Das Buch beginnt mit einer Hetzjagd. Die Jagd wird aus Sicht des Gejagten
geschildert, so dass man die Angst, Verzweiflung und Wut des Opfers förmlich selbst zu erleiden meint. Fünf Saers
folgen der Hatz gegen einen einzigen Mann. Eines Mannes, den man Verräter, Eidbrecher und
Mörder nennt: Ayrik Areon.
Ayrik kann zwar gegen Verfolger bestehen, er wird jedoch
schwer verletzt. Der letzte überlebende Ritter, Saer Mikael Winbow, nimmt den
Eidbrecher gefangen, pflegt ihn gesund, um ihn anschließend seinem Orden zu
übergeben, wo über Ayrik gerichtet werden soll. Doch niemand kennt die genaue
Geschichte des legendären Verbrechers, der gegenüber der Krone und Gott zum
Verräter wurde.
Beide Männer gehen einen Pakt ein, um die Reise zum
Ordenshaus, das hunderte von Meilen entfernt liegt, zu überstehen. Ayrik
verspricht, nicht zu fliehen, wenn Sear Winbow sich seine Lebensgeschichte
anhört. Am Ende der Reise soll der Ritter entscheiden, ob der Krieger
wahrhaftig den Tod verdient hat. Es wird die Geschichte eines alternden,
desillusionierten Mannes, der ein wahrhaftig abenteuerliches Leben geführt hat.
Areon wächst in der abgelegenen Ortschaft Dynfaert auf. Als
Sohn des Than durchlebt er eine relativ sorglose Kindheit, die im Alter von
zehn Jahren plötzlich endet, als sein Vater und der Druide des Dorfes
entscheiden, den Jungen zu einem Krieger der vergessenen Götter auszubilden. Da
der Umgang mit dem Schwert ausschließlich dem Adel vorbehalten ist, muss Areons
Ausbildung im Geheimen erfolgen. Elf Jahre dauert diese Ausbildung, unter der
Knute eines grausamen und erbarmungslosen Lehrmeisters, der für den Jungen
nichts als Verachtung und Strafe übrig hat. Sie raubt Areon die Kindheit und erweckt in ihm einen
tiefen Hass auf seinen Lehrer. Durch die Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwird,
hält sich der Sohn des Than bald für etwas besonderes. Er wächst zu einem
eitlen Angeber heran und bald verweigert er seinem Vater den Gehorsam und
missachtet die Regeln des Zusammenlebens in der Dorfgemeinschaft .
Kommentar:
Zu Beginn der Geschichte wirkt Ayrik Areon alles andere als
symphytisch. Er ist ein unreifer, verwöhnter, arroganter junger Mann, ein
Maulheld und Säufer. Er hält sich für etwas besseres, einen auserwählen und
begnadeten Krieger. Doch er hat seinen
Wert noch nie unter Beweis stellen müssen. Er muss lernen, dass ein Schwert
noch keinen Krieger ausmacht und das dessen Handhabung noch lange kein
Beleg für Tapferkeit ist. Das Schwert
bringt kein Brot auf den Tisch, warum soll also ein Krieger mehr wert sein, als
ein Bauer? Als er seinem Vater und dem Druiden den Gehorsam verweigert und
beginnt, das verbotene Schwert öffentlich zu tragen, wird er aus der
Dorfgemeinschaft verstoßen.
In der Erzählung reflektiert der alternde Krieger sein Leben
sehr ironisch. Im Nachhinein erkennt er seine Schwächen und Fehler als solche
und macht sich über sich selber lustig. Nachdem er von seinem Vater verstoßen
wird, rettet ihm die Begegnung mit Reagan das Leben. Der Einsiedler holt den
jungen Mann auf den Boden der Tatsachen zurück und konfrontiert ihn mit den
Realitäten des Lebens. Reagan ruht in sich selbst, er ist ein schweigsamer und
ruhiger Mann, welcher dem Sohn des Than die Kunst des Überlebens in der Wildnis
lehrt. Er ist jemand, der sich die Natur zum Freund gemacht hat und ihre
Schätze zu nutzen weiß.
Es ist dem Erzähler anzumerken, dass es ihm nicht leicht
fällt, in die Vergangenheit zurück zu kehren und alle seine Entscheidungen
erneut zu durchleben, die ihn an diesen Punkt geführt haben. Die Einsamkeit,
den Schmerz, all seine Wut auf den Druiden, den Verlust geliebter
Menschen. Er ist gereift, doch Einsicht
, Reife und Reue können nicht rückgängig machen, was passiert ist. Somit ist
diese Geschichte auch eine Art Beichte und der junge Ordensbruder tritt an die
Stelle des Beichtvaters. Obwohl der
ältere Mann den Glauben Saer Mikaels verachtet, erkennt er an, dass der junge Mann nach den Regeln des
Ordens lebt und ein gut und ehrlich ist.
Ayriks erstes Zusammentreffen mit den Saers verläuft nicht
gut. Durch die Ich Perspektive kann man gut verstehen, wie arrogant ihm diese
ausgewählten Krieger erscheinen müssen. Hervorgehoben durch ihre Abstammung,
von Adel, ohne sich beweisen zu müssen. Während sein Leben erfüllt von den Pflichten gegenüber seiner Sippe und dem Druiden
war. Die Jagd, um für Nahrung zu sorgen, die Wache, um die Seinen zu
beschützen, die Ausbildung, eine Prophezeiung zu erfüllen, an die er nicht mehr
glaubt. Die Kluft zwischen ihm und den Sears ist unüberbrückbar. Und je mehr er
mit ihnen zu schaffen hat, desto mehr erkennt er, dass die eigentlichen
Grundsätze des Rittertums schon lange nicht mehr gelebt werden. Machstreben, Intrigen und Dekadenz
durchziehen die Ritterschaft, es ist ein Spiel um Einfluss und Vermögen
geworden, mehr ist nicht geblieben, die Ideale der Orden wurden schon lange
verraten. Ayrik führt eine derbe und unverfälschte Sprache, geprägt von einem
harten Leben. Die blumige Rede der Saers liegt ihm nicht, er ist spricht offen,
direkt und gerade heraus. Hier lässt sich der Unterschied zwischen höfischem
Adel und hartem Überlebenskampf am besten verdeutlichen.
Obwohl es sich um einen Fantasyroman handelt, bekommt man
als Leser durchaus das Gefühl, dass die Geschichte im Mittelalter spielt,
es finden sich viele Elemente eines
Ritterromans hier wieder. Die Welt steht allerdings unter der Herrschaft einer
Frau, einer direkten Nachkommin des verbrannten Gottes. Der Norden ist eine karge, raue Landschaft,
geprägt von harten Wintern und großer Armut. Dies beeinflusst das Wesen der Menschen. Der Süden lebt im Überfluss, ist dekadent und
weiß sich die Reste einer ehemaligen, hoch entwickelten Zivilisation zu Nutze
zu machen. Auf den Krieger machen die Menschen einen verweichlichten Eindruck,
die höfischen Gepflogenheiten sind ihm fremd, seine Instinkte greifen hier
nicht mehr.
Das ein solch ein Roman in Form einer Biografie verfasst
wird, ist ein brillante Idee des Autors, der hier ein unglaubliches Debut
vorlegt. Leider lässt der Folgeband lange auf sich warten, was einige Leser
sicher verprellen wird. Der erste Band umfasst etwas mehr als die ersten
zwanzig Lebensjahre des Protagonisten.
Da Ayrik Areon mittlerweile jenseits der dreißig ist, wird er sicherlich noch viel zu erzählen
haben
Der Autor bedankt sich bei Thomas Kuhn für ein stimmungsvolles
Cover ohne halbnackten Barbaren. dem kann ich nur zustimmen. Das Cover zeigt
die dunkle Wacht und die dunklen Wälder im Schnee. Ein eindrucksvolles Bild,
dass uns die harte und kompromisslose Welt vermittelt, in der Ayrik
aufgewachsen ist. Lars Neger hat zu
Beginn ein Personenregister beigefügt, leider fehlt eine Karte der Länder, um
das Buch perfekt zu machen.
Fazit:
Ein wahrhaft gelungenes Debut, spannend und
unterhaltsam. Die Erzählform macht
dieses Buch zu etwas besonderem, allerdings ist die Wartezeit auf den Folgeband
definitiv zu lang.
Titel: Areon
Reihe: Will noch eine werden, wenn Lars Neger mal zu Potte kommt
Autor: Lars Neger
Cover: Thomas Kuhn
Verlag: Ammianus, TB 376 Seiten
ISBN: 9783981228588
7 von 10 Sternen
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