Während Adolphus McGray auf den Orkney
Inseln weilt, um seine kranke Schwester zu besuchen, ereilt Ian Frey ein
Hilferuf von Millie Fletcher.
Millie Fletcher hat einen unehelichen
Sohn, der von dem Bruder ihres Dienstherrn gezeugt wurde. Sie gab das Kind in
die Obhut eines Pfarrers und die ganze Angelegenheit wurde von der Familie
Koloman vertuscht. Sie behielten Millie als Dienstmädchen, der Bruder von Mr.
Koloman verschwand von der Bildfläche und unternahm monatelange Reisen. Erst
auf seinem Sterbebett zeigte er Reue für sein Verhalten und änderte sein
Testament zu Gunsten seines unehelichen Sohnes. Die Kolomans möchten nun, dass
dieser Junge, Benjamin, in den Schoß der Familie aufgenommen wird aber Millie
Fletcher fürchtet um das Leben ihres Sohnes und bittet darum, dass McGray und
Frey in das abgelegene Herrenhaus kommen und Benjamin beschützen.
Eine glückliche Fügung, dass McGray sich
in der Nähe des Aufenthaltsortes des Jungen befindet und ihn somit zu den
Kolomans begleiten kann. Doch gerade,
als er in dem kleinen Ort ankommt, wird der Ziehvater des Jungen, der Pfarrer,
auf grausame Weise ermordet. Es scheint, als seien Millies Befürchtungen
berechtigt.
Ian Frey, der noch nichts von dem Mord
an dem Pfarrer weiß, begibt sich, zusammen mit seinem Onkel Maurice, auf die Reise
zu dem Landsitz der Kolomans. Er hofft auf einen unbeschwerten Aufenthalt in
frischer Landluft mit gutem Essen und hervorragenden Wein. In den Töchtern der
Kolomans finden sie angenehme
Gesellschaft, doch unaufhaltsam wendet sich das idyllische Bild zu etwas
absolut grauenhaftem und schon bald folgt ein weiteres Opfer.
Kommentar:
Dieses Mal gehen der urige Schotte und
der englische Dandy zuerst getrennte Wege. Während McGray seine Schwester
besucht, die mittlerweile in einer Anstalt auf den Orkney Inseln untergebracht
ist, sitzt Ian Frey etwas gelangweilt in Edinburgh. Zum Glück kommt ihn sein
Onkel Maurice besuchen, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat und in dem er
eine Vaterfigur sieht. Im letzten Band war es sein Bruder Elgie, der ihn
unterstützt. Es scheint, als wäre bei jedem der Fälle einer der Verwandten des
Engländers anwesend. Sehr zum Verdruss des Schotten, der die Schnösel alle
nicht leiden kann.
Sowhl Ian als auch Maurice sehen in dem
Ausflug zum abgelegenen Loch Maree ein kleines Abenteuer, sie rechnen nicht mit
irgendwelchen Gefahren und nehmen die Morddrohungen gegen Benjamin nicht
ernst. Die Kolomans besitzen ein großes
Herrenhaus, sie sind gebildet, zivilisiert und interessieren sich sehr für die
Wissenschaften. Auch die beiden Töchter, Natalja und Veronika nehmen an den
Forschungen des Vaters teil. Maurice ist von Viktoria sehr angetan und nimmt
das Angebot, im Herrenhaus statt im Gasthof zu wohnen, gerne an. Ian Frey
bleibt nichts anderes übrig als seinem Onkel zu folgen, auch wenn er
befürchtet, dass seine Ermittlungen durch zu viel Nähe zu den Kolomans
beeinflusst werden.
Bald darauf treffen auch Adolphus Mc
Gray, Benjamin und Dominique Koloman auf dem Anwesen ein. Dominique gibt sich
seinem Cousin gegenüber offenherzig und freundlich, doch hinter dieser
Freundlichkeit verbirgt sich etwas düsteres. Kurz nach ihrer Ankunft auf dem
Herrensitz wird der Dorfpolizist McEwan ermordet. Ein Mann, der allen verhasst
war und die Anzahl der Verdächtigen ist groß. Auf einer der Inseln im Loch
Maree lebt die Familie Nellys, die seit jeher von den Kolomans unterstützt
wird. Ihr Sohn Lazarus war an Land, als McEwan ermordet wurde und schnell fällt
der Verdacht auf den jähzornigen jungen Mann. Aber auch Dominique und sein
Diener sind Verdächtige, da sie sich zur Tatzeit nicht im Herrenhaus
aufgehalten haben.
Nach und nach stellt sich heraus, dass
beide Familien ein Geheimnis verbindet, das nicht gelüftet werden darf. Somit
sind die beiden Inspektoren und Maurice in höchster Gefahr. Ein Verwirrspiel ohnegleichen
beginnt und die beiden Ermittler wissen bald nicht mehr, woran sie sind.
Dies ist mittlerweile der vierte Band um
die beiden sehr gegensätzlichen Inspectors. Band eins war für mich ein
gelungener Auftakt, mit zwei Charakteren, die sich gegenseitig an bösen Worten
und Gehässigkeiten nichts geschenkt haben. Der Schlagabtausch der beiden Männer
war witzig, boshaft und sehr einfallsreich. Band zwei dagegen mochte ich nicht,
er war düster, beklemmend und es fehlte der Charme des ersten Bandes. Der
dritte Fall vermochte mich wiederum zu fesseln, alleine das Ensemble um Henry
Irving war einfach wunderbar skizziert. Und nun der vierte Fall der beiden sehr
unterschiedlichen Männer. Der Part um Ian Frey wird aus der Ich-Perspektive
erzählt. Der Wechsel der Erzählstruktur erhöht die Spannung und der Leser weiß
immer gleich, welchen der beiden Ermittler er gerade begleitet. Die Geschichte
beginnt völlig harmlos und die unbeschwerte Heiterkeit von Maurice sorgen für
eine ausgelassene Stimmung. Er ist ein Lebemann, der die positiven Seiten des
Lebens genießt, der nie geheiratet hat und in seinem Neffen so etwas wie einen
Sohn sieht. Er ist Ian Frey in vielem ein Vorbild, nur die Sorglosigkeit seines
Onkels hat der Neffe nicht geerbt. Allerdings denkt sich auch Frey nichts
dabei, seinen Onkel mit auf den abgelegenen Herrensitz der Kolomans
mitzunehmen. Was soll schon großartig passieren?
Auch der erste Tag auf dem Landsitz
vermittelt einen harmlosen Eindruck, die Kolomans gehören der
gesellschaftlichen Oberschicht an und ihr Landsitz verfügt über alle
Annehmlichkeiten des modernen Lebens.
Erst nach und nach schleicht sich ein leichtes Grauen ein. Die Fassade
ist zu perfekt, die Menschen zu sehr bemüht, das Szenario gleicht der Kulisse
eines perfekt inszenierten Theaterstücks.
Der beißende Spott bleibt den beiden
Inspektoren bald im Halse hängen und sie müssen etwas tun, was sie bisher kaum
geschafft haben " zusammen arbeiten", denn ihrer aller Leben hängt davon ab.
Trotz allem hat mich die Geschichte
nicht ganz überzeugt, ich fand sie teilweise etwas konfus und ich konnte ihr
manchmal nicht ganz folgen. es war schlichtweg des Guten zu viel. Dennoch war
die Lösung überraschend und spannend, sprachlich gibt es bei diesem Autor
absolut nichts auszusetzen. Allerdings wurde der Satz "es lief mir ein
kalter Schauer über den Rücken" arg überstrapaziert und erinnerte eher an
die Schauerromane des 19 Jahrhunderts. Das mag vielleicht auch so vom Autor
gewollt sein, denn der ganze Roman erinnert an Geschichten von Wilkie Collins
oder anderen Autoren dieser Zeit. (Die ich nicht nennen darf wegen
Spoilergefahr)
Vorne im Buch befindet sich eine Karte
der Gegend mit den vielen Inseln im Loch Marree, so kann man den Geschehnissen
ohne weiteres folgen. Ein running gag
ist die Seekrankheit von Adolphus Grey, den schon die Übelkeit befällt, sobald
er nur in einem kleinen Boot sitzt. Da sich die Ereignisse auf den vielen
kleinen Inseln abspielen, hat der Inspector somit reichlich Gelegenheit, sich
die Seele aus dem Leib zu kotzen und Ian Frey stets eine Steilvorlage für
dessen scharfzüngigen Sprüche zu
liefern.
Fazit:
Alles in allem ein unterhaltsamer Krimi
mit kleinen Unzulänglichkeiten, die aber rein subjektiv empfunden werden. Band
eins und drei sind meine Favoriten aber auch diese Geschichte vermag zu
fesseln.
Ich bedanke ich beim Verlag für das
Rezensionsexemplar.
Titel: Im Bann der Fledermausinsel
Reihe Ein Fall für Frey und McGray Band
4
Autor: Oscar de Muriel
Verlag: Goldmann, TB, 57 Seiten
ISBN: 9783442488872
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