11 Januar 2020

Der Fluch des Hauses Fokett ( Gower Street detective Band 2) von M.R. Kasasian


London ist bekannt für seine vielen Clubs, die aus teilweise sehr skurrilen Gründen oder abstrusen Wetten entstanden sind. Doch so etwas wie der „Finale Sterbefall- Verein“ ist auch Sidney Grice bisher nicht untergekommen. Dabei handelt es sich um einen Verein, deren letztes überlebendes Mitglied in den Genuss des Vermögens der anderen Mitglieder kommt. Natürlich ist es absehbar, dass nun jeder der Teilnehmer dieser abstrusen Runde versucht, die anderen Vereinsmitglieder ins Jenseits zu befördern. Daher tritt Horatio Green, einer der Beteiligten, an den berühmten Detektiv heran. Dieser soll verhindern, dass die Mitglieder sich gegenseitig umbringen. Leider ist es zu spät, denn Horatio Green stirbt während seines Besuches bei Sidney Grice. Ein gefundenes Fressen für die Presse, die den Detektiv seit seinem letzten Fall noch immer auf dem Kieker hat.

Natürlich bleibt es nicht bei diesem einen Todesfall und der Ermittler kommt immer einige Sekunden zu spät. Es hat den Anschein, als spiele der Täter ein Spiel mit ihm und fordere ihn heraus.
Mit seinem Mündel March Middleton unternimmt Sidney Grice alles, um weitere Todesfälle zu verhindern, zumal Lady Foskett, eines der Mitglieder des Clubs, eine alte Bekannte des Ermittlers ist.
Kommentar:
Gegen Sydney Grice ist Sherlock Holmes ein wirklich netter und rücksichtvoller Gentlemen. Die Gemeinheiten, die der persönliche Ermittler von sich gibt, zeugen von absoluter Respektlosigkeit gegenüber den Menschen, allen voran March Middleton. Der Griesgram hat keine Freunde und seit dem Fiasko des letzen Falles gibt ihn die Presse der Lächerlichkeit preis. March Middleton ist oft das Opfer seiner bösen, spitzen Zunge und so ist es kein Wunder, dass sie gerne mal ein Glas trinkt oder eine Zigarette raucht, etwas, das im viktorianischen Zeitalter bei Frauen sehr verpönt ist.
Hier eine Kostprobe der Dialoge zwischen March und ihrem Patenonkel:
„Wir könnten einen Freund besuchen“, schlug March vor.
„Einen Freund?“, er zuckte angewidert zusammen. „Ich habe keinen Freund und wozu in aller Welt sollte ich einen haben wollen?“ Ihn schauderte. „Es ist wahrlich schlimm genug, March, ihr schrilles Gequassel Woche für Woche, tagein, tagaus zu ertragen.“
Die junge Frau ist allerdings sehr schlagfertig und gibt dem alten Griesgram oft Kontra. Sie hat jahrelang mit ihrem Vater, einem Militärarzt, in Kriegsgebieten gelebt und ihm als Krankenschwester assistiert. Das hat sie abgehärtet. Aber auch wenn sie über eine freche Schnauze verfügt und sich über Konventionen hinweg setzt, erfährt der Leser ebenso etwas über ihre gefühlvolle, sehr persönliche Seite. Was in Band eins begann, wird hier fortgesetzt. Ihre Tagebucheinträge  werden in Kursivschrift eingefügt und so erfahren wir mehr über die Vergangenheit  und das persönliche Unglück dieser wirklich symphytischen und mutigen jungen Frau.
Der Wortwitz in diesen Kriminalfällen sucht seinesgleichen. Während Sherlock Holmes zwar rüde ist, sich aber doch vor allem Frauen gegenüber meistens wie ein Gentlemen benimmt,, ist Sydney Grice ein ungehobelter Rüpel, der ausspricht was er denkt, ohne darüber nachzudenken, wie verletzend er ist. In diesem Roman erfahren wir ein wenig von seiner Kindheit aber warum er so ein boshafter und einsamer Mensch wurde, wird nicht erklärt.
Mir gefällt dieser viktorianische Krimi mit dem außergewöhnlichen Ermittlerteam sehr gut. Britischer, sehr schwarzer Humor mit viel Wortwitz.Trotzdem hat mir Band eins etwas besser gefallen. Die Ermittlung zieht sich hier sehr in die Länge und als Katzenfan kann man bei einigen Szenen nur den Kopf schütteln. Ich habe sie als unnötig grausam empfunden. Der Autor versucht hier einen Spagat zwischen einer morbiden, britischen Komödie und einem Kriminalfall und es hat den Anschein, als wisse er nicht, was er den Vorzug geben soll.
Dazwischen aber immer wieder ruhige Momente, in denen March Inspektor Pounds besucht oder in ihrem Tagebuch liest.
Alles in allem ein wirklich gelungener viktorianischer Krimi, der im London des Jahres 1882 spielt und die Atmosphäre der Stadt wunderbar wieder gibt. Nach Anthony Horrowitz, Oscar de Muriel, Torsten Weitze und Benedict Jacka ein weiterer Autor, der in den Straßen Londons wandelt und die Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht.
Einen Dank an die Übersetzer Johanes Sabinski und Alexander Weber, die den Wortwitz des Originals erhalten haben. Sprachlich ist das absolut hohes Niveau. Das Cover ähnelt dem von Band ein, ist dieses Mal in einem kühlen Blau gehalten, was gut zu der Geschichte passt.
Titel: Der Fluch des Hauses Foskett
Reihe: Grice und Middleton Band 2
Autor: M.R.C. Kasasian
Verlag: Hoffman & Campe, TB, 489 Seiten
ISBN: 9783455005608

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