24 September 2020

Das Erbe Bereliens - die Legende vom steinernen Buch von Silke K. Weiler


Rune lebt mit ihrem Vater zusammen in Windsquell, einem harten Landstrich, der von den Menschen alles abverlangt. Ihre Mutter starb kurz nach ihrer Geburt, sie hat keine Freunde aber sie ist nicht einsam. Sie liebt den kargen Landstrich und das Moor, hier erlebt sie alle Freiheiten, die ein Kind sich nur wünschen kann. Seit sie laufen kann, übt sie sich im Bogen schießen. Mittlerweile ist sie darin eine Meisterin und da ihr Vater wegen einer alten Verletzung nicht mehr so agil ist, hat Rune die Aufgabe des Jagens übernommen.
Ihr Vater spricht nie von seiner Vergangenheit und Rune fragt auch nicht danach, sie ist glücklich und zufrieden mit ihrem Leben, auch wenn ihr Vater sie von der Welt abschirmt.
Eines Tages kommen Männer auf den abseits gelegenen Hof geritten und Rune sieht etwas in den Augen ihres Vaters was sie nie erwartet hätte: »Angst«.
Er übergibt ihr ein Bündel und ein Schwert und bittet sie zu fliehen. Doch für eine Flucht ist es längst zu spät, die Reiter sind schon zu nahe. Das Mädchen versteckt sich in der Scheune und muss mit ansehen wie ihr Hof in Flammen aufgeht und ihr altes Leben endet. An den qualvollen Schreien ihres Vaters erahnt sie, dass sie ihn nicht mehr lebend vorfinden wird.
Also macht sich Rune auf, den letzten Wunsch ihres Vaters zu erfüllen. Fionn Higgins zu finden und ihm über den Tod ihres Vaters zu unterrichten. Für Rune Quinhazel beginnt eine abenteuerliche Reise quer durch das Land, die sie weit in die Vergangenheit ihres Vaters führt und auf der sie immer tiefer in die Geschichte Bereliens eindringt.

Kommentar:
Das Buch umfasst 658 Seiten und es handelt sich um einen Selfpublisher Roman. Mein erster Gedanke war: »Woww, ob das mal gut ist?« Aber was soll ich sagen? Es ging gut!
Das Geschichte gliedert sich in mehrere Abschnitte. Wir erleben die Lebensfreude eines junges Mädchens, das mit sich und der Welt zufrieden ist. Sie geht gerne auf die Jagd und verfügt über die Geduld, ein Beutetier auch die ganze Nacht zu belauern. Diese Geduld wäre auf ihrer Reise nach Gotaal manchmal sehr wünschenswert gewesen, handelt sie doch oft impulsiv und ohne nachzudenken und bringt sich daher oft in Gefahr.
Der andere Handlungsstrang erzählt von den Ereignissen am Königshof. Lady Ioarin ist nicht gerade eine Vorzeigekönigin und regiert mit harter Hand. Ihr zur Seite steht Galen von Althain, der ihre Befehle skrupellos und ohne zu zögern ausführt. Und wenn Galen von Althain als brutal gilt, verbreitet Malghraigh Simhannon Angst und Schrecken, denn er liebt es, die Menschen zu quälen und Experimente an ihnen durchzuführen. Mit diesen zwei furchterregenden Männern kontrolliert die Königin das ganze Land und eliminiert jeden, der ihr im Wege steht. Lange Jahre hat sie nach Runes Vater gesucht, der etwas im seinem Besitz hatte, was sie begehrt.
Rune muss bald erkennen, dass ihr Vater weit mehr war als ein einsamer, alter Bauer.
Das Buch besteht hauptsächlich aus Reisen und man könnte denken, dass es langweilig wird. Zwar sind einige Passagen durchaus etwas lang aber das schmälert die Spannung nicht unbedingt.
Der erste Abschnitt erzählt von Runes Reise zu Fionn. Da sie auf dem Weg ins Glotaal einige Abenteuer erlebt und zwei Menschen begegnet, die ihr hilfreich zur Seite stehen, lockert das die Erzählung etwas auf. Als sie dann in Slyga eintrifft und Fionn begegnet, kommt eine sehr amüsante Note in die Geschichte. Die Frotzeleien der beiden sehr unterschiedlichen Menschen bringen den Leser oft zum schmunzeln. Rune nimmt kein Blatt vor den Mund und zeigt keinerlei Respekt vor älteren Menschen. Fionn, der es gewohnt ist, dass Menschen auf ihn hören, muss sich umstellen und mit der frechen Göre arrangieren. Obwohl er sie immer wieder vor weiteren Reisen abhalten möchte und ihr einen Platz in Slyga anbietet ist Rune erpicht darauf, den Grund für den Tod ihres Vaters zu erfahren und die Mörder zu stellen. Sie muss erst lernen, das Wohl der Allgemeinheit vor ihre eigenen Wünsche zu stellen.
Ihre Reise mit Fionn ist etwas abwechslungsreicher, sie erfährt viel über die Vergangenheit ihres Vaters und über die Ereignisse am Hof. So lernt der Leser, ebenso wie Rune, mehr über die Geschichte Bereliens und die Umstände, die zur Ermordung von Ambrose Quinhazels geführt haben. Das ist eine toller Kniff der Autorin, der den Leser tief in die Geschichte hineinführt.
Und ohne zu viel zu verraten, das letzte Drittel des Buches und die letzte Reise haben mich wirklich berührt. Ich fand diesen Teil sehr einfühlsam und schön erzählt. Die Autorin gibt hier zwei Charakteren Zeit, sich zu entfalten, ihre Bewegründe zu erläutern und sich anzunähern. Und sie stellt hier einige wichtige Fragen:»Wie tief muss Schuld gehen, bis man nicht mehr verzeihen kann?«
»Hat jeder Mensch Vergebung verdient oder sind manche Taten so unverzeihlich, dass man sie nicht vergeben kann?« Das sind philosophische Gedanken, die ich so in einem Fantasy Roman nicht erwartet hätte.
Der Weltenaufbau ist absolut gelungen, es gibt eine Karte zu Berelien, so dass man Runes Reisen gut nachvollziehen kann. Die Namen sind nicht immer leicht, auf mich wirken sie teilweise irisch und gälisch, aber sie prägen sich gut ein. Das Cover passt zu der Geschichte, es zeigt das steinerne Buch, das Königin Ioarin unbedingt in die Hände bekommen möchte.
Ich habe schon einige Fantasy Romane gelesen, in denen ein einfacher Mensch zum Schwert greifen und über sich selbst hinauswachsen muss, um das Böse zu eliminieren. Oft habe ich mich geärgert, da die Entwicklung unglaubhaft wirkt und zu schnell geht. Aber Silke K. Weiler hat Rune viel Zeit gegeben, sich zu entwickeln. Ihr Können im Bogenschießen und der Schwertuntericht ihres Vaters haben ihr eine gute Grundlage gegeben, sich in der rauen Welt zu behaupten. Ihr freches Mundwerk ist ebenfalls hilfreich, allerdings bringt es sie genauso oft in Schwierigkeiten.
Ebenfalls gefallen hat mir, dass die Autorin einige Wendungen in ihre Erzählung einbaut, die man als Leser so nicht erwartet hätte.
Mir hat an diesem schönen Buch lediglich ein Personenregister gefehlt um es perfekt zu machen.

Mein Fazit:
Eine spannende und teilweise humorvolle Geschichte, die sich sehr flüssig lesen lässt. Sprachlich auf absolut hohen Niveau und ohne Fehler. Nachdem ich ja die letzte Zeit einige Verlagsbücher hatte, die in diesem Bereich eher enttäuscht haben, freue ich mich immer wieder über Selfpublisher Bücher, die einen so gut zu unterhalten wissen. Die Autorin schafft es, die Gefühle und Gedanken der Protagonisten eindringlich zu vermitteln und wie gesagt, das letzte Drittel hat mich so gepackt, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Das verzeiht die gelegentlichen Längen, die bei einer Reise nun einmal vorkommen. Ich bin gespannt auf Band zwei.
Ich danke Silke K. Weiler für das schöne Buch und dafür, dass sie sich Zeit genommen hat, sich auf meinem Blog zu informieren, was ich mag. Mit ihrem Buch hat sie meinen Geschmack auf jeden Fall getroffen.
Ich ziehe nicht gerne Vergleiche aber ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der epische Fantasy mag wie »der Drachenbein Thron« oder auch »Waylander«, denn auch, wenn die Geschichte mit einer jungen Frau beginnt, endet sie mit einem alten Mann. ( Und nein, das verrät nichts und spoilert auch nicht«

Titel: Das Erbe Bereliens
Reihe: Die Legende vom steinernen Buch
Autor: Silke K. Weiler
Verlag: Selfpublishing, Softcover, 658 Seiten
ISBN: 9783751931120

1 Kommentar:

  1. Hallo Petra,
    wie üblich eine ausführliche Rezension, danke.
    Personenregister fehlen mir auch oft. Wenn ich beim Lesen merke, dass es zu viele Namen werden, dann habe ich meist einen Zettel, auf dem ich das Wesentliche notiere.
    LG, Gesa

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