15 August 2018

Walkaway von Cory Doctorow


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Seth und Hubert sind seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Irgendwie sind sie nicht mehr jung genug für ausgeflippte Partys, möchten aber auch noch nicht zu den langweiligen Erwachseneren gehören, für die das Leben nur noch aus Arbeit und Konsum besteht.  Auf eine der sogenannten Kommunistenparty begegnen sie Natalie, einer Tochter aus reichen Hause, die sich gegen alle Werte der älteren Generation stellt. Auch sie hat noch keine Vorstellung, was sie mit ihrem Leben anfangen und was sie erreichen möchte. Nur nie so werden wie ihre Eltern, ist eines der Ziele. Aus einer Laune heraus beschließen die drei jungen Menschen, auszusteigen. Sie haben von einer Gruppe gehört, die sich Walkaway nennen und die eine neue Lebensart propagieren. Alle Menschen sind gleich viel wert, jeder ist willkommen und trägt zu Gemeinschaft das bei, was er kann. Geld hat keinen Wert mehr. Alles wird nach Bedarf selber hergestellt und verteilt.
Die Umstellung fällt den Aussteigern nicht leicht aber sie erhalten Hilfe von Limpopo, die sie im ersten B&B willkommen heißt und ihnen die Philosophie der Walkaway erklärt. Bislang wurden die Freidenker relativ geduldet, doch als sie einen Weg zur ultimativen Freiheit finden, fühlen sich die Regierungen der Welt und die Elite bedroht und gehen zum Angriff auf die friedliebenden Menschen über. 


Kommentar:
Der Roman spielt in einer nahen, durchaus vorstellbaren Zukunft.  Die Reichen werden immer reicher, Geld regiert die Welt, der kleine Arbeiter schuftet sein Leben lang, ohne von dem Reichtum etwas abzubekommen. Teile der Welt sind eine Ödnis oder verseucht, Rückzugsgebiete für die Walkaway, die aus allem das Beste machen.
Die eigentliche Geschichte ist relativ einfach gestrickt. Drei junge Menschen brechen aus und suchen einen neuen Weg, ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Ein Leben, das einen Sinn hat, ein Leben, in dem sie nicht im abgestumpften täglichen Einerlei versumpfen.
Nathalie, Hubert und Seth sind sehr unterschiedliche Charaktere. Zu ihnen gesellen sich Limpopo, die Herz und Seele des B&B ist, der ersten Anlaufstelle der drei Walkaway. Sie und der ruhige, etwas ernsthafte Hubert werden ein Paar, das sich ein Leben lang zugetan ist. Damit verrate ich nicht zu viel, denn dies entwickelt sich schon zu Beginn  des Buches und als Leser ist man tief berührt, von dieser Beziehung der doch sehr unterschiedlichen Charaktere. Zwei weitere, sehr beeindruckende Protagonisten sind die Wissenschaftlerin Gretyl und die  junge Tam.  Diese sechs Charaktere sind das Herz und die Seele des Buches
Leider geht die Erzählung in vielen Seiten von Technik, Politik und Psychologie etwas unter. Ich kann mit meinen einfachen Worten der Geschichte nicht gerecht werden, dazu ist  sie teilweise zu komplex. Natürlich ist die herrschende Elite gegen die Walkaway. Die Aussteiger werden sehr oft überfallen, ihre Wohnstätten werden zerstört und es kommt zu tragischen Verlusten. Statt zu kämpfen, ziehen die Walkaway weiter, denn ihre Philosophie ist es, sich dem allen zu entziehen und irgendwo neu zu beginnen. Sie beugen sich der Allmacht des Geldes nicht, kämpfen nicht um Besitz sondern suchen nur Frieden und einen Ort zum Leben. Ein Leben, in dem jeder Mensch gleich viel wert ist, ohne eine Führung, ohne die Macht des Geldes, ohne Druck durch die Obrigkeit.
Aufgrund ihrer Lebenseinstellung sind sie denen, die mit Geld die Welt regieren, ein Dorn im Auge. Nathalie kommt aus einem reichen Elternhaus. Sie entzieht sich den Erwartungen und der Kontrolle ihrer Eltern. Sie beginnt mit einer kleinen Revolte, indem sie sogenannte  Kommunistenpartys organisiert, die von ihren Eltern noch lächelnd geduldet werden. Als die Tochter sich von allem lossagt und zu den Walkaway geht, reißt der Geduldsfaden ihres Vaters allerdings schnell.
Das Szenarien ist absolut glaubhaft, teilweise erleben wir einige Entwicklungen schon heute in ähnlicher Form, was die Erzählung noch bedrückender Macht. Natalies Vater, Jacob Redwater, ist fest davon überzeugt, dass er seine Machtposition verdient hat. Er versteht die Haltung seiner Tochter nicht, die sich gegen alles stellt, was für ihn von Wert ist. Dass es eine Gemeinschaft geben soll, in der es keine Konkurrenz, keine Rivalität und auch keine Elite gibt, kann sich Jacob Redwater nicht vorstellen. Der Konflikt, der in dieser Familie stattfindet, ist das Spiegelbild der Gesellschaft.
Obwohl das Buch aus 734 besteht, kamen mir einige Aspekte der Geschichte zu kurz.
Das Cover ist relativ nichtssagend und lässt kaum auf den Inhalt schließen. Allerdings ist die knallige Farbe ein echter Hingucker.
Etwas schwierig ist es, die eigens für diese Geschichte entwickelten Wörter zu verstehen. Allerdings gibt es dazu ein Glossar. Das ist dringend nötig, da sich viele Begriffe nicht von selbst erklären, man muss sie tatsächlich nachschlagen. Das hat bei mir den Lesefluss erheblich gestört. Dazu kommen noch der massive Gebrauch von Fremdwörtern, technischen Begriffen und Ausdrücken aus der IT Branche,  die der Geschichte zwar durchaus einen intelligenten Anstrich geben, einige Dinge aber schwer verständlich machen. Für SF Freaks ist das aber sicherlich ein Plus, ich war teilweise intellektuell etwas überfordert, konnte das Buch aber nichtsdestotrotz kaum aus der Hand legen und spreche eine klare Leseempfehlung aus. Die Themen sind aktuell, manche Entwicklungen in dem Busch sind erschreckend und bedrückend und regen zum nachdenken an. Ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst und über das man sich austauschen möchte.
Ein Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Titel: Walkaway
Übersetzer: Jürgen Langowksi
Verlag: Heyne, Softcover, 734 Seiten
ISBN:9783453317932

1 Kommentar:

  1. anscheindend stösst das Buch auf reges Interesse, bei den Clicks, die es erhalten hat. Ich denke immer noch über viele Aspekte nach, einiges ist absolut vorstellbar

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