wie einen Sohn und als Lord
Alistair die Pläne für Hadrians Zukunft bekannt gibt, schlägt sich der alte
Mann auf die Seite seines Schülers.
Vieles in dieser außergewöhnlichen
Erzählung weist auf die alten Reiche der Erde hin. Es gibt Legionen,
Gladiatoren und diverse militärische Ränge, die es schon im alten Rom gab. Die Herrscher führen sich auf wie Cäsaren, die
regieren mit harter Hand, nur die Kirche ist noch mächtiger. Die Kantorei, wie
die Kirche hier genannt wird, verbietet die Nutzung technischer Geräte und sie
besteht auf die Eliminierung aller außerirdischer Wesen, um die Allmacht der
Menschheit zu demonstrieren. Ketzer werden gefoltert und Hexen verbrannt.
Da sie den Einsatz von Technik und jeglicher Art Maschinen kontrolliert, verfügt
sie über Waffen, dem das Militär nichts entgegen zu setzen hat.
Die Kindheit, die Pläne zur Flucht und
seine Flucht umfassen gut ein Drittel des Buches. Hadrian erzählt ausführlich über seine
Gefühle und wie es zu dem Bruch mit seiner Familie kommt. Da er diese
Geschichte als alter Mann erzählt, schweift er manchmal etwas ab. Mir wurde es
aber nie langweilig, ich mochte sowohl den Erzählstil als auch die Detailfülle.
Als Hadrian auf Emesh ankommt, nimmt die
Geschichte etwas Fahrt auf. Der privilegierte Sohn eines Adeligen landet ganz
unten im Dreck. Es ist faszinierend zu lesen, wie er sich durchschlägt und zum
ersten Mal in seinem Leben Freunde findet.
Er muss seine Herkunft verheimlichen, ist mittellos aber zum ersten Mal
frei von jeglichen Zwängen und Verpflichtungen.
Irgendwann erkennt er, dass ein Leben
auf den Straßen der Stadt ihn nirgendwo hinführen und er bewirbt sich als
Myrmidone in der Arena. Ein Myrmidone ist weniger wert als ein Gladiator, sie
sind Futter für die Bestien oder Opfer für die Gladiatoren. Nur Verzweifelte
oder Verbrecher gehen einen solchen Kontrakt ein. Gestählt durch seinen
Überlebenskampf auf den Straßen von Emesh und taktisch versiert durch seine
jahrelange Ausbildung am Hof seines Vaters gelingt es Hadrian, die ersten
Kämpfe zu überleben. Hier erinnert vieles an den Film Gladiator bzw. an dessen
Hauptfigur Maximus. Auch er steht unerkannt in der Arena und schafft es, dass
aus Überlebenskämpfern Freunde werden.
Die Erlebnisse auf Emesh füllen den Rest
der 900 Seiten und sind ebenfalls sehr ausführlich geschildert. Trotz aller
Erlebnisse bleibt Hadrian ein Träumer Wie viele Menschen, die eigentlich nur
das Beste wollen, begeht er gravierende Fehler. Er ist ein Idealist und der
Egoismus der Herrschenden sowie Brutalität und die Foltermethoden der Kirche schrecken
ihn ab. Er ist jung genug um zu glauben, etwas verändern zu können. Der Leser
leidet mit dem jungen Mann, dessen Träume und Ideale der Realität nicht
standhalten können. Und auch der Leser wird überrascht, wen er, trotz allem, zu
überzeugen vermag und woher er Hilfe bekommt.
Sprachlich ist die Geschichte absolut
gelungen, wären in der deutschen Übersetzung nicht einige Unschönheiten.
Satzkombinationen mit " als wie", Verwechslung von mir und mich und
ähnliches. Mich ärgert so etwas, da es der Geschichte nicht gerecht wird.
Das Buch endet in einem Lebensabschnitt
und lässt ahnen, dass Hadrian noch viel zu erzählen hat. Hier ist er ein idealistischer,
verträumter junger Mann, als Greis
titelt man ihn als Sonnenfresser, Alientöter und vieles mehr. Nichts auf diesen
900 Seiten deutet daraufhin, wie er zu diesen Bezeichnungen kommt, man erwartet
eher, dass er als Friedensstifter in die Geschichte der Menschheit eingeht. Ich
bin neugierig, wie es zu dieser Entwicklung kommt. Der nächste Band wird sicher
genauso ausführlich aber ebenfalls sehr spannend zu lesen sein.
Die Charaktere sind sehr
unterschiedlich. Hadrian geht auf alle Personen, die seinen Lebensweg bis zum
Ende des Buches begleiten, sehr ausführlich ein und somit bekommt der Leser
einen tiefen Einblick in seine und deren Gefühlswelt. Cat und Switch wachsen
einem ans Herz. Es ist wunderschön zu lesen, wie die jahrelange Einsamkeit
durch ein einfaches Lächeln dahin schmilzt und wie sich Hadrian auf ganz neue
Weise den Menschen öffnet. Er, der Aristokrat,
lebt nun unter den Plebejern und lernt hier mehr Menschlichkeit kennen als je
im Palast seines Vaters. Als alter Mann schildert er Trauer, Verlust, Freude,
Liebe, Wut, Hass völlig ungeschönt, so dass die Geschichte absolut glaubwürdig
klingt. Der Autor hat das sehr schön gemacht, den Leser in die Erzählung mit hineingezogen,
in dem er Hadrian zu uns sprechen lässt.
Ich könnte in meiner Begeisterung noch
viel mehr schreiben aber die Rezension soll keinesfalls 900 Seiten umfassen.
Für Leser, die schnelle und actionreiche Geschichten mögen, ist diese Buch
nichts. Für Leser, die sich in Geschichten verlieren können und die mit den
Charakteren mitleiden, ist dies eine wunderbare, einnehmende Geschichte eines
jungen Mannes, der noch Träume hat und erleben muss, wie diese der Realität
niemals standhalten können. Haben wir das auf irgendeine Art und Weise nicht
alle erlebt? Das Cover ist relativ neutral und bezieht sich nicht explizit auf den Inhalt des Buches.
Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar
erhalten. Meine Rezension ist aber keine Werbung, sondern meine subjektive Meinung. Dass sie so positiv
ausfällt liegt einzig und allein am Autor. Ich lese nicht sehr viel Science
Fiction, kann daher nicht beurteilen, wie innovativ die Ideen des Autors sind.
Vieles wird es in der einen oder anderen Form sicher schon gegeben haben. Aber
ich war einfach fasziniert, auch von den Sprachen der fremden Spezies und deren
Lebensweisen. Ich mag kein Technik
blabla sondern schöne Geschichten, wie dies eine ist.
Titel: Das Imperium der Stille
Reihe: Sonnenfresser Saga Band 1
Autor: Christopher Ruocchio
Verlag: Heyne, Softcover, 900 Seiten
ISBN: 9783453318281
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