25 Mai 2019

Königssee von Anke Höhl-Kayser


https://www.hoehl-kayser.de/
Das Buch Königsee von Anke Höhl-Kayser umfasst sieben Kurzgeschichten,  welche die Autorin erfolgreich bei Kurzgeschichten  Wettbewerben eingereicht hat. Die Geschichten sind sehr düster, ich würde sie unter Dark Fantasy, teilweise sogar unter Horror einordnen. Die Autorin spielt gekonnt mit den Ängsten der Menschen, sei  es die Angst vor Feuer, die Angst vor Spinnen und auch die Angst vor vergessenen Erinnerungen. Mir fällt es schwer, eine Lieblingsgeschichte zu nennen. Jede Geschichte ist anders aber jede Geschichte ist beeindruckend. Ich empfinde es als ein besonderes Talent, wenn eine Autorin in einer kurzen Erzählung so viel hineinpacken kann, dass man als Leser meint, eine fremde Welt betreten zu haben und mir den Charakteren leidet oder deren Freude erlebt. 

Königssee:  
Um Karriere zu machen, zieht Lena vom Berchtesgadener Land nach Hamburg.  Wie so oft im Leben, kostet die Entfernung alte Freundschaften. Trotz Internet und Whatsapp ist es schwer Kontakt zu halten, die Interessen gehen auseinander und man verliert sich aus den Augen.  Als Lena in Hamburg scheitert bekommt sie Heimweh und fasst den Entschluss, in ihre Heimat zurück zu kehren. Sie sucht Kontakt zu ihrer Cousine und ehemals besten Freundin Hanny. Diese ist am Telefon jedoch sehr abweisend und kurz angebunden. Lena macht sich Sorgen um Hanny und sobald sie in der Heimat ankommt, sucht sie das Haus ihrer Tante auf, in dem Hanny wieder wohnt. Was sie dort sieht macht ihr Angst, nichts ist so wie es war. Diese Geschichte erinnert an die alten Mystery Novels im Stile Wilkie Collins, nur eben etwas moderner. Doch das Szenario könnte durchaus aus seiner Feder stammen, was das Können von Anke Höhl-Kayser unter Beweis stellt.
Im Herzen: 
Ok, ich habe gesagt, ich kann keine Lieblingsgeschichte nennen aber ich denke, diese hat mich am meisten berührt.  Kristin leidet unter Angstzuständen und Panikattacken. Sie lässt sich von ihrem Freund zu einer Hypnosetherapie überreden. Die verdrängten Erinnerungen haben einen zu großen Einfluss auf ihr Leben, führen zu Psychosen und Depressionen.  Doch manche Erinnerungen bleiben lieber im Verborgenen. Was hat dieser eine Satz zu bedeuten, der stets an der Oberfläche perlt :"Im Herzen ist nichts?" Man rätselt: Ist der Satz vollständig? Erzählt er eine Geschichte? Zeugt er von Einsamkeit? Es ist spannend zu erleben, wie sich nach und nach der Schleier von der verschütteten  Erinnerung hebt und zu sehen, was sich darunter verbirgt.
Das Cromwell- Haus: 
Lisa Cromwell flieht aus ihrem Elternhaus, sobald sie alt genug ist um auf eigenen Füßen zu stehen. Seit ihrer Kindheit wird sie dort von einem Geist heimgesucht. Da Eliza, der Geist, an das Haus gebunden ist, hat Lisa endlich Ruhe. Bis sie nach Hause zurückkehrt, da ihre Mutter einen Herzinfarkt hatte.  Diese Geschichte beinhaltet auf sehr kleinem Raum überraschende Wendungen und die Atmosphäre des Hauses verstört den Leser ebenso sehr wie Lisa.
Die Welt retten: 
Hier unternimmt die Autorin einen Schritt in Richtung Science Fiction oder Dystopie. Innerhalb eines kurzen Augenblicks an einem strahlenden Sommertag, zerfällt die Welt in Schutt und Asche und es gibt nur vereinzelte Überlebende. Linchen merkt, dass etwas nicht stimmt, als sie sich auf den Weg in ihre alte Heimatstadt Köln macht. Sie hat erfahren, dass es dort noch Menschen gibt. Auf der Fahrt dorthin sieht sie ein Autobahnschild mit dem Zielort: Coeln-Nord. Nicht das ihr bekannte Köln. Was ist also geschehen. Hat sich die Zeit geändert? Hat die Geschichte einen anderen Verlauf genommen? Befindet sie sich auf einer anderen Zeitachse oder in einem Paralleluniversum? Der Leser ist genauso gespannt wie diese Frau, die sich nichts so sehr wünscht, wie ihre Familie und ihr Leben zurück zu bekommen.
Spinnensinn: 
Laura Schulten hat panische Angst vor Spinnen. Sie bekommt Herzrasen und Panikattacken, sobald eine Spinne nur in ihre Nähe kommt, ihre Ohnmachtsanfälle sind in ihrer Firma schon legendär. Ihr Freund Rolf schlägt ihr eine Therapie. Eine weitere in einer langen Reihe von Therapien. Doch diese hier ist anders. Nicht nur der Therapeut ist merkwürdig, auch seine Methoden der Behandlung unterscheiden sich  sehr von den althergebrachten Behandlungen. Wie sehr, erlebt Laura bald am eigenen Leib. Das war für mich mit die gruseligste Geschichte, denn auch ich fürchte mich vor Spinnen. Allerdings nicht so sehr wie Laura und immerhin habe ich einen Mann, den ich zu Hilfe rufen kann, um das Tier zu entfernen.
Die Feuerkönigin: 
"Spiel nicht mit dem Feuer, Du wirst Dich daran verbrennen," sagte ihr  Vater immer. Hätte sie nur auf ihren Dad gehört.  Eloise gerät in eine magische Welt des Feuers, die sie verzehren könnte. Die ist die märchenhafteste der Geschichten.  Feuer fasziniert, rührt aber auch Ängste in den Menschen an. Die Autorin spielt hier mit der Angst und der Faszination des Menschen gegenüber dem Element Feuer. Seit Prometheus es den Göttern gestohlen und den Menschen gebracht hat, spielt es in vielen Geschichten eine Rolle.
Apophis: 
Hier schildert die Autorin, wie Howard Carter das Grab des Tutanchamun entdeckt. Bei der Ausgrabung ist eine junge Frau anwesend, die eine Schwäche für den Archäologen hat. Und auch er scheint gegenüber ihrer Ausstrahlung nicht immun, denn er schenkt ihr eine kleine, goldene Schlange, die im Grab gefunden wird. Ein kleiner Teil eines riesigen Schatzes. Was diesen Geschenk auslöst kann keiner der Anwesenden ahnen. Diese Geschichte tendiert in Richtung Horror. Wir alle kennen die Geschichten, die sich um diese Ausgrabung ranken und die angeblich mit einem Fluch belegt ist. Anke Höhl-Kayser steuert eine neue Geschichte dazu, sehr spannend und sehr überzeugend.
Tom Jay hat das grandiose Cover entworfen, das perfekt zu diesem Band an düsteren Geschichten passt. Zuerst bemerkt man den Totenkopf kaum. Doch je länger man das Cover betrachtet, desto intensiver scheinen einen die Augen anzustarren. Es wirkt beklemmend, genauso, wie einige der Geschichten.
Zum Schreibstil und Form der Autorin brauche ich nichts mehr sagen. Sie hat mich mit ihren vorherigen Büchern schon überzeugt und auch dieses Buch hat mir sehr gut gefallen. Einziges Manko: Es ist zu dünn und sieben Geschichten sind definitiv zu wenig!
Titel: Königssee
Verlag: Selfpublishing
ISBN: 9783749435142

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Achtung Datenschutz! Mit dem Abschicken des Kommentars nehme ich zur Kenntnis und bin einverstanden, dass meine Daten von Blogspot gespeichert und weiterverarbeitet werden!