18 April 2020

Der Duft vom Bild von Dorit Mitev


https://mysticverlag.de/buecher/der-duft-vom-bild/
Wie Orpheus schon einst erfahren musste, hängt von der öffentlichen Meinung viel ab.
Katalina Traikov hat den Traum das perfekte Bild zu malen.  Ein Bild, welches alle Sinne des Menschen anspricht. Nicht nur die Augen, auch die Nase, das Ohr, bis tief in die Seele hinein.
Um die Materialien für dieses Meisterwerk zu finden, begibt sie sich mit ihrem Mann Djako nach Bulgarien. Hier, in einem Land, in dem alles noch ursprünglich ist,  findet sie nicht nur die außergewöhnlichsten Zutaten für ihr geplantes Werk sondern auch die Ruhe in der Natur und Inspiration. Sie begegnet verschiedensten Menschen, die ihr alle einen kleinen Hinweis geben, wo sie das Besondere finden kann. Bei einem alten Uhrmacher erhält sie Goldstaub, in einer Höhle sammelt sie seltenen zermahlenen Kristallstaub und nach und nach hat sie alle Zutaten beisammen.
Die Hütte Milos, Djakos Bruder,  abseits aller bekannten Routen, ist der perfekte Ort um ein perfektes Bild zu erschaffen. Ruhe, köstliche und einfache Mahlzeiten, Natur, Freundschaft und Liebe, Tiere, welche der Malerin zuschauen, all das fließt in die malerische Komposition ein.
Nur, wird die Welt das Bild als das erkennen, was es ist?

Kommentar:
Mir wurde das Buch empfohlen und ich freue mich über jeden Geheimtipp. Zugegebenermaßen war ich nach den ersten Seiten skeptisch. Der Besuch bei  Strawinsky liest sich sehr verworren. Erst im Laufe der Geschichte wird die Rolle dieses alternden Künstlers offenbar. Wäre die Geschichte in diesem Stil fortgeführt worden, ich hätte das Buch abgebrochen. Und eine schöne Geschichte verpasst.
Katalina und Djako sind beide noch jung. Der aus Bulgarien stammende Mann ist seiner Frau regelrecht verfallen. Sie sind Ying und Yang, jeder hat in dem anderen seine verwandte Seele gefunden. Djako unterstützt seine Frau in ihrem Vorhaben und er ist sich sicher, dass sie in seiner Heimat alles finden wird, um ihren Traum zu verwirklichen.
Milo lebt alleine in einer Hütte abseits des alltäglichen Lebens. Er und Djako haben sich lange nicht mehr gesehen und er freut sich, dass er ein Teil des Unterfangens werden kann. Stück für Stück erleben die beiden Männer, wie diese außergewöhnliche junge Frau ein einzigartiges Gemälde entstehen lässt. Beeinflusst von der alten Frau, die ihr einen besonderen Schal schenkt und von den fünf Tieren, die sie während des Malens beobachten. Tiere, die einer Legende nach schon seit Äonen durch die Wälder streifen.  Der Abschnitt in Bulgarien besticht durch seine Ruhe und Friedfertigkeit, der Leser entspannt sich unbewusst und lässt sich von der Szenerie einfangen. Köstliches Essen, das einem das Wasser im Munde zusammen laufen lässt, dazu die passenden Getränke und freundschaftliche, friedvolle Gespräche. Eine Auszeit von der Welt mit all ihrem Stress.
Sprachlich habe ich einige Probleme mit dem Erzähl bzw. Schreibstil von Dorit Mitev. Ihre Sprache ist sehr ambivalent, teils sehr poetisch und bildhaft, teilweise sind mir die Sätze aber auch zu überfrachtet. Ein Beispiel von Seite 153: « wild durcheinander lagen die Windgepeitschten auf der Oberfläche der modrigen Zersetzung.»
Ebenso irritierend finde ich es, dass teilweise der Genitiv , teilweise aber der Dativ für den gleichen Satz verwendet wird. Im Titel »der Duft vom Bild«, im Roman aber auch »der Duft des Bildes«.  Da ich ein absoluter Fan des Genitiv bin, hat mich dieser Wechsel im Lesefluss sehr gestört.  ( Bsp. auch: » er bemächtigt sich dem Fingerkleid «).  Es gibt keine eigentlichen Kapitel im Buch, der Wechsel erfolgt in Form von Großbuchstaben, besonders betonte Wörter und Sätze sind in > < gesetzt. Das ergibt ein beachtenswertes Outfit.  Das Cover gefällt mir und rundet das Gesamtwerk ab.
Wenn man aber über diese sprachliche Eigenheiten hinwegsieht, entfaltet sich eine wunderschöne Geschichte vor dem Auge des Lesers, die hauchfeine, spinnenzarte Elemente  der Fantastik enthält. Ein Tuch, welches es Katalina ermöglicht, Tag und Nacht zu malen, ohne vor Erschöpfung zusammen zu brechen. Fünf leuchtende, schimmernde Hunde, die sie während ihrer Schaffensperiode beobachten. Es ist Sommer und auf Grund des warmen Wetters malt sie draußen. Das Rauschen des Windes in den Blättern, das Zirpen der Insekten, das Singen der Vögel, das Gluckern des Wassers, der Duft der köstlichen Gerichte, die Milo zubereitet, alles fließt durch den Pinsel mit in das Bild. Da die Autorin selber Künstlerin ist, hat sie sehr viele Details in die Geschichte einfließen lassen, was die Erschaffung eines Bildes betrifft. Ich fand dies sehr informativ und interessant, es war Neuland für mich.
Ob bewusst oder unbewusst schildert die Autorin hier auch, wie frauenfeindlich und absolut überheblich die Kunstwelt ist. Niemand traut einer jungen, betörend schönen und modernen Frau zu, ein Bild zu malen, wie die alten Meister. Sie  wird als Objekt der Begierde betrachtet, nicht als Künstlerin.  Ich, als absolute untalentierter Mensch, finde es verstörend, dass die Kunst nicht um der Kunst willen akzeptiert wird. Es sollte lediglich um das Objekt gehen und nicht um den Erschaffer. Es ist toll zu lesen, wie das Ehepaar, zusammen mit Milo, es schafft, die Welt an der Nase herumzuführen.
Nach der Schaffensphase in Bulgarien geht es darum, das Bild zu präsentieren.  Hier habe ich mich köstlich amüsiert, denn das Werk offenbart all die Gier, Habsucht und den Neid des Menschen.  
Fazit:
Eine Geschichte, die sich langsam entfaltet und erst nach und nach ihr volles Potenzial zeigt. Man meint, das Buch habe mehr als 276 Seiten, es enthält eine Fülle von Eindrücken und hallt nach. Nichts für den Leser leichter Kost  aber wer eine außergewöhnliche Sprache und andersartige Geschichten mag, wird seine Freude daran haben.
Autor: Dorit Mitev
Verlag: Mystic Verlag, TB, 276 Seiten
ISBN: 9783947721429

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