07 Oktober 2023

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu von Tom, Lin

Ming Tsu war ein Waisenkind. Er wurde aus einem Waisenhaus geholt und von seinem Ziehvater als Killer ausgebildet. Seinen ersten Mord beging er als Jugendlicher, hunderte weitere sollten folgen. Doch auch Killer haben ein Herz und so verliebt sich Ming Tsu in Ada. Er lernt sie ausgerechnet in einer Opiumhöhle kennen, denn Ada ist gelangweilt vom Leben und möchte Aufregendes erleben. Ming Tsu und Ada verlieben sich und gehen eine Beziehung ein. Gegen den Willen von Adas Familie. Ein Chinese und eine weiße Frau, das ist im Jahr 1849 in Affront. Es kommt, wie es kommen muss. Adas Vater trommelt einige Schläger zusammen, sie überfallen Ming Tsu, prügeln ihn fast zu Tode und klagen ihn einiger Verbrechen an. Adas Vater hat alle auf seiner Seite, den Sheriff und den Richter und er hat gekaufte Zeugen. Ming Tsu wird zur Zwangsarbeit beim Eisenbahnbau verurteilt. Mehrere Jahre verbringt er dort in Knechtschaft, bis sein Ziehvater stirbt. Nun frei von allen Bindungen, begibt sich Ming Tsu auf eine erbarmungslose Verfolgungsjagd die ihn hunderte Meilen quer durch den Kontinent führt.
Kommentar:
Ich weiß nicht so genau, was ich von diesem Buch halten soll. Es ist ein bisschen John Wick im wilden Westen aber ich gebe zu, dass mir Blaine Williams von Anton Serkalow wesentlich besser gefallen hat. Das liegt unter anderem daran, dass man für Ming Tsu keine große Sympathie empfindet. Er ist ein Killer und er löst seine Probleme grundsätzlich mit der Waffe, Kollateralschäden sind für ihn akzeptabel. Er ist absolut kompromisslos. Genau das macht aber den Reiz des Buches aus. Tom Lin bedient sich einer sehr knappen und schnörkellosen Sprache, was die Geschichte sehr eindringlich macht. Hier ein paar Sätze um einen Eindruck zu vermitteln:

Ein Mann muss vorbereitet sein
Ein Körper muss sich spurenlos durch die Welt bewegen
Ein Mann hat immer eine Waffe bei sich
Traue nie einem Verbrecher
Hänge nie einen unschuldigen
Ein Killer sollte sich nie von seiner Wut leiten lassen

Ming Tsu, ist ein Mann, der viele Rechnungen zu begleichen hat und der sich von seinem Weg nicht abbringen lässt. Einige der Männer, die ihm damals Ada geraubt haben sind schon eliminiert, als er unterwegs auf die Wandertruppe stößt. Ein wahres Kuriositätenkabinett unterschiedlicher Wunder auf zwei Beinen. Zusammen ziehen sie weiter, eine Vereinbarung, die beiden Parteien nützt, er wird entlohnt und beschützt sie dafür, bis er für sie zur Gefahr wird.

Das Buch ist in drei Abschnitte aufgeteilt.
Er reist alleine, dann ist er mit dem Wanderzirkus unterwegs  und die letzte Etappe reist er mit dem blinden Propheten weiter.
Das Buch wird als Thriller geführt, das ist meines Erachtens völlig falsch und führt zu Erwartungen, die das Buch nicht unbedingt erfüllt. Dieser Roman ist so vieles mehr.
Es ist eher eine seltsame Konstruktion aus Western, Mystery und Mord und Totschlag mit einem Hauch Fantastischem. Gerade der Wanderzirkus bringt diesen Aspekt mit hinein, ebenso der blinde Prophet, der Ereignisse voraussehen kann. Die Verbindung zwischen den beiden Männern ist mir bis zum Schluss nicht ganz klar geworden. Warum der Prophet bereit ist Ming Tsu zu begleiten und ihm hilft.
Ich lese sehr gerne Western. Longmire, die Bücher von Tony Hillermann und Anton Serkalow. Daher war ich neugierig auf diesen Roman. Er war völlig anders als erwartet aber ich war nichtsdestotrotz gefesselt, auch wenn ich Ming Tsu nie leiden konnte. Das zeigt aber, dass der Autor der Figur treu geblieben ist, sie nicht verbogen hat, um sie symphytischer zu machen. Ming Tsu ist ein Killer, ein Überlebenskünstler, ein Einzelkämpfer, gnadenlos in seiner Wut. Ich kann mir dieses Buch gut als Film von Quentin Tarrantino vorstellen. Wer die Filme kennt, kann erahnen, wie es hier zugeht.
 
Fazit:
Eine Geschichte, die man so nicht erwartet, wenn man das Buch sieht und den Klappentext liest. Es steckt viel mehr in diesen 301 Seiten. Kein klassischer Western aber absolut lesenswert.
 
Titel: Die tausend Verbrechen Ming Tsu
Autor: Tom Lin
Verlag: Suhrkamp Verlag, TB, 301 Seiten
ISBN: 978-3518472842

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