31 März 2023

Der Mann, der Sherlock Holmes tötete von Graham Moore

 

1893: Sir Arthur Conan Doyle ist es leid, dass sein Schaffen nur auf Sherlock Holmes reduziert wird. Er hasst seine Figur und, wie alle Sherlock Holmes Fans wissen, tötet er den berühmten Detektiv. Er ließ ihn die Reichenbachfälle herunterstürzen.
Nur hatte der Schriftsteller nicht mit der Reaktion des Volkes auf diese grausame Tat gerechnet. Eine alte Dame schlägt ihm ihre Handtasche ins Gesicht und schreit »Mörder«, er bekommt Hassbriefe und alle gipfelt in einer Briefbombe, die zum Glück nicht so zündet wie geplant.
Seine Anzeige bei Scotland Yard fruchtet nichts. Um zu beweisen, dass er ebenso klug und begnadet ist wie seine Romanfigur begibt er sich auf die Suche nach dem Attentäter und wird auch bald fündig. Was nach einem einfachen Attentat aussieht erweist sich aber bald als eine viel größere Sache und gipfelt in die Aufklärung von Mord.
2010:Harold White ist das jüngste Mitglied, das je bei den »Baker Street Irregulars« aufgenommen wurde. Zitat »Die Baker Street Irregulars war die weltweit führende der Vereinigungen, die sich den Sherlock Holmes Studien verschrieben hatte«. Sie besteht meist aus verschrobenen alten Kerlen und Harold, mit seinen 29 Jahren, passt ausgezeichnet dazu, denn er ist etwas linkisch und weltfremd, würde eher in das Zeitalter des großen Detektivs passen als ins 21.Jahrhundert.
Für das diesjährige Treffen ist eine kleine Sensation angesagt, denn Alex Cole, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, hat angeblich das verschwundene Tagebuch des Arthur Conan Doyle gefunden, das weiteren Einblick in das Schaffen des großen Autors gewähren soll.
Bevor Alex das Buch jedoch präsentieren kann, wird er ermordet in seinem Hotelzimmer aufgefunden, das Tagebuch ist erneut verschollen.
Harold macht sich an die Auflösung des Verbrechens, zusammen mit der Reporterin Sarah, die sich heimlich in die illustre Versammlung geschlichen hat.
Nach seinem Vorbild Sherlock Holmes untersucht Harold die Spuren akribisch und keiner Lösung des Falles immer näher.
Beide Männer, ACD und Harold White müssen sich allerdings fragen: » Wenn man alle Antworten kennt, ist man dann glücklicher?«

Kommentar:
Letzte Woche, bei den Top Ten Thursday, wurde dieser Titel genannt und mir fiel ein, dass ich das Buch ja noch im Regal stehen habe. Nach einem Besuch in London mit einer Stippvisite in die Baker Street war es genau die richtige Lektüre zur richtigen Zeit.
Und was für einen Spaß hat es gemacht, diese Geschichte zu lesen. Es beginnt damit, dass Arthur Conan Doyle sich mit einigen Reisebegleitern die Reichenbachfälle anschaut und dabei eine Hasstirade über Sherlock Holmes vom Stapel lässt. Eine Figur, die ihm zwar Geld eingebracht und somit einen bequemen Lebensstil ermöglich hat, die aber all seine andere schriftstellerische Tätigkeit in den Hintergrund rückt.  Als er beschließt, sich von der Figur zu trennen ahnt er nicht, was für einen Shitstorm er damit auslöst. Ich stelle mir so etwas in der heutigen Zeit mit all den (a)sozialen Medien vor, der Mann wäre regelrecht vernichtet worden. Als er die Paketbombe erhält ist für ihn das Maß voll.  Wie in seinen Romanen mit SH, hält Arthur Conan Doyle auch in seinem realen Leben die Polizei für völlig unfähig und er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Zusammen mit seinem Freund Bram Stoker fängt er an zu den Spuren zu folgen. Bram Stoker ist nicht gerade begeistert von seiner Rolle als Watson. Ein herrliches Zitat von Seite 114, das seine Meinung kundtut: »Watson ist ein billig erkaufter, rein auf den Effekt gemünzter kleiner Pisser von einem literarischen Hilfsmittelchen. Holmes braucht ihn zur Lösung seiner Kriminalfälle ungefähr so dringend wie eine Fußfessel aus Pflastersteinen.«
Trotzdem hilft Stoker seinem Freund bei den Ermittlungen, denn er kennt sich in den Randzonen Londons wesentlich besser aus und weiß die Menschen zu nehmen.
Harold White ist ein naiver junger Mann, der mit seiner Deerstalker-Jagdmütze und seinem altbackenen Auftreten eher lächerlich wirkt. Im Alter von 29 Jahren schon in diese illustre Vereinigung aufgenommen zu werden ist wie ein Ritterschlag. Er hat sein Ziel erreicht, doch was kommt jetzt? Der Mord an Alex Cole gibt Harold die Möglichkeit, auf den Spuren seines großen Vorbildes zu wandeln und er stellt sich dabei nicht dumm an. Die junge Journalistin Sarah hängt sich an den Hobbydetektiv, denn sie erhofft sich eine große Story und sie erkennt auch, dass Harold durchaus fähig ist, einen Mord aufzuklären.
Die beiden Erzählstränge wechseln sich ab, was die Spannung ungemein erhöht. Während alle nach dem verschwundenen Tagebuch suchen, erfährt der Leser nach und nach, was in diesem Zeitraum geschah. Alles beginnt relativ harmlos, gipfelt aber in einen Höhepunkt, der mir regelrecht den Atem verschlagen hat.
Graham Moore ist es gelungen, mich genauso zu fesseln wie Arthur Conan Doyle, doch er verfügt über wesentlich mehr Humor und ich habe über die Tiraden des ACD oft lachen müssen. Das braucht es auch bei der Brutalität der Morde und deren Auflösung.
 
Fazit:
Ein Blick in das Innenleben des Arthur Conan Doyle, seiner ambivalenten Beziehung zu Sherlock Holmes. Ein spannender Kriminalfall, des großen Detektivs würdig und mit Harold ein liebenswerter Charakter dem man gerne folgt. Für mich war Bram Stoker das Bonbon, denn Dracula ist eines meiner ewigen Lieblingsbücher.
 
Titel: Der Mann, der Sherlock Holmes tötete
Autor: Graham Moore
Verlag: Eichborn, Hardcover, 478 Seiten
ISBN: 9783847900382

2 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Freut mich, dass du dir das Buch direkt geschnappt und gelesen hast! Es hört sich wirklich sehr spannend und originell an - ich freu mich jetzt jedenfalls noch mehr darauf :D

    Ich wünsch dir ein schönes Wochenende!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ich hatte plötzlich Lust drauf. und mir hat es echt Spaß gemacht. Ich hoffe, Dir gefällt es dann auch

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