Gillard ist anders als die Anderen. Das
wusste er schon von klein auf. Er hört
eine Stimme in seinem Kopf, die ihn ständig zu bösen Taten verleiten will. Doch er gibt ihr nicht nach,
denn er weiß, sollte dies jemals geschehen, verliert er sich an diese Stimme.
Das Leben des jungen Mannes besteht aus harter Arbeit und Waffentraining, um
sich von der Stimme abzulenken und sie zu übertönen. Niemand im Dorf kennt das
Geheimnis von Gillard, weder sein Vater noch sein bester Freund Polz. Der stetige Kampf zermürbt Gillard. Als er sich in eine Dorfschönheit verliebt und
sie diese Liebe nicht erwidert, wird die Stimme lauter und mächtiger. Sie
flüstert ihm Dinge ein wie, den Nebenbuhler zu erschlagen, sich das Mädchen
gefügig zu machen und sich seinem Zorn
zu ergeben. Doch Gillard widersteht auch
hier.
Erst als ein Trupp Männer ins Dorf
kommt, die auf der Suche nach Surre sind und die Dorfbewohner bedrohen, gibt
Gillard der Stimme nach. Er entwickelt ungeahnte Kräfte und schlägt einen der
Angreifer brutal zusammen. Die Dorfbewohner erkennen mit Schrecken, dass in
ihrer Mitte ein Besessener gelebt hat und wenden sich von dem jungen Mann, der
immer ein Teil ihres Lebens war, ab . Sogar sein Vater weist ihn aus dem Haus.
Gut nur, dass Polz schon den Plan hatte,
das Dorf zu verlassen. Gemeinsam machen sich Surre, Polz und Gillard auf den
Weg in die große Stadt. Tella folgt ihnen, nach dem ersten Schrecken über
Gillards neues Wesen hat sie sich wieder gefangen und möchte die jungen Männer
in die Stadt begleiten. Alle vier hoffen,
dort Lösungen für ihre Probleme zu finden.
Kommentar:
Zu Beginn dachte ich, dass es eine
einfache Geschichte um junge Menschen geht, die ihren Platz und ihre Bestimmung
im Leben finden müssen. Daher war ich am Ende ziemlich überrascht über die
Entwicklung und den Lauf der Dinge, die ich selbstverständlich hier nicht verraten
werde. Zuerst wollte ich schreiben, dass
es der Geschichte an Tiefe fehlt und sie sehr einfach gehalten ist. Doch je
weiter ich las, umso mehr war ich von den Wendungen beeindruckt und ich kann den Autor nur bewundern, wie
dezent er diese Entwicklungen in die Erzählung einbaut.
Sicherlich handelt es sich um einen
Roman über vier junge Menschen aber es geht auch um den Kampf Gut gegen Böse,
um die Vorurteile der Menschen und ihre Ängste vor etwas Fremden.
Da haben wir Gillard, der seit seiner
Kindheit gegen die Stimme in seinem Kopf kämpft und Surre, die ihre Eltern nie
kennen lernen durfte. Als sie an ihrem sechzehnten Geburtstag ein Erbstück
ihrer Mutter überreicht bekommt, wird sie plötzlich von finsteren Gestalten
verfolgt und verjagt. Tella, die blind
vor Liebe zu Gillard, ihr Heimatdorf verlässt und auf dem Weg feststellen muss,
dass ihre Liebe ihren Ängsten nicht standhalten kann. Und Polz, den eine lange
und tiefe Freundschaft mit Gillard verbindet, die auch Bestand hat, als sich
Gillards Wesen offenbart. Er ist es, der
die Gruppe zusammenhält und tatsächlich ein Ziel verfolgt. Ein eigenes Geschäft
in der großen Stadt gründen und erfolgreich nach Hause zurück kehren.
Die Naivität der jungen Leute ist
rührend. Sie wachsen in einer beschaulichen kleinen Dorfgemeinschaft auf und
ahnen nichts von der Komplexität und Grausamkeit der Welt. Ihre Träume sind
einfach und bescheiden. Auf der Reise in
die Stadt wird ihnen allerdings bald klar, dass die Welt außerhalb ihrer
Gemeinschaft viele Gefahren birgt. Der Autor schildert sehr detailliert den
Unterscheid zwischen der kleinen Dorfgemeinschaft und der großen,
überwältigenden Stadt. Während das Dorf eher mittelalterlich wirkt und hier
noch mit dem Schwert gekämpft wird, ist
der Fortschritt in der Stadt nicht zu übersehen. Die Feinde greifen das
Dorf mit Waffen an, denen die kleine Gemeinschaft nichts entgegen zu setzen
hat.
Anfangs schreckt Polz vor der Andersartigkeit seines Freundes zurück. Doch er erkennt
schnell, dass Gillard immer noch der gleiche Mensch wie zuvor und sein Freund
ist. Er steht in jeder Situation zu ihm, er ist die gute Seele der Truppe. Wann
hat man je von einem Besessenen gehört, der seine Freunde beschützt und gegen
die Stimme ankämpft? Polz ist sich
sicher, dass Gillard niemals so Besessener werden kann, wie sie durch die Lande
ziehen, raubend, plündernd , mordend und vergewaltigend.
Es handelt sich hier um ein
Erstlingswerk des Autors. In meinen Augen ist es ein schönes Buch geworden,
sowohl optisch als auch inhaltlich. Was langsam und dezent beginnt, entwickelt
sich zu einer fesselnden und durchaus
komplexen Geschichte. Nils Nöske
beherrscht die deutsche Sprache und geht wunderbar mit ihr um, die Geschichte
lässt sich sehr flüssig lesen. Ich habe das Buch an einem Sonntag durchgelesen
und mochte es nicht aus der Hand legen. Man ahnt als Leser, dass der Autor
etwas in der Hinterhand hat, kann die Lösung aber niemals erraten. Mir wurde das Buch von einer Freundin
empfohlen, von selber hätte ich sicherlich nicht zugegriffen, denn das
Cover wirkt nicht sehr ansprechend. Ein zweigeteiltes Gesicht, das die Ambivalenz
von Gillard verdeutlicht, hätte sicher einen besseren Eindruck gemacht. So
stempelt man es im ersten Eindruck als Jugendhorror ab und tut dem Buch damit
unrecht.
Fazit:
Ein schönes Erstlingswerk mit
Steigerungspotenzial, was der Autor im zweiten Band unter Beweis stellt.
7 von 10 Sternen
Titel: Die Besessenen
Reihe: Choice
Autor: Nils Nöske
Verlag: Latos Verlag, TB 321 Seiten
ISBN: 9783981368314
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