27 Oktober 2025

Ishabel - die Flüchtlings-Chroniken Band 2 von Michael Knabe

Das Königreich Sabinon ist geschwächt wie nie zuvor. Eine verheerende Seuche hat die Bevölkerung stark dezimiert, die Herzöge sind vom Königshof geflohen, um einer Ansteckungsgefahr zu entgehen. Der König ist geschwächt und erholt sich noch von dieser alles verehrenden Krankheit. Eine einmalige Chance für Levanon über den geschwächten Erzfeind herzufallen. Doch statt Krieg bietet Levanon Frieden und schickt eine Delegation nach Sabinon, um die Bedingungen für diesen Frieden auszuhandeln. 
Einige Herzöge sehen in diesem Angebot eine Chance, andere wiederum eine perfide Falle. Auch Ishabel, die Tochter des Königs und dessen einziges verbliebenes Kind, ist misstrauisch. Ihre beiden Brüder sind durch die Seuche umgekommen. Sie, als Frau, darf die Thronfolge nicht antreten und Königin werden. Doch sie beobachtet aus dem Hintergrund hervor das Geschehen am Königshof und lernt. Als ihr Vater ihr eine Heirat aufzwingen möchte, um den Königsthron zu sichern, wehrt sie sich vehement gegen dieses Vorhaben. Sie hasst ihren zukünftigen Gemahl und ist sich sicher, dass er gegen das Königshaus intrigiert und die Macht übernehmen will. Ishabel hat einen einzigen Verbündeten, der ihr vorbehaltlos zur Seite steht. Shevon al Yontar.
 
Kommentar:
Mir hat Band eins der Flüchtlings-Chroniken sehr gut gefallen und ich bin mit einigen Erwartungen an Band zwei heran gegangen. Und alle Erwartungen hat der Autor über den Haufen geworfen. Statt einer geradlinigen Handlung zu folgen, eröffnet Michael Knabe einen neuen Schauplatz. Zum Glück. Band zwei hat mich tatsächlich noch mehr begeistern können als Band eins. Das liegt vor allem an der Figur der Ishabel. Eine junge Frau, die sich den Zwängen der Gesellschaft unterordnen soll. Heiraten, für Nachkommen sorgen, damit die Blutlinie gesichert ist und ansonsten hübsch aussehen und den Mund halten. Doch die junge Frau hat andere Pläne. Nach dem Tod ihrer Bruder möchte sie als Nachfolgerin des Königs anerkannt werden. Es wäre ein nie dagewesenes Ereignis, dass eine Frau das Land regiert aber Ishabel ist sich sicher, diese Aufgabe zu meistern.
Wie ihre Mutter, sitzt sie stets abseits des Thrones und verfolgt die politischen Diskussionen. Sie erfährt so alles, was im Reich vor sich geht und macht sich ihre eigenen Gedanken. Für sie ist klar, dass das Friedensangebot von Levanon nur eine Falle sein kann. Der Verhandlungsführer, Sharon al Scossed ist der geborene Intrigant, der jeden Spielzug seiner Feinde vorausahnt. Er besticht, droht und interveniert am Königshof nach Belieben und niemand schaut hinter die Fassade dieses hinterhältigen Mannes.
Als Shevon al Yontar in Sabinon ankommt, wird er zuerst verhaftet. Doch Herzog Styeban gewährt ihm die Freiheit und nimmt ihn mit an den Königshof. Dort berichtet Shevon den anwesenden Personen alles über die Ereignisse in Levanon und warnt die Anwesenden vor der Heimtücke des Feindes. Ishabel glaubt dem Fremden und beobachtet das Geschehen am Königshof noch genauer, blickt hinter die Fassade der Speichellecker und Höflinge und sieht die drohenden Gefahr, die auf ihr Land zukommt.
Aber sehr zu ihrem Verdruss wird sie aus dem Spiel genommen, bevor sie eingreifen kann. 
 
Was danach passiert fand ich herrlich amüsant, aber auch spannend. Drei Frauen, die sich gegen die Herrschaft und Bevormundung der Männer auflehnen. Ishabel, ihre Zofe Ilya, in der mehr steckt als man vermutet und Candra, die Tochter von Herzog Belan. Drei Frauen, die mehr erkennen als die Männer, die alle vor lauter Gier nach der Macht nicht sehen, dass sie nur Bauern in einem Spiel sind, dass ihren Verstand übersteigt.
Shevon ist hier zu Beginn nur eine Randfigur. Der Fokus liegt auf Ishabel und zwei Herzögen. Einer, der sie unbedingt zur Frauen nehmen will um seine Machtposition zu stärken. Der andere, der sich als ihr Protegé ausgibt und ihr das Spiel um Macht und Politik beibringt. Nicht nur auf dem Spielbrett, sondern auch im Leben. Das Machtvakuum, dass durch den Tod der Thronfolger entstanden ist, muss gefüllt werden. Doch vor lauter Machtstreben und innere Zwistigkeiten erkennt keiner der Herzöge die Gefahr von außerhalb. Allianzen werden gebildet, Figuren vom Spielfeld genommen und jeder ist nur auf den internen Machtkampf fixiert, so dass Sharon freie Hand hat.
 
Bemerkenswert ist es, dass der Autor ohne die üblichen Fantasy Elemente auskommt. Es gibt keine Drachen, keine Monster oder Axt schwingende Oger. Die Abgründe der menschlichen Seele sind so tief, da braucht es keine Monster. Die perfiden Pläne eines jeden einzelnen reichen aus, um die Grausamkeit der Menschen aufzuzeigen. Aber auch Ehre, Treue, Liebe und Freundschaft sind Facetten, auf die hier Wert gelegt wird.
Sprachlich gibt es an dem Buch nichts auszusetzen. Wir lernen die Welt, die der Autor hier entworfen hat, nun  etwas besser kennen und in dem Konflikt Levanon gegen Sabinon kann man durchaus Parallelen zur Realität erkennen.
Der Spannungsaufbau ist absolut gelungen. Dieses Mal gibt es keine Zeitsprünge wie in Band eins. Das Szenario wechselt zwischen den Ereignissen um Shevon und Malcon al Andre sowie den Geschehnissen am Königshof. Meron al Andre, der Vater Malcons, ist ein alter Freund der Familie al Yontar und er hilft Shevon, wo er nur kann. Dadurch wird die Familie al Andre in den Konflikt mit hineingezogen, mit drastischen Folgen.
Die Geschichte umfasst 368 Seiten, es ist kein Wort zu viel und die Ereignisse folgen Schlag auf Schlag, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.
Es handelt sich um ein weitere, abgeschlossenes Kapitel der Flüchtlings-Chroniken, deren roter Faden Shevon al Yontar ist. Auch wenn ich Gamon und Seba vermisst habe, sind die neuen Figuren perfekt ausgearbeitet. Während Shevon sehr geradlinig gezeichnet ist, sind andere Personen sehr ambivalent und undurchschaubar. Aber gerade die Einfachheit seines Charakters macht Shevon so sympathisch. Er ist kein Kämpfer, sondern ein Denker und so verliert er viele Schlachten. Er schlägt sie, weil seine Ehre und seine Treue es ihm gebieten, nicht, weil er meint, siegen zu können.
 
Fazit:
Ungewöhnliche Wendungen, eine eindringliche Sprache und Charaktere, die überzeugen. Ich hoffe, Band drei folgt dieser Linie. Von mir eine absolute Empfehlung.
 
Titel: Ishabel
Reihe: Die Flüchtlings-Chroniken Band 2
Autor: Michael Knabe
Verlag: Hybrid Verlag, TB, 368 Seiten
ISBN:9783967410686

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