Victor Lawson ist ein
glücklicher junger Mann. Zusammen mit seinem Vater Giovanni, einem Tüftler, dem
Staubsaugerroboter Rambo und dem Pflegeroboter Schwester Grob lebt er abseits
jeglicher Zivilisation in einem Wald. Er hat alles, was er im Leben braucht und
mit Rambo und Schwester Grob zwei Freunde, die sich um ihn kümmern und stets an
seiner Seite sind.
Ihre Regeln lauten:
Bleibt stets zusammen
Flieht, falls nötig
Nicht trödeln
Nicht bohren (eine Regel, die
Schwester Grob ständig in Frage stellt)
In der Näher ihres Heims
befindet sich ein Schrottplatz. Die drei Gefährten gehen oft dorthin um nach
noch funktionierenden Teilen für ihre Bastelwerksatt zu suchen. Eines Tages
finden sie dort Teile eines Androiden, die noch intakt sind. Victor nimmt sie,
entgegen aller Vernunft, mit nach Hause und setzt den Androiden wieder
zusammen. Damit hat er Ereignisse in Gang gesetzt, die ihn und seine ganze Familie
bedrohen. Sein Vater wird entführt und Vic, Rambo, Schwester Grob und ihr neuer
Gefährte Tom machen sich auf den Weg in die geheimnisvolle „Stadt der elektrischen
Träume“, um Giovanni zu befreien.
Kommentar:
Obwohl das Buch nachdenklich stimmt und zeitweise auch sehr
traurig ist, habe ich das erste Drittel oft schallend gelacht. Rambo wirkt wie
ein kleiner achtjähriger Junge, der ununterbrochen redet. *Warum*
scheint eines seiner Lieblingswörter zu sein und seine Fragerei treibt Victor
oft zur Verzweiflung. Durch seine Redseligkeit verplappert er sich andauernd,
Geheimnisse zu bewahren ist nicht seine Stärke. Er schaut gerne romantische Filme und hofft
immer wieder, dass sich das Leben wie im Film entwickelt. Mit Musik, Tanz und
einem Happy End. Er ist ein liebenswerter Kerl, den man sofort ins Herz
schließt. Allerdings vergisst er alles um sich herum, wenn er Dreck sieht, denn
seine Lebensaufgabe ist es zu staubsaugen.
Schwester Grob ist das
Gegenteil von Rambo, sie nennt sich selbst soziophatisch aber damit macht sie
sich schlechter, als sie ist. Der Wechsel zwischen ihrem Empathie-Programm und
ihren normalen Ich ist herrlich. Sie verfügt über einen sehr schwarzen Humor
und möchte am liebsten immer und überall ihre Bohrer einsetzen (siehe Regel 4).
Aber sie steht Vic treu zur Seite und beschützt ihn vor allen Gefahren, soweit
es in ihrer Macht steht.
Giovanni mag es nicht, wenn
die Drei auf den Schrottplatz gehen. Nicht umsonst lebt er versteckt in einem
Wald. In einer Welt, in der die Maschinen an der Macht sind, ist das Leben
eines Menschen sehr gefährdet. Giovanni, der ebenfalls ein Roboter ist, weiß
das leider nur zu gut.
Als Vic den Androiden auf dem
Schrottplatz entdeckt und mit nach Hause nimmt, ahnt er noch nicht, in welche
Gefahr er seine Familie damit gebracht hat. Er repariert ihn. Dort, wo die
synthetische Haut fehlt, setzt er Holz ein, so dass das Geschöpf über ein
seltsames Aussehen verfügt. Und da die Batterie des Androiden erschöpft ist,
setzt Victor ihm ein selbst gebasteltes Herz ein
Als sie die Maschine anschalten,
erinnert sich diese nicht an ihre Vergangenheit. Sie nennen das Geschöpf TOM, da
das die einzigen drei Buchstaben sind, die sie von seiner ehemaligen
Bezeichnung erkennen können. Tom fügt sich nur schwer in die Gemeinschaft ein.
Vor allem Rambo mit seinem ewigen
Geplapper geht ihm gehörig auf die Nerven. Tom scheint eher der stille,
introvertierte Typ zu sein aber er saugt alles in seiner Umgebung auf ( nein,
nicht wie Rambo) und beobachtet Victor unentwegt. Er scheint fasziniert von ihm
zu sein und ganz langsam nähern sich die beiden sehr unterschiedlichen Wesen
an und werden Freunde.
Für mich ist diese seltsame,
gefühlvolle und wunderschöne Geschichte ein Highlight des Buchjahres 2023. Ich
habe zuerst Mr. Parnassuss gelesen und war skeptisch, ob mir ein Buch, in dem
nur Roboter eine Hauptrolle spielen (außer Vic) gefallen könnte. Ich habe es
vom ersten Satz an geliebt.
Hier ein paar sehr schöne Zitate:
Seite 134:
Es gab einmal einen Blechmann
der sagte: Ich nehme das Herz denn Verstand macht nicht glücklich, und Glück
ist das beste Gefühl auf der Welt.“
Seite 138:
„Nein“, sagte Vic, „geh ganz
normal.“
„ Was ist normal?“, fragte Tom
„Etwas, das es hier nicht gibt“,
warf Schwester Grob ein.
Und damit hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen denn nichts an dieser Patchwork Familie oder der Welt ist normal. Wie auch in der Realität, werden Menschen eliminiert, weil deren Nachfolger meinen, alles besser machen zu können. Und letztendlich begehen sie die gleichen Fehler, getrieben von Gier nach Macht und Reichtum (der hier sicher anders definiert wird).
Noch ein Zitat von Seite 278
„Egal, was wir Maschinen
können, egal, wie mächtig wir werden, die Abwesenheit von Fehlern wird unser
Verderben sein. Wie soll diese Welt überleben, wenn alle maschinell
hergestellten Dinge bis ins letzte Detail perfekt sind? Mit Musik, die bar
jeder Wut oder Freude ist. Unser einziger Fehler ist es, dass wir uns selbst
dazu verdammt haben, auf ewig jene zu imitieren, denen wir das Existenzrecht absprechen.“
Viele Leserinnen und Leser
haben sich durch den teilweise schrägen Humor etwas gestört gefühlt. Gerade,
wenn es um das Sexualleben von Victor geht (der ja keines hat) wird angemerkt,
dass die Figuren zu grob oder unsensibel handeln. Aber vielleicht vergisst man
hier einfach zu sehr, dass alle Mitglieder der Familie aus Robotern bestehen,
die menschliche Gefühle wie Scham oder Frustration nicht nachvollziehen können.
Sie sprechen alle Themen sehr direkt an, ohne sich Gedanken darüber zu machen,
wie das auf Victor wirkt. Für sie ist Victor ein Teil ihrer Gemeinschaft und
sie behandeln ihn gleichberechtigt. Gespräche über Liebe, Zuneigung, Trauer,
Hass oder Freude werden eher emotionslos geführt, auch wenn sowohl Rambo als
auch Schwester Grob durchaus Gefühle für ihren menschlichen Freund entwickeln
und täglich mehr über das menschliche Verhalten lernen, es sogar teilweise
übernehmen. Man vergisst als Leser dann oft, dass es sich nur um Roboter handelt, wird aber dann doch
immer wieder brutal darauf gestoßen.
Fazit:
Eine skurrile und sehr symphytische
Familie, die zeitweise menschlicher handelt als wir Menschen. Ein lustiges,
trauriges, zum nachdenken anregendes Buch über eine Welt, die durchaus unsere Zukunft werden könnte.
Titel: Die unerhörte Reise der
Familie Lawson
Autor: T.J. Klune
Verlag: Heyne, TB, 472 Seiten
ISBN: 9783453321458
Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenDas klingt wieder nach einer wunderbaren Geschichte mit einem guten Anteil Humor, aber eben auch der gewissen Tiefgründigkeit und Berührtheit, die ich bisher aus den anderen beiden Büchern von ihm kenne. Ich freu mich schon sehr drauf! :)
Liebste Grüße, Aleshanee
Hallo,
AntwortenLöschenich habe das Buch auch dieses Jahr gelesen. Ich fand es ziemlich gut, aber nach Mr. Parnassuss war es mir nicht emotional genug. Das liegt allerdings in der Natur der Sache. Viktor ist der einzige Mensch in diesem Buch. Alle anderen sind Roboter und können Emotionen nicht so ausstrahlen. Zudem ist die Grundstimmung des Buches einfach depressiver, weil man als Leser ja mehr Informationen hat. Man weiß oder ahnt es zumindest, dass Viktor der letzte Mensch ist, während er es erst im Laufe des Buches erfährt. Zudem bin ich immer etwas skeptisch, was Emotionen von Robotern anbetrifft. Ich kann mir nicht vorstellen wie das mit Maschinen und Emotionen gehen kann. Sie sind ja nur programmiert. Aber es hat sich super gelesen und die Geschichte war auch interessant.
Liebe Grüße Christin
Ich bin mir sicher, den Beitrag kommentiert zu haben, ich freue mich immer total, wenn jemand sich die Mühe macht. Also nochmal: Ich denke, dass das Thema nicht so einfach war. Ich lese sehr gerne Robotergeschichten, habe vor zig Jahren mit Asimov angefangen und Caliban von Roger NcBride Allan ist mein Lieblingsroboterbuch. Es geht ja darum, dass die KI lernen und alles kopieren, was der Mensch macht. Und ich fand es bemerkesnwert, dass die KI letzendlich festgestellt haben, dass es ohne Emotionen nichts schönes gibt. Vielleicht ist das Buch etwas übertrieben aber wir gehen rasant in die Richtung, dass KI in unserem Alltag integriert sind, mal sehen, wie sich das entwickelt.
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