Während Felahar von Brickstein
in einer Schenke sitzt und eine recht abenteuerliche Geschichte über die drei
Helden Wim, Dalagar und Huk erzählt, öffnet sich plötzlich die Tür und die drei
Helden erscheinen höchst selbst auf der Bildfläche. Wie so oft im Leben,
stimmen Legenden und Realität nicht unbedingt überein. Statt dreier begnadeter
und ehrenhafter Kämpfer besteht das Trio aus einem riesenhaften Dummkopf mit
einem kindlichen Gemüt, einem griesgrämigen Schläger und einem Schwert
schwingenden Weiberheld. Und statt heldenhaft auf einem Pferd oder Nobo in die
nächste Schlacht zu reiten, ziehen die drei in einem Planwagen von Ort zu Ort,
immer auf der Suche nach einem lukrativen Auftrag, der ihnen wieder ein paar
Münzen in die Tasche bringt. Sie sind mehr Söldner als Helden. Drei, die um
jeden Preis feilschen und deren glorreiche Taten aus dem Töten von mutierten
Ratten oder dem plündern von Grabstätten bestehen. Um sich eine eigene Meinung über die Helden zu bilden und ihre Geschichten
aufzuschreiben, begleitet der naive und gutmütige Felahar die drei Männer auf
ihren Reisen durch die Nordlande. Schnell wird klar, dass der junge Städter
nicht für ein Leben in so einem verwahrlosten, brutalen und kalten Landstrich
geeignet ist. Seine Illusionen über ein abenteuerliches Leben sind schnell
dahin und bald beginnt der Kampf um das nackte Überleben. Unwissentlich haben
sich die vier die Feindschaft des Syndikats zugezogen, dass ihnen nun auf den
Fersen ist und ihnen nach dem Leben trachtet.
Ausgerechnet der naive, etwas pummelige und gutmütige Felahar gerät in
Gefangenschaft und in die Folterkeller des Syndikats. Nun muss sich zeigen, ob
auch er zu einem Helden geboren ist.
Kommentar:
Das Buch beginnt sehr witzig und unterhaltsam. Es ist amüsant zu lesen, wie
Felahar eine erfundene Geschichte über drei bewunderungswürdige Helden erzählt
und diese dann die Schenke betreten. Keiner der drei kann sich an das
geschilderte Abenteuer erinnern. Schnell machen sie Felahar klar, dass sie mit
den Helden aus der Geschichte wirklich nichts gemeinsam haben. Wie Huk sagt:
Echte Helden sind tote Helden.
Für Felahar waren Helden immer nobel, mutig, tapfer, ehrenhaft. Er ist entsetzt
über das Verhalten der drei, die nur eingreifen, wenn die Kasse klingelt.
Ansonsten werden die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Das Land ist rau,
grausam und unwirtlich von Kriegen zerrissen, nur die Starken überleben.
Dalagar nutzt die Notlage der Frauen aus und macht sie sich gefügig. Er macht
Versprechungen, die er nicht einzuhalten gedenkt, nur seine flinke Zunge rettet
ihn aus manch brenzligen Situationen. Doch er hat eine Eliteausbildung als
Kämpfer genossen und weiß sein Schwert aus Stahl genauso erfolgreich zu
schwingen, wie sein Schwert, dass er bei den Frauen einsetzt. Huk ist ein
mürrischer, übellauniger Raufbold für den nur das Geld zählt. Nie käme er auf
die Idee, notleidenden Menschen zu helfen. Seiner Ansicht nach haben sie ihr
Schicksal verdient. Und Wim ist der große, dumme Kämpfer, den eine tiefe
Freundschaft mit Dalagar verbindet und der ihm überall wie ein treuer Hund
folgt. Im Kampf wird er zum regelrechten Berserker und zusammen ergeben die
drei Männer ein sehr erfolgreiches Trio.
Was als amüsante Unterhaltung mit viel Humor beginnt wandelt sich bald in einen
düsteren und bedrückenden Fantasyroman. So, wie Felahar erkennen muss, dass
nichts so ist, wie es in den Geschichten erzählt wird, so muss auch der Leser
umdenken und lernen, dass der Autor nicht nur eine humorvolle und
oberflächliche Geschichte erzählen will. Nuareth ist keine Welt, in der jemand
Schwaches überleben kann. Sie ist dreckig , grausam und düster. Hier ist kein
Platz für Romantik oder Liebe, der tägliche Kampf um das nackte Überleben
verlangt den Menschen alles ab. Die Bauern werden ausgenommen und betrogen, die
Frauen vergewaltigt und die Söhne in Bergwerke oder Fronarbeit verschleppt.
Mitleid ist ein Luxus, den sich niemand leisten kann, auch nicht die drei
Helden.
Felahar erfährt am eigenen Leib, dass Geschichten zu erzählen und Geschichten
zu erleben ein Himmel weiter Unterschied ist. Und er ist nicht der geeignet, in
dieser Wildnis zu überleben. Er ist pummelig, linkisch und naiv, aufgewachsen
in einer großer Stadt, die alles zu bieten hat, was man im Alltag braucht. Er
hatte eine gute Anstellung als Schreiber und ein geregeltes Einkommen, hat nie
wirklich Not gelitten. Die Langweile und Abenteuerlust trieben ihn in die
Nordlande, doch die harte Wirklichkeit holt ihn bald ein.
Keine der vier Protagonisten gewinnt wirklich das Herz des Lesers. Sie sind zu
ehrlich, brutal und schonungslos geschildert, doch das ist sicherlich auch die
Absicht des Autors. Wie ich erfahren habe, gehört die Welt um Nuareth zu einem
Browserspiel. Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, kann aber sagen, dass
man dieses Buch ohne Kenntnisse dieses Spiels lesen und für gut befinden kann.
Ein in sich abgeschlossener Roman, dem leider eine Karte von Nuareth fehlt um
ihn perfekt zu machen. Mittlerweile habe ich erfahren, dass detaillierte Karten
zu dieser Welt im Internet zu finden sind und es ist mir unbegreiflich, warum
sie dem Roman nicht beigefügt wurden. Das hätte sicherlich viele Leser auch
neugierig auf das Spiel gemacht. Das Cover zeigt die Utensilien eines Helden
und ist in gedämpften gold-braun Tönen gehalten, was mir sehr gut gefallen hat
und zur Atmosphäre des Romans passt.
Fazit:
Man sollte als Leser öfters neue Wege beschreiten. Der deutsche Fantasy Markt
hat wesentlich mehr zu bieten als einen Heitz oder Hohlbein. Junge Autoren, die
neue Wege gehen und spannende, innovative, humorvolle und sehr unterhaltsame
Geschichten zu erzählen wissen. Neben Andreas Dresen und Felix Hänisch gehört
für mich nun auch Jörg Benne dazu.
Man merkt, wie alte die Rezension ist, von beiden Autoren hört und liest man wenig aber Horus W. Odenthal. Pascal Wokan, Peter Hohmann oder Dane Rahlmeyer und natürlich die Damen wie Silke K. Weiler oder Michaela Göhr halten die Fahne der Selfpublsher hoch.
Titel: Die Stunde der Helden
Reihe: Keine aber ein Nuareth
Roman
Verlag: Mantikore, TB,
340 Seiten
ISBN: 978-3961880423
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