»Wir werden wie Riesen sein, uns wird die Welt zu klein«
(Clay Cooper)
Rose stand stets im
Schatten ihres Vaters. Die Truppe des »Goldenen Gabe«, die »Saga« wurde zur
Legende, die Taten Gabriels, Clay Coopers oder Moogs sind unerreichbar. Egal was Rose und ihre Truppe
»die Fabel« an Aufgaben übernehmen, nie ist es genug, stets ist sie die
Tochter, die von ihrem Vater in Castia gerettet wurde.
Um dieser Schmach endgültig
zu entkommen, übernimmt Rose einen Auftrag, an dem bisher jeder Söldnertruppe
gescheitert ist. Dafür riskiert sie das Leben aller Mitglieder, zu denen auch
die junge Tam Hashford gehört, die mit den Erzählungen über die Abenteuer der
alten Söldnertruppen aufgewachsen ist. Schnell muss das junge Mädchen, das als
neue Bardin engagiert wurde, erkennen, dass Legende und Wahrheit weit
auseinander klaffen. Nur eines scheint
zu stimmen: Barden überleben nicht lange!
Kommentar.
Könige der Finsternis
war eines meiner Highlights 2019 und ich war gespannt, ob Nicholas Eames es
schafft, einen weiteren, grandiosen Band zu veröffentliche, ohne sich zu
wiederholen. »Die schwarze Schar« kann für sich alleine stehen, man braucht den
Vorgängerband nicht zu kennen, um der Geschichte folgen zu können. Ich werde
auch aus diesem Buch viel zitieren. Rose erklärt selbst am besten, warum sie
keine Grenzen kennt:
» Ich bin mit den Geschichten meines Vaters
aufgewachsen, mir wurde der Ruhm mit dem Löffel eingetrichtert, bis ich selbst
danach gegiert habe- bis ich geglaubt habe, ohne ihn zu verhungern zu müssen.«
» Ich
wurde zum Auslöser für das größte Abenteuer meines Vaters, Ich war nichts
weiter als eine der vielen Jungfrauen in Nöten, sagte sie verbittert. Da wusste
ich, dass ich der Welt so in Erinnerung
bleiben würde, wenn ich nicht etwas wirklich Bemerkenswertes unternahm.
«
Das erklärt den
Ehrgeiz der jungen Frau, der sie oft bis an den Rand des Abgrunds führt.
Die Fabel besteht aus
folgenden Mitgliedern:
Brune, ein Vargyr,
der Schamane der Truppe, ein Bär von einem Mann.
Roderick ist der
Bucher, es organisiert die Aufträge und handelt Verträge aus. Er ist ein Satyr,
muss das aber vor den Menschen verbergen, da diese anderen Wesen sehr
voreingenommen gegenüber stehen.
Freiwolk ist ein
Druin. Ihr besonderes Merkmal sind ihre langen Ohren. Daher werden sie oft
Hasenohren genannt, doch würde ich das einem Druin niemals laut ins Gesicht
sagen. Die Konsequenzen sind nicht schön. Sie sind eine sehr langlebige Rasse,
seit den Ereignissen aus Buch eins aber nicht mehr sonderlich beliebt.
Cura ist eine Hexe
und Beschwörerin, die über eine unglaubliche Macht verfügt. Sie ist ebenso wild
wie Rose und liebt die Gefahr. Mit ihrem vorlauten Mundwerk und ihrer
Respektlosigkeit fordert sie ihre Gegner oft heraus.
Tam Hasford ist
gerade mal siebzehn Jahre alt. Ihr Onkel Bran schlägt ihr vor, für die Truppe zu
singen, da diese einen neuen Barden sucht. Und für Tam wird ein Traum wahr.
Ihre Vorstellung gefällt Rose und sie nimmt das junge Mädchen auf. Tam ist eine
Träumerin und Idealistin. Doch schon bald merkt sie, dass das Leben auf der
Straße nichts mit den Balladen gemein hat, die in den Schenken vorgetragen
werden. Traum und Realität klaffen weit auseinander. Die Kämpfe in der Arena sind
schmutzig und grausam, die Gegner sind eher Opfer.
Auch wenn Brontide
mit seiner zerstörerischen Horde immer weiter in das Land vordringt, erkennt Tam
in den Gegnern denen sie gegenüberstehen Gefühle wie Angst, Hoffnung, Wut,
Trauer. Die gleichen Gefühle, die ein Mensch empfindet. Warum gibt es also keine Möglichkeit, dass
Wesen wie Oger, Zentauren, Minotauren, Rag, Sinu und viele andere, einfach zusammen leben?
Je öfter die Truppe
in den Arenen kämpft, desto mehr beschleichen sie Zweifel an der Richtigkeit
ihrer Handlung.
Was mir in diesem
Buch so gut gefallen hat, ist der sehr trockene Humor, der mir im ersten Buch
schon positiv aufgefallen ist. Cura liest sehr viel. Hier ein Dialog zwischen
ihr und Tam:
Tam
konnte sich nicht zurück halten, einen Blick auf den Titel zu werfen. „Elfen
muss man helfen“.
„Um was
geht es da?“
„Um
Elfen.“
„Nur um
Elfen?“
„Und
darum, ihnen zu helfen.“
Oder ein Gespräch
zwischen Tam und Brune:
„Hast
Du jemals Sagrut probiert?“
„Sagrut?“
„Schlimmes
Zeug“, verkündetet Brune. „Schmeckt wie
saure Milch und Pferdeblut.“
Tam zog
die Nase kraus. „Woraus besteht es denn?“
„Aus
saurer Milch und Pferdeblut.“
Man könnte meinen,
der Autor wäre Fan der Rambo Filmreihe, in der sich ähnliche Dialoge finden.
Die Buchtitel, die
Cura liest, sorgen ebenfalls für ein Schmunzeln bei den Lesern.
»Schund und Sühne,
die Erinnerungen eine Kobold Folterers«. Oder auch »Skelette im Schrank, ein
nekromantischer Führer zur Selbstoffenbarung.«
Im Laufe der
Geschichte merken wir, dass nicht nur Rose ein Opfer ihres Vaters ist. Alle aus
der Fabel haben ein gespaltenes Verhältnis zu ihren Erzeugern und müssen sich während
ihrer Reise durch das Land ihrer Wut und ihren Ängsten stellen. Der Weg zum größten Abenteuer wird gleichzeitig auch eine
Auseinandersetzung mit sich selbst. Das macht diese Fantasy Geschichte in
meinen Augen zu etwas Besonderem. Sie bietet nicht nur Spaß und gute
Unterhaltung, sondern sie regt auch zum Nachdenken an.
Während es in »Könige
der Finsternis« einen kompletten, durchgehenden Handlungsstrang gab, die Rettung
von Rose, zersplittert die Geschichte hier etwas. Das Buch beginnt langsam, wir
lernen Tam kennen und ihren Wunsch, aus dem langweiligen, starren Alltag
auszubrechen. Ihre Mutter, eine Bardin, ist früh gestorben. Der Vater, ein ehemaliger
Söldner, kann den Tod seiner Frau nicht verwinden und hütet seine Tochter wie
einen Augapfel. Er möchte mir allen Mitteln verhindern, dass sie sich einer
Truppe anschließt, notfalls mit Gewalt. Als er merkt, dass er Tam nicht
aufhalten kann, übergibt er ihr die Laute ihrer Mutter, für mich eine sehr
rührende Szene in dem Buch. Junge Menschen müssen ihre eigenen Wege gehen und
ihre eigenen Fehler machen und aus ihnen lernen. Das ist in der Realität nicht
anders.
Danach zieht sich die
Geschichte etwas, als »die Fabel« sich aufmacht, ihren neuen Auftrag
auszuführen. Während alle Söldnertruppen gegen den Riesen Brontide ziehen,
führt Rose ihre Freunde in die andere Richtung, was für viel Gerede sorgt. Während
ihrer Reise zum Zielort treten sie in verschiedenen Arenen auf und bestreiten
dort einige Kämpfe. Das ist zwar sehr abwechslungsreich geschildert, bringt die
Handlung aber nicht wesentlich voran. Aber hier denkt Tam das erste Mal über die
Wesen nach, erkennt das erste Mal, dass sie durchaus so fühlen, wie ein Mensch.
Und sie hinterfragt, warum der Mensch sich über diese Wesen stellt, die
lediglich den Wunsch nach Leben haben. Erst im letzten Drittel nimmt die
Geschichte nochmals volle Fahrt auf, wenn die Generationen aufeinander treffen.
Die Nebenfiguren sind
teilweise sehr liebenswerte und lustige Charaktere. Da ist Bran, Tams Onkel,
der seine Nichte tatkräftig unterstützt, sofern er seine Nase nicht gerade in
einem Whiskeyglas stecken hat. Oder Doshi, der Kapitän eines Luftschiffes, der über
sich hinauswächst. Und auch Lady Jane und ihre Seidenstrümpfe haben erneut
einen Auftritt.
Sprachlich gibt es
nicht zu meckern. Michela Siefener hat hier eine prime Übersetzung abgeliefert
und ich frage mich, ob das Zitat zu Beginn der Rezension, vielleicht eine Idee
von ihm war. Denn es ist 1:1 aus dem Lied von Heinz Rudolf Kunze, das vor langer
Zeit ein Mega Hit war.
Und mein letztes
Zitat, das ich einfach wunderschön finde:
„Ruhm verblasst. Gold
rinnt durch die Finger wie Wasser oder Sand. Die Liebe ist das Einzige, wofür
es sich zu kämpfen lohnt.“
Fazit:
Obwohl der Könige der
Finsternis einen Tick besser war, kann ich dieses Buch durchaus empfehlen. Das Weltensetting
ist gelungen, bevölkert von unzähligen, teils abstrusen Wesen. Der Humor kommt
nicht zu kurz aber es gibt durchaus auch ernsthafte Szenen, von denen wir Parallelen
zu dem Hier und Jetzt ziehen können.
Titel: Die schwarze
Schar
Autor Nicolas Eames
Verlag: Heyne,
Softcover, 636 Seiten
ISBN:978345332095
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