Wir
schreiben das Jahr 2044. Gott scheint tot und das ewige Leben schon auf Erden
möglich. Längst verstorbene werden virtuell zu neuem Leben erweckt, geliebte
Menschen werden virtuell widerbelebt und die die sogenannten Ewigen nehmen
weiterhin am Leben der Familie teil. Je mehr Informationen über Menschen
vorhanden sind, desto genauer wird das Abbild dieser Person, daher tragen in
der Zukunft die meisten Menschen einen sogenannten Datentracker, auf dem alle
Informationen gespeichert werden.
Micheal
Jackson bringt eine neue Platte auf den Markt, die alle Verkaufszahlen von
Thriller in den Schatten stellt, Helmut Schmidt wird erneut zum Bundeskanzler
gewählt und Marlene Dietrich ist der Star der gefeierte Star der Filmwelt.
Benjamin
Kari arbeitet als Analyst der der Firma Fidelity und prüft, ob die Ewigen den
Vorgaben entsprechen und keine Fehler aufweisen. Er ist ein kleiner Beamter
ohne Privatleben, ein Voyeur, der sich durch das Leben Verstorbener arbeitet
und so erst am Leben teilnimmt. Er ist es auch, der Marlene Dietrichs Ewigen
überprüft und freigegeben hat. Als die berühmte Diva plötzlich verschwindet
wird Kari beauftragt, die Schauspielerin aufzuspüren und den digitalen Klon
gegebenenfalls auf Fehler zu überprüfen.
Je länger Marlene Dietrich verschwunden bleibt, desto mehr nährt sich
das Gerücht, sie sei gestorben. Eine
Unmöglichkeit, denn die Firma Immortal verspricht ewiges Leben und für dieses Versprechen
verlangt sie viel Geld.
Je
weiter Benjamin Kari in die Tiefen von Immortal vordringt, desto mehr zweifelt
er an den guten Absichten der Firma und an der Sinnhaftigkeit seiner Arbeit.
Als er Eva Lombard kennenlernt, die keinen Tracker trägt, beginnt er, die Welt
mit anderen Augen zu sehen.
Kommentar:
Als
mir dieses Buch von Heyne als Rezensionsexemplar angeboten wurde, stach mir
zuerst das Cover ins Auge. Unschwer ist Marlene Dietrich zu erkennen. Als Film-
und Science Fiction Fan hat mich ein Buch, das beide Leidenschaften verbindet,
natürlich sehr gereizt. Der Bezug auf Filme setzt sich weiter fort.
Ben Kari liest ein Buch über Jean Arthur (das es tatsächlich gibt) und
benutzt für seine Überprüfungen der Ewigen den Test aus Blade Runner. Diese
kleinen Sidekicks setzen sich im ganzen Buch fort und waren für mich ein
kleines Highlight.
Jens
Lubbadeh ist ein wahres Meisterwerk gelungen.
Er benutzt die Sprache als Medium wie ein Stargeiger oder Pianist sein
Instrument. Er holt alles aus ihr heraus und seine Sätze oder seine Vergleiche
sind einfach wunderbar formuliert und immer sehr lebendig und bildhaft. Hier
wird deutlich, dass er als Journalist tätig ist und mit der deutschen Sprache
virtuos umgehen kann. Die neuen
Wortschöpfungen wie criss-cross oder unschickliches exit sind sofort
verständlich und so passend, dass man meint, diese Bezeichnungen schon immer
gekannt zu haben.
Der
Autor wirft hier viele Fragen auf, über die nachzudenken sich lohnt. Die
Menschheit ist gespalten. Es gibt Ewige und Verewigungsgegner. Wo bleibt Gott,
wenn der Mensch unsterblich wird und als virtueller Klon weiterleb? Was wird aus der Religion, aus der Kirche, aus
dem Glauben? Die Ewigen haben kein eigenes Bewusstsein, sie sind in der Zeit
ihrer Widergeburt eingefroren. Sind sie Menschen, haben sie eine Seele oder
sind sie nur Codes? Die Ewigen wissen
nicht, dass sie tot sind, jegliche Erinnerung daran wird ausgemerzt. Ist dies
nicht schon eine Manipulation? Inwiefern
kann Immortal einen Ewigen manipulieren. Wenn Politiker und andere mächtige
Menschen widerbelebt und manipuliert werden, könnte eine Firma wie Immortal die
Weltherrschaft übernehmen. Was passiert, wenn jemand die Datenbank hackt und
Einfluss auf die Klone nimmt?
Wird
die Welt nicht stagnieren, wenn längst Verstorbene widerbelebt werden, die
keinen neuen Ideen mehr entwickeln können? Wo bleibt der Erfindungsreichtum und
die Abenteuer- und Entdeckerlust der Menschen, wenn man auf Vergangenes zurück
greift, statt nach vorne zu sehen?.
Fazit:
Das
Buch wirkt teilweise sehr beängstigend auf den Leser. Die beschriebene Zukunft
ist zu nahe, um unberührt zu bleiben. Die Mischung aus Thriller und SF, aus
Vergangenheit und Zukunft macht diese Geschichte sehr glaubhaft.
10
von 10 Sternen
Titel:
Unsterblich
Autor:
Jens Lubbadeh
Umschlaggestaltung:
Das Illustrat, München
Verlag:
Heyne, TB, 444 Seiten
ISBN:
9783453371314
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