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Jade
ist eine junge Frau von der Erde, die noch nie in der freien Natur unterwegs
war, den Sand unter ihren Zehen oder die Sonne und den Wind auf ihrer Haut
gespürt hat. Die Menschen haben in ihrer Gier und Unvernunft die Erde fast an
den Rand der Katastrophe getrieben, ihre Ressourcen aufgebraucht und die Umwelt
zerstört. Sie leben eingeengt in Wohntürmen, ihre Leben ist eingeschränkt,
Individualität nicht erwünscht. Man muss sich anpassen , um zu überleben.
Obwohl Jade mit dem Strom schwimmt, herrscht in ihr ein rebellischer Geist. Sie
träumt von einem Leben auf einer einsamen Insel und möchte der bedrückenden
Enge der Wohntürme gerne entfliehen. Sie kann nicht akzeptieren, dass eigene
Gedanken und Wünsche oder Privatsphäre
etwas negatives ein sollen.
Als
sie eines Tages für ein besonderes Forschungsprojekt ausgewählt wird, kann sie
ihr Glück kaum fassen, denn es bedeutet, dass sie wenigstens für eine kurze Zeit
die Türme verlassen kann.
Ranon
ist ein junger Mann, der auf dem Planeten Ägeon lebt. Er ist ein Waisenjunge
und wurde vom Schmied des Dorfes angenommen und aufgezogen. Sein Frühstück
besteht aus Schlägen, sein Mittagessen aus Tritten und sein Abendessen aus der
Häme und Verachtung seiner Stiefgeschwister. Er empfindet eine starke Zuneigung
zu der Tochter seines Lehrers aber die junge Frau sieht in Ranon nur einen
dreckigen, tollpatschigen jungen Mann, der ihrer Liebe nicht wert ist.
Das
Leben auf Ägeon ist nicht leicht, die Geburtenrate ist rückläufig, viele Kinder
sterben, noch bevor sie laufen können und giftige Dämpfe zerstören die Umwelt.
Als
sich Jades und Ranons Wege unverhofft kreuzen wird klar, dass ihre Schicksale
miteinander verbunden sind und sie nur gemeinsam ihre Welten retten können, die
beide vor dem Untergang stehen.
Kommentar:
Die
Vielseitigkeit der Autorin setzt mich immer wieder in Erstaunen. Ihr Buch
magische Novembertage empfand ich als sehr märchenhaft, eher an junge Leser
gerichtet. Die Schatten von Sev-Janar setzt sich mit dem Tod und dem Verlust
auseinander, auch wenn die Protagonisten Tiere sind, regt es sehr zum Nachdenken
an und berührt und fordert den Leser. Und nun eine Dystopie.
Die
Welt im Jahre 2162, ein Leben in freier Natur ist nicht mehr möglich, für das
Gemeinwohl muss das Wohl des Einzelnen aufgegeben werden. Frauen sitzen in
allen führenden Positionen, Sexualität gibt es nicht mehr, auch keine
natürlichen Geburten. Präimplantationsdiagnostik
schafft den perfekten Menschen, geschaffen für die jeweilige, vorher bestimmte
Aufgabe. Ein bedrückendes aber durchaus vorstellbares Szenario.
Auch
auf Ägeon stehen die Menschen vor dem Untergang. Obwohl die Entwicklung beider
Welten ähnlich verläuft, leben Bewohner sehr unterschiedlich. Mittelalter gegen
moderne Technik.
Als
Ranon und Jade sich treffen zweifelt der Leser zu Beginn an der Glaubwürdigkeit
der Beziehung. Eine 32jährige Frau und ein 18jähriger Junge scheinen kaum als
ideales Paar geeignet. Allerdings sollte man bedenken, dass Jade emotional
unreif ist, sich ihrer Träume, Wünsche und Bedürfnisse nicht bewusst.
Aufgefangen im Netz der Gesellschaft, dadurch aber auch eingeschränkt. Während Ranon immer ohne ein Netz war, ein
einsamer junger Mann, der sich Zeit seines Lebens gegen Schikane und
Ungerechtigkeit wehren musste. Er hat nichts mehr zu verlieren und durch seine
täglichen Kampf hat er eine Reife jenseits seines Alters erreicht. Sie ergänzen
sich und bilden eine Einheit.
Dazu
kommt Melody. Sie ist herzerwärmend in ihrer kindlichen Einfachheit. Die Autorin formuliert es so: "Die mit
dem Herzen denkt." Besonders berührt hat mich die Szene, in der sie Ranon
und Jade an den Händen fasst und sagt." Jetzt sind wir das Netz." Was
für ein Kontrast zu dem Netz der High Chancellor Gold. Für mich ist Melody die
Seele dieses Romans, sie verfügt über ein offenes Herz und ein schlichtes aber
ehrliches Gemüt. Sie geht ohne Vorurteile auf Fremde zu. Ihre Emotionen liegen
dabei immer an der Oberfläche, sie verbirgt nichts sondern konfrontiert ihr Gegenüber
direkt damit und entwaffnet diese durch ihr Verhalten.
Während
die Erde ausschließlich von Menschen als intelligente Spezies bewohnt wird, hat
sich auf Ägeon noch eine weitere Spezies entwickelt, die Schwarzfeuer, am
ehesten mit den legendären Drachen zu vergleichen. Ihnen wird die Schuld an den
Problemen auf Ägeon gegeben und die Menschen und Echsenwesen liegen seit Jahrhunderten
im Krieg miteinander. Ranon überwindet seine Vorurteile gegen die Schwarzfeuer
und freundet sich mit Keiare an, die ihn durch den Dimensionstunnel
begleitet. Da die Drachenwesen sehr
langlebig sind, weiß Keiare, dass die Rettung der Welt und Frieden nur erreicht
werden können, wenn die alte Feindschaft überwunden wird, denn jede Spezies
verfügt über ein Puzzleteil zur Rettung der Welt.
Während
die jungen Leute versuchen, die Welt zu retten, treiben die Herrscher beider
Welten ihre Pläne voran, die jeweils andere Welt zu erobern. Wer wird als
erster sein Ziel erreichen?
Die Geschichte
entfaltet sich langsam und zu Beginn fragt man sich, was die beiden doch sehr
unterschiedlichen Welten verbindet.
Anke
Höhl-Kayser schafft es mir diesem Roman wieder, den Leser von der ersten Seiten
an zu fesseln. Der Wechseln zwischen den Welten, die Schilderungen aus der
Sicht Jades, Ranons oder Melodys sorgen für Spannung und Abwechslung. Auch die
Nebencharaktere wie Cobalt, Wygo oder Ruby sind gut getroffen und wirken
glaubhaft und überzeugend. Die einfachen und klaren Namen erleichtern es dem
Leser sehr, der Handlung zu folgen.
Und
wie der Leser meiner Rezension sicherlich bemerkt hat: Ich bin nicht auf das
Geheimnis der Sternentränen eingegangen, das soll bitte jeder selbst
herausfinden. Und zu einem schönen Buch gehört natürlich ein schönes Cover,
hier ist es absolut gelungen.
Fazit:
In
klaren, ausdrucksstarken Worten ist ein beeindruckender SF Roman entstanden,
den ich jedem Leser mit ruhigem Gewissen an Herz legen kann. Die Genrezuteilung
sollte niemanden abschrecken, der keine SF mag. Das Buch ist sicherlich für
jeden Leser geeignet, der eine schöne und berührende Geschichte zu schätzen
weiß.
10
von 10 Sternen
Titel:
Das Geheimnis der Sternentränen
Autorin:
Anke Höhl-Kayser
Covergestaltung:
Nele Schütz
Verlag:
DrachenStern Verlag , Softcover, 430 Seiten
ISBN:
978-3-95669-073-0
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