Das Jahr 1611
Barbara und ihr Mann
Friederich leben glücklich und zufrieden dem kleinen Dorf Pfüeln. Ihr Glück
wird vollkommen, als ihre Tochter Greta geboren wird. Das Paar ist im Dorf
allseits beliebt und ihre Tochter ist ein kleiner Sonnenschein Durch die Bäckerei haben die Eheleute ein
kleines Auskommen und Barbara läuft ihrem Mann als Bäcker bald den Rang ab, da
sich ihre Torten großer Beliebtheit erfreuen.
Die junge Frau ist in
der Kräuterkunde ebenso bewandert wie im Backhandwerk und so steht sie vielen Bewohnern
des Ortes oft hilfreich zur Seite und kuriert ihre Wehwechen. Der Friede des
Ortes und das harmonische Zusammenleben der Bewohner werden jäh gestört, als
Barbara plötzlich der Hexerei bezichtigt wird. Niemand glaubt diesen
Anschuldigungen, ist Barbara doch für ihre Gläubigkeit bekannt.
Doch sind die Zweifel
erst einmal gesät…
Das Jahr 2011
Marcus, Jan und Dirk
sind seit ihrer Schulzeit die dicksten Freunde. Obwohl sie sehr
unterschiedliche Charaktere sind und verschiedene Weltanschauungen haben, stört
das ihre Freundschaft nicht. Alle drei jungen Männer lernen etwa zur gleichen
Zeit ihre Traumfrau kennen, heiraten und werden Vater einer Tochter. Und auch
drei Ehefrauen, sowie die drei Töchter freunden sich miteinander an. Das alles
erscheint mehr als zufällig und bald stellen die drei Freunde fest, dass ein
Ereignis aus der Vergangenheit sie alle miteinander verbindet.
Kommentar:
Es handelt sich hier
um eines der schrecklichsten Bücher, welches ich in den letzten Jahre gelesen
habe. Nicht schrecklich im Sinne von schlecht sondern schrecklich weil ich beim
Lesen eine Achterbahnfahrt der Gefühle durchlebt habe. Das Buch hat mich
emotional sehr berührt und ich habe die Ereignisse förmlich miterlebt und mit
erlitten. Wenn ein Autor es schafft, den Leser so in seine Geschichte
hineinzuziehen, dann hat er alles richtig gemacht.
Die Erzählung beginnt
völlig harmlos. Wir erleben mit, wie Barbara ihrem Friederich das erste Mal
begegnet, zwei Menschen, die füreinander geschaffen sind. Dieses Glück strahlt
auch auf die Nachbarschaft über, ihre warmherzigen und hilfsbereiten Wesen machen
sie im ganzen Ort beliebt. Während des Backens singt Barbara die Lieder, die
sie in der Kirche gehört hat und ihre glockenklare Stimme erfreut das ganze
Dorf. Greta kommt ganz nach ihrer Mutter. Sie ist ein liebenswertes und sehr
wissbegieriges Kind. Schon im Alter von sechs Jahren kann sie verschiedene
Kräuter auseinanderhalten und kennt deren Wirkung. Oft begleitet sie ihre
Mutter, wenn diese den Dorfbewohner heilende Tränke bringt. Das Leben ist
Pfüeln ist nicht einfach aber der Vogt des Ortes sorgt für seine Menschen und
schaut, dass niemand ungerecht behandelt wird. Sowohl der Pfarrer als auch der
Vogt hegen große Zuneigung zu der jungen Frau und ihrer hübschen Tochter, es
scheint unvorstellbar, dass diese dörfliche Idylle jemals getrübt wird. Doch
Neid und Missgunst finden sich überall und so wird Barbara der Hexerei
bezichtigt.
Ian Cushing strebt
langsam aber zielstrebig dem Höhepunkt entgegen. Wie Barbara selbst, glaubt
auch der Leser nicht an eine echte Gefahr. Wir, mit dem Verstand und diesem
Wissen des 21. Jahrhunderts können uns einfach nicht vorstellen, dass man den
haltlosen Anschuldigen Glauben schenkt. Aber auch heute kommt es durchaus zu
Rufmord und wenn man die teilweise sehr gehässigen Posts im Internet liest, hat
sich seit dem 17. Jahrhundert nicht viel verändert. Der Mensch bleibt sich selbst
sein ärgster Feind. Zu Barbaras Leidwesen weilt gerade der Bannrichter Justus
Arbiter beim Vogt zu Gast, ein selbstgerechter und anmaßender Mensch, der keinerlei
Gnade kennt.
Wenn man diese Passagen
liest, bekommt man einen regelrechten Hass auf diesen Mann. Er ist das
wandelnde Klischee eines Hexenverfolgers und lässt keine Argumente gelten, die
zu Barbaras Gunsten sprechen. Hier schwanken die Emotionen des Lesers zwischen
Hass, Wut und Trauer, man fühlt sich, ebenso wie Barbara und der Vogt, absolut
hilflos gegenüber solcher Ignoranz und Willkür. Dieses Mannes.
Die Geschichte
pendelt zwischen den zwei Epochen hin und her. Immer wenn man meint, es nicht
länger zu ertragen, erfolgt ein Bruch und man befindet sich im Jahr 2011. Auch
hier beginnt alles ganz harmlos. Die drei Paare sitzen beim ihrem
Lieblingsgriechen und feiern ihr Wiedersehen. Dirk war mit seiner Frau
Manuela aus beruflichen Gründen nach
Weimar gezogen. Als Manuela bei der Geburt ihrer Tochter Lilly starb, kehrte
Dirk zurück nach Pfuhlenbeck und die drei Musketiere sind endlich wieder
vereint. Es fügt sich gut, dass ihre Töchter in die gleiche Schule gehen und
auch die Ehefrauen relativ gut miteinander auskommen. Zwar hinterlässt der Tod
von Manuela eine Lücke aber Dirk konzentriert sich ganz auf seine Tochter und
scheint relativ glücklich. Alles wirkt sehr lebendig, menschlich und
überzeugend. Eine Alltagsszene, wie man sie besser kaum beschreiben kann.
Marcus ist der erste
der drei Freunde, der ungewöhnlichen und bedrohlichen Besuch erhält. Natürlich
erzählt er seinen Freunden von dieser Begegnung, auch wenn sie bei Tageslicht
eher wie ein Alptraum erscheint. Dirk merkt sofort, dass Jan ihnen etwas verheimlicht,
die Geschichte von Marcus scheint bei Jan etwas auszulösen, doch er schweigt.
Ab da wird der Leser
ebenfalls mit unendlichem Leid, Trauer, Wut, Hilflosigkeit, Ungerechtigkeit und Schmerz konfrontiert. Der Autor verschont
weder seine Charaktere noch seine Leser und er geht konsequent seinen Weg. Kein
Mitleid, kein Einknicken in letzter Sekunde, kein Erbarmen. Ich war teilweise
fassungslos wie grausam Ian Cushing mit seinen Figuren umgeht. Manchmal wusste
ich nicht, ob ich ihn nicht mehr hasse als die Figuren in seinem Buch. Denn
letztendlich hat er sich diese Geschichte ausgedacht und stürzt mich somit in
eine emotionale Krise.
Was für eine
großartige Geschichte. Einfach aber beeindruckend. Sprachlich bewegt sich der
Autor auf sehr hohem Niveau. Was mir besonders gut gefallen hat ist die
sprachliche Abgrenzung der Jahrhunderte. Die Sprache
des 17. Jahrhunderts
unterscheidet sich doch sehr von unsere Sprache und der Autor hat es geschafft,
diese Unterschiede das ganze Buch über aufrecht zu erhalten, ohne jeden Fehler.
Somit sind beiden Teile nicht nur zeitlich sondern auch sprachlich abgegrenzt.
Über das Cover wurde
schon viel diskutiert. Der Titel ist wirklich schwierig zu lesen aber dafür
steht er ja auf der Seite. Jede andere Schriftart hätte die Harmonie des
Gesamtbilds gestört. Wenn man die ersten Seiten gelesen hat, sieht man das Bild
noch einmal mit ganz anderen Augen, es wirkt eindringlicher und bedrohlicher.
Die Farben schwarz und Gold passen ausgezeichnet zueinander und geben einen schönen
Kontrast.
Fazit:
Für mich ist „Die
Tränen der Zauberschen“ ein Highlight des Jahres 2019. Und ich habe dieses Jahr
wirklich schon einige wunderbare Geschichten aus der Feder von Selfpublishern
gelesen. Also traut euch, auch abseits des Mainstream zuzugreifen.
Wer jetzt neugierig
geworden ist, findet unter folgendem Link eine schöne Auswahl an Bücher von
Selfpublishern. Die Seite befindet sich noch im Aufbau und ich hoffe, auch Ian
Cushing wird seine Bücher dort vorstellen.
Titel: Die Träne der Zauberschen
Autor: Ian Cushing
Verlag:
Selfpublisher, TB, 460 Seiten
ISBN: 978-3748580775
Von Ian Cushing habe ich schon ein Buch gelesen udn war beeindruckt. Seine literarische Qualität, die Sprache und der Bann, in der er einen zieht. Das hier werde ich definitiv lesen!
AntwortenLöschenDanke für die Vorstellung!
dann solte ich wohl das andere Buch auch lesen. Dieses hier war sehr schön
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