London 1889.Der Theaterschauspieler Henry
Irving befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere und seine Darstellung
des Macbeth soll alles übertreffen, was die Theaterbesucher jemals gesehen
haben. Als Leiter des Lyceum Theaters in London schont er seine Truppe nicht und
verlangt fast übermenschliche Leistungen von ihnen. Seine herrische, jähzornige
und brutale Art machen es nicht leicht, ihn zu mögen. Doch sein Talent und sein
Charme auf der Bühne lassen diese negativen Eigenschaften schnell vergessen. Bei
der letzten Aufführung des Macbeth findet man eine mit Blut geschriebene
Botschaft und man hört den Schrei einer Todesfee. Eine deutliche Warnung an das
Ensemble, dass etwas Grausiges passieren wird.
Die Theatertruppe reist weiter nach
Edinburgh und dort wendet sich der Theateragent Bram Stoker an Superintendent
Campbell und bittet um Schutz für die Truppe. Er befürchtet, dass die Drohungen
in London ernst zu nehmen sind. Er ist sich sicher, dass Macbeth ein
verfluchtes Stück ist und es zu weiteren Vorfällen kommen wird. Campbell
übergibt den Fall umgehend der Kommission
zur Aufklärung ungelöster Fälle mit mutmaßlichem Bezug zu Sonderbarem und
Geisterhaften. Also an Adolphus McGray und Ian Frey. Die beiden Ermittler
können sich immer noch nicht leiden, was ihrer Zusammenarbeit aber nicht
schadet. Jeder hat seinen eigenen Stil und seine eigenen Fähigkeiten. Zuerst
nehmen beide die Vorfälle nicht sonderlich ernst, doch als die Todesfee auch in
Edinburgh ihre blutigen Botschaften hinterlässt, die sich eindeutig gegen das
Theater richten, müssen McGray und Frey alle ihre Künste und Talente
aufbringen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Kommentar:
Nachdem mir Band zwei nicht sonderlich
gefallen hatte, war ich etwas zögerlich, ob ich Band drei lesen soll. Zum Glück
habe ich es getan, denn es übertrifft sogar noch Band eins an Wortwitz und
Spannung.
Das Londoner Mädchen mit Bart, wie
McGray den dandyhaften Ian Frey nennt, wohnt mittlerweile mit seinem Bruder
Elgie zusammen. Elgie wird in dem Stück von Shakespeare die Geige spielen und
ist schon sehr aufgeregt. Zur Premiere dieses Ereignisses reisen die Eltern von
Ian Frey an und ebenso sein verhasster Bruder Laurence. Um der Familie aus dem
Weg zu gehen, stürzt sich der Inspector mir wahrer Leidenschaft in die
Ermittlungen. McGray hat ähnliche Probleme. Seine Schwester Amy wird in eine
andere Anstalt verlegt, ohne dass er etwas dagegen unternehmen konnte. Seinen
Frust und seine Wut steckt er in die Untersuchung der Vorfälle rund um das
Theater. Die Dialoge zwischen den beiden Inspectors sind dieses Mal wieder
herrlich brillant und voller Wortwitz. Sie schenken sich nichts und gehen sich verbal täglich an
die Gurgel. Ich habe oft schallend gelacht. Hier ein Beispiel: " Gehen Sie
mir aus dem Weg, Frey! Sonst stecke ich sie auf einen Spieß, röste sie in einer
Erdgrube und verspeise sie zum
Abendessen!" Ich gluckste:" Dann hätten sie mehr Grips im Magen als
im Kopf." (Ok, das ist ein Dialog mit Campbell aber er macht deutlich, was
ich meine)
Diese Art der Dialoge zieht sich durch
den ganzen Roman, dem Ideenreichtum des Autors scheinen hier keine Grenzen
gesetzt.
Ich mag Romane, in denen bekannte
Persönlichkeiten die Hauptrolle spielen. Mir war bisher nicht bekannt, dass
Bram Stoker als Kind tatsächlich bis zu seinem siebten Lebensjahr krank und ans
Bett gefesselt war. Das erklärt vielleicht seinen Hang zum Phantastischen. Sowohl
Henry Irving als auch Alice Ellen Terry haben wirklich gelebt und waren
erfolgreiche Bühnendarsteller. Ellen Terry spielte sogar in zwei Filmen mit.
Beide wurden in den Adelstand erhoben. Eine Novität, denn Schauspieler gehörten
damals noch nicht unbedingt zur feinen Gesellschaft.
Der Roman gliedert sich dieses Mal in
mehrere Teile auf. Auszüge aus dem Tagebuch von Bram Stoker, die Wiedergabe von
Briefen, die man an einem Tatort gefunden hat und Zusammenfassungen aus dem
Bericht von Inspector Frey. Das macht diese Geschichte sehr spannend und
abwechslungsreich. Oscar de Muriel schafft es, die Atmosphäre des ausgehenden
19. Jahrhunderts sehr gekonnt einzufangen und den Leser auf eine Reise dorthin
mitzunehmen. Er hat für diesen Roman sehr intensiv recherchiert und der Leser genießt
alle Vorzüge, befindet sich in einer anschaulich geschilderten, lebhaften und
bildgewaltigen Welt wieder.
Diese Mal hat das Buch fast 600 Seiten
aber keine Seite ist zu viel. Der Autor beschreibt sehr ausführlich die Arbeiten hinter den
Kulissen, die den Zuschauern verborgen bleiben. Das ist keineswegs langweilig
sondern absolut interessant und trägt dazu bei, die Ereignisse besser zu
verstehen. Natürlich glaubt der rationale Ian Frey an einen menschlichen Täter,
während McGray nicht abgeneigt ist, an ein übernatürliches Phänomen zu glauben.
Dies macht die Würze des Romans aus und sorgt für verbalen Schlagabtausch. Man
sieht als Leser förmlich die Funken zwischen den Beiden sprühen. Und Ian Frey
stellt zu seinem Entsetzen fest, dass die
Verhaltensweisen McGrays langsam aber sicher auf ihn abfärben.
Die wiederkehrenden Nebencharaktere wie Elgie,
Joan oder Madame Katarina sorgen dafür, dass der Leser sich wohl fühlt und ihm
die Umgebung vertraut erscheint. Sprachlich gibt es nichts zu meckern, die
Geschichte ist aus einem Guss.
Das Cover passt zu den beiden vorherigen
Bänden, es ist in Schwarz und Weiß gehalten, nicht reißerisch aber passend.
Schade, dass es die Hirschjagd nur als Ebook Ausgabe gibt, diese Kurzgeschichte
ist sicher eine wunderbare Ergänzung zu den Hintergrundinformationen um Ian
Frey.
Ich bedanke mich bei Goldmann für das
Rezensionsexemplar. Diese Rezension beinhaltet keine Werbung sondern ist meine
eigene, subjektive Meinung.
Titel: Die Todesfee der Grindlay Street
Reihe: Ein Fall für Frey und McGray Band
3
Autor: Oscar de Muriel
Verlag: Goldmann, TB, 557 Seiten
ISBN: 9783442488643
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