Die ersten sechs Jahre seines Lebens
verbringt Girton als Sklave. Sein Leben besteht nur aus Angst, Hunger, Kälte
und Schlägen. Sogar unter den Sklaven ist er noch minderwertig, denn er ist ein
Krüppel, kaum wert, dass man ihn am Leben erhält.
Auf der Sklavenauktion kommt er als
letztes auf den Auktionsblock, niemand will den kleinen, halb verhungerten
Krüppel kaufen. Bis sein Meister erscheint. Sie ist es, die ihm seinen Namen
und etwas Würde gibt und er dankt es ihr mit abgöttischer Liebe und tiefer
Treue.
Merela Karn ist ein Meisterassassine und
bildet ihren neuen Schüler ebenfalls zum Assassinen aus. Kampfkunst,
Geschichte, Politik, Geografie, er saugt alles wie ein Verhungernder auf und er
reift zu einem flinken, begabten jungen Mann heran.
Ihr neuer Auftrag bringt die beiden
Berufsmörder in große Gefahr und an die Grenzen ihrer Fähigkeiten. Sie tappen
in eine Falle und werden gezwungen, für Königin Adran zu arbeiten, die
befürchtet, dass jemand einen Anschlag auf ihren Sohn Aydor plant. Aydor, der
Thronfolger, ist nicht sehr beliebt bei
Hofe und es gibt ausreichend Konkurrenz um den Thron, so dass die Sorge der
Königin durchaus berechtigt ist. Und wie kann man sich besser eines Assassinen
erwehren, als einen Assassinen auf ihn anzusetzen.
Um das Leben ihres Schützlings zu
retten, nimmt Merela den Auftrag, der gegen jeglichen Berufsethos der
Mördergilde verstößt, an und bald finden sich die beiden in einem Sumpf
politischer Intrigen wieder.
Kommentar:
Eigentlich wollte ich anmerken, dass zu
diesem Buch eine Landkarte fehlt. Aber sie ist nicht notwendig, da über 90% der
Handlung in der Burg Maniyadoc und deren Umgebung spielen. Das mag langweilig
klingen aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Geschichte hat mich vom
ersten Moment an gepackt und in ihren Bann gezogen. Das liegt unter anderem
daran, dass die beiden Protagonisten sich von den typischen Helden der Fantasy
unterscheiden.
Merela Karns Vergangenheit liegt im
Dunkeln. Etwas verbindet sie mit er Königin, so dass diese die Möglichkeit hat,
Merela zu erpressen und zu diesem unwillkommenen und ehrlosen Auftrag zu
zwingen. Girton ist ein Faustpfand, der Junge wäre allerdings auf jeden Fall
bei seinem Meister geblieben, denn er kennt nur das Leben an dessen Seite.
In der Burg bleibt er ein Außenseiter
und auf Grund seines Klumpfußes wird er verspottet und verachtet. Für Girton
ist der Umgang mit den Gleichaltrogen nicht einfach, hat er doch nie gelernt,
mit Menschen zu interagieren. Er muss seine Fähigkeiten vor den anderen Knappen
verbergen, niemand darf wissen, dass sich Assassinen in der Burg befinden. Er
spioniert für seinen Meister die Stimmung unter den Knappen aus. Jeder
unterschätzt den verkrüppelten Jungen, so dass er unbeachtet seiner Tätigkeit
nachgehen kann.
Es ist das erste Mal, dass er ohne
seinen Meister handeln muss, zu Beginn fühlt er sich sehr einsam, doch bald
findet er zwei Freunde in der Burg, die ihm eine andere Seite des Lebens
zeigen.
Es ist rührend zu lesen, wie sich Girton
nach Freundschaft sehnt, wie tief seine Einsamkeit sitzt und wie er aufblüht,
als er sich verliebt. Der Autor schildert dies mit sehr intensiven und
eindringlichen Worten, der Leser kann sich dieser aufkeimenden Freude des
Jungen nicht verschließen. Allerdings führt dieses "sich der Welt
öffnen" zu ersten Konflikten mit seinem Meister, die erkennen muss, dass
ihr Schützling langsam flügge wird.
Die politischen Intrigen verwirren die
beiden Assassinen zusehends. Verschiedene Parteien innerhalb der Burg sammeln
Anhänger um sich, der König liegt im Sterben und es ist nur eine Frage der
Zeit, bis der Kampf um die Nachfolge entbrennt. Es ist die Wahl zwischen Pest
und Cholera. Als Girton jedoch ein Geheimnis zu Ohren kommt, entscheidet er
sich, zu handeln und er zieht Merela in die Ereignisse mit hinein, Obwohl sie
erkennt, dass ihrer beider Leben durch ihre
Handlungen in Gefahr gerät, unterstützt sie Girton und lässt ihre
unmenschliche Maske fallen. Letztendlich ist sie auch nur eine Frau, die aus
Liebe zu ihrem Ziehsohn handelt.
Für ein Erstlingswerk ist die Geschichte
sprachlich sehr ausgereift und der Plot sehr spannend. R.J. Barker erzählt
routiniert und gekonnt die Geschichte zweier Außenseiter, alles fügt sich
logisch und glaubhaft ineinander. Die Geschichte wird aus der Sicht von Girton
erzählt, der über eine gewisse Ironie und einen trockenen Humor verfügt.
Über die Welt erfährt der Leser nicht
sonderlich viel. Nur, dass ein Zauberer
sie fast zerstört hätte und Zauberei seither verboten ist. Jeder, der mit
Anzeichen von Magie geboren wird, ist des Todes. Das Blut der Opfer wird dem
Land zugeführt um es zu heilen. Das Leben auf dieser Welt ist schwierig,
teilweise besteht sie nur aus Ödnis oder Fäulnis, Anbauflächen und somit
Lebensmittel sind knapp, die Bevölkerung leidet oft Hunger. Es ist eine
mittelalterliche Welt, in der das Recht des Stärkeren zählt und die Reichen die
Armen ausbeuten.
Diese Rahmeninformationen reichen aber
aus, um die Geschichte und die Handlungen der Protagonisten zu verstehen.
Das Cover ist etwas plakativ, zieht aber
die Aufmerksamkeit auf sich.
Für mich war dieses Buch eine angenehme
Entdeckung und eine positive Überraschung. Es handelt sich um einen Einzelband.
Ein Lob an den Autor, wann findet man heutzutage noch einen Autor, der es
schafft, in einem Band eine ganze Geschichte zu erzählen und zu einem logischen
Ende zu führen. Die negativen Rezensionen auf Amazon kann ich nicht
nachvollziehen. Sicherlich sprüht dieser Band nicht vor Action aber die
Personen sind glaubhaft und die Geschichte spannend.
Titel: Die Stunde des Assassinen
Reihe: Einzelband
Autor: R.J. Barker
Verlag: Heyne, Softcover, 462 Seiten
ISBN: 9783453318823
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Achtung Datenschutz! Mit dem Abschicken des Kommentars nehme ich zur Kenntnis und bin einverstanden, dass meine Daten von Blogspot gespeichert und weiterverarbeitet werden!