Seth und Hubert sind seit ihrer Kindheit miteinander
befreundet. Irgendwie sind sie nicht mehr jung genug für ausgeflippte Partys,
möchten aber auch noch nicht zu den langweiligen Erwachseneren gehören, für die
das Leben nur noch aus Arbeit und Konsum besteht. Auf eine der sogenannten Kommunistenparty
begegnen sie Natalie, einer Tochter aus reichen Hause, die sich gegen alle
Werte der älteren Generation stellt. Auch sie hat noch keine Vorstellung, was
sie mit ihrem Leben anfangen und was sie erreichen möchte. Nur nie so werden
wie ihre Eltern, ist eines der Ziele. Aus einer Laune heraus beschließen die
drei jungen Menschen, auszusteigen. Sie haben von einer Gruppe gehört, die sich
Walkaway nennen und die eine neue Lebensart propagieren. Alle Menschen sind
gleich viel wert, jeder ist willkommen und trägt zu Gemeinschaft das bei, was
er kann. Geld hat keinen Wert mehr. Alles wird nach Bedarf selber hergestellt
und verteilt.
Die Umstellung fällt den Aussteigern nicht leicht aber
sie erhalten Hilfe von Limpopo, die sie im ersten B&B willkommen heißt und
ihnen die Philosophie der Walkaway erklärt. Bislang wurden die Freidenker
relativ geduldet, doch als sie einen Weg zur ultimativen Freiheit finden,
fühlen sich die Regierungen der Welt und die Elite bedroht und gehen zum
Angriff auf die friedliebenden Menschen über.
Kommentar:
Der Roman spielt in einer nahen, durchaus
vorstellbaren Zukunft. Die Reichen
werden immer reicher, Geld regiert die Welt, der kleine Arbeiter schuftet sein
Leben lang, ohne von dem Reichtum etwas abzubekommen. Teile der Welt sind eine
Ödnis oder verseucht, Rückzugsgebiete für die Walkaway, die aus allem das Beste
machen.
Die eigentliche Geschichte ist relativ einfach
gestrickt. Drei junge Menschen brechen aus und suchen einen neuen Weg, ein
glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Ein Leben, das einen Sinn hat, ein
Leben, in dem sie nicht im abgestumpften täglichen Einerlei versumpfen.
Nathalie, Hubert und Seth sind sehr unterschiedliche
Charaktere. Zu ihnen gesellen sich Limpopo, die Herz und Seele des B&B ist,
der ersten Anlaufstelle der drei Walkaway. Sie und der ruhige, etwas ernsthafte
Hubert werden ein Paar, das sich ein Leben lang zugetan ist. Damit verrate ich
nicht zu viel, denn dies entwickelt sich schon zu Beginn des Buches und
als Leser ist man tief berührt, von dieser Beziehung der doch sehr unterschiedlichen
Charaktere. Zwei weitere, sehr beeindruckende Protagonisten sind die Wissenschaftlerin
Gretyl und die junge Tam. Diese sechs Charaktere sind das Herz und die
Seele des Buches
Leider geht die Erzählung in vielen Seiten von
Technik, Politik und Psychologie etwas unter. Ich kann mit meinen einfachen
Worten der Geschichte nicht gerecht werden, dazu ist sie teilweise zu
komplex. Natürlich ist die herrschende Elite gegen die Walkaway. Die Aussteiger
werden sehr oft überfallen, ihre Wohnstätten werden zerstört und es kommt zu
tragischen Verlusten. Statt zu kämpfen, ziehen die Walkaway weiter, denn ihre
Philosophie ist es, sich dem allen zu entziehen und irgendwo neu zu beginnen.
Sie beugen sich der Allmacht des Geldes nicht, kämpfen nicht um Besitz sondern
suchen nur Frieden und einen Ort zum Leben. Ein Leben, in dem jeder Mensch
gleich viel wert ist, ohne eine Führung, ohne die Macht des Geldes, ohne Druck
durch die Obrigkeit.
Aufgrund ihrer Lebenseinstellung sind sie denen, die
mit Geld die Welt regieren, ein Dorn im Auge. Nathalie kommt aus einem reichen
Elternhaus. Sie entzieht sich den Erwartungen und der Kontrolle ihrer Eltern.
Sie beginnt mit einer kleinen Revolte, indem sie sogenannte
Kommunistenpartys organisiert, die von ihren Eltern noch lächelnd geduldet
werden. Als die Tochter sich von allem lossagt und zu den Walkaway geht, reißt
der Geduldsfaden ihres Vaters allerdings schnell.
Das Szenarien ist absolut glaubhaft, teilweise erleben
wir einige Entwicklungen schon heute in ähnlicher Form, was die Erzählung noch bedrückender
Macht. Natalies Vater, Jacob Redwater, ist fest davon überzeugt, dass er seine
Machtposition verdient hat. Er versteht die Haltung seiner Tochter nicht, die
sich gegen alles stellt, was für ihn von Wert ist. Dass es eine Gemeinschaft
geben soll, in der es keine Konkurrenz, keine Rivalität und auch keine Elite gibt,
kann sich Jacob Redwater nicht vorstellen. Der Konflikt, der in dieser Familie
stattfindet, ist das Spiegelbild der Gesellschaft.
Obwohl das Buch aus 734 besteht, kamen mir einige
Aspekte der Geschichte zu kurz.
Das Cover ist relativ nichtssagend und lässt kaum auf
den Inhalt schließen. Allerdings ist die knallige Farbe ein echter Hingucker.
Etwas schwierig ist es, die eigens für diese
Geschichte entwickelten Wörter zu verstehen. Allerdings gibt es dazu ein
Glossar. Das ist dringend nötig, da sich viele Begriffe nicht von selbst
erklären, man muss sie tatsächlich nachschlagen. Das hat bei mir den Lesefluss
erheblich gestört. Dazu kommen noch der massive Gebrauch von Fremdwörtern,
technischen Begriffen und Ausdrücken aus der IT Branche, die der Geschichte zwar durchaus einen intelligenten
Anstrich geben, einige Dinge aber schwer verständlich machen. Für SF Freaks ist
das aber sicherlich ein Plus, ich war teilweise intellektuell etwas
überfordert, konnte das Buch aber nichtsdestotrotz kaum aus der Hand legen und
spreche eine klare Leseempfehlung aus. Die Themen sind aktuell, manche
Entwicklungen in dem Busch sind erschreckend und bedrückend und regen zum
nachdenken an. Ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst und über das man sich
austauschen möchte.
Ein Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Titel: Walkaway
Autor: Cory Doctorow
Übersetzer: Jürgen Langowksi
Verlag: Heyne, Softcover, 734 Seiten
ISBN:9783453317932
anscheindend stösst das Buch auf reges Interesse, bei den Clicks, die es erhalten hat. Ich denke immer noch über viele Aspekte nach, einiges ist absolut vorstellbar
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