In dem fiktiven Land
Mirabortas bekommt man erst zur Volljährigkeit einen Namen. Der Name bestimmt,
wer Du sein wirst, welchen Beruf Du ausüben wirst und welchen Platz Du in der
Gesellschaft einnehmen wirst. Die Kinder kommen schon im Kleinkinderalter in
eine Schule und werden dort nummeriert. Es gibt keine Bindung zu den Eltern, es
gibt keine Familie, wie wir sie kennen.
Als der Tag der Namensgebung
endlich da ist, hofft Nummer 19 auf einen starken und großen Namen. Als
kleinster in der Klasse wird er oft von seinen Mitschülern gehänselt, die Mädchen
ignorieren ihn oder lachen ihn aus. Mit einem starken Namen wird sich das alles
ändern. Während der Zeremonie muss er miterleben, wie die schlimmsten Schüler die
besten und stärksten Namen bekommen, sich verändern und sich auch körperlich
ihrem neuen Namen anpassen. Nummer eins wird zu Rustan Polliander, ein Name,
der für Mut, Loyalität und Stärke steht. Sein Widersacher Nummer zwei wird zu Baro Deradas, ebenfalls ein starker Name, der
zur Händlergilde gehört.
Als Nummer 19 endlich an der
Reihe ist, seinen Namen zu erfahren, ist er zutiefst verstört. Weder kennt man
den Namen Tirasan Passario, noch wirkt die Magie der Namensgebung bei ihm. Er
bleibt kein und schwächlich und wird weiterhin gehänselt und ausgelacht. So bleibt nur die Hoffnung,
dass es im großen Namensarchiv in der Stadt Himmelstor mehr über seinen Namen
zu erfahren gibt. Dorthin müssen alle Schüler nach Erhalt ihres Namens reisen,
um ihr Erbe in Besitz zu nehmen und ihren Namen im Namensarchiv eintragen zu
lassen.
Kommentar:
Das Buch lag schon lange auf
meinem SUB, irgendwie hatte ich nie die Lust dazu. Das hat das Buch nicht
verdient. Die Geschichte ist spannend und die Idee der Namensmagie hat mich
gefesselt. Es gibt ja viele Geschichten um geheime Namen, Namen, die man nicht
weitersagen darf oder über Namen, die man nur engsten Freunden mitteilen darf.
Das aber eine ganze Welt auf diese Namensmagie aufbaut ist mir neu. Zu Beginn
war ich etwas zögerlich. Ich habe es nicht so mit jugendlichen Protagonisten,
die zu Helden mutieren. Aber hier ist es tatsächlich anders. Denn mit der
Namensmagie verändern sich die Jugendlichen, sie passen sich ihrem Namen an.
Rustan wird groß und kräftig, Allira wird zu einer Schönheit mit einer glockenklaren Stimme, denn ihr Name
entstammt einer Reihe von berühmten Sängerinnen. Nur bei Tirasan ändert sich
nichts, er spürt auch innerlich keine Veränderung, er bleibt, was er schon
immer gewesen ist. Ein Verlierer.
Doch mit der Zeit bemerkt er am
Verhalten einiger Mitschüler ihm Gegenüber eine Veränderung. Nelia Wabloo und
auch Rustan sind seltsamerweise stets an seiner Seite und als Tirasan
unabsichtlich Rustan vor einem Attentäter warnt und ihm somit das Leben rettet,
schwört dieser ihm einen Blut- und Treueschwur.
Tirasan ist das alles sehr
unangenehm. Er begibt sich heimlich alleine auf den Weg nach Himmelstor, um im
dortigen Archiv mehr über seinen Namen zu erfahren. Doch schon bald haben ihn
Nelia und Rustan eingeholt und es gesellen sich noch Baro und Allira zu der
Runde, so dass sie nun zu fünft sind. Tirasan kann das Tempo der beiden anderen
Männer nicht mithalten, sogar die Frauen sind größer und kräftiger als er. So
muss er von Baro weiterhin den Spott
ertragen, der ihn schon seit seiner gesamten Schulzeit begleitet hat. Und
Obwohl Baro und Rustan in der Schule die dicksten Freunde waren, steht der
junge Krieger Tirasan zur Seite, trägt seine Lasten, streckenweise sogar ihn
selbst.
Auf dem Weg nach Himmelstor
lauern viele Gefahren, doch die fünf Gefährten überstehen die Reise und
erreichen endlich die berühmte Stadt. Doch dort wird Tirasan bei seiner Ankunft
angeklagt, einen falschen Namen zu führen, was bei Todesstrafe verboten ist.
Tirasan droht die Hinrichtung, wenn er nicht beweisen kann, dass er seinen
Namen durch Namensmagie erhalten hat.
Nicole Godzek hat hier eine
Welt erschaffen, die mich zutiefst verstört hat. Eine Welt ohne familiäre
Bindungen finde ich erschreckend. Man kennt weder seine Eltern noch seine
Geschwister. Man weiß nicht, wo man herkommt, man hat keine Vorbilder, denen
man nacheifern kann und in der Schule lernt man, dass es am wichtigsten ist,
alle großen Dynastien zu kennen.
Spitznamen sind bei Strafe verboten,
wer einer Nummer einen Spitznamen gibt, sei er noch so abwertend oder
abscheulich, wird hart bestraft. Seinen Namen vor der Namensmagie zu erfahren gilt
als Unglück und führt oft in den Wahnsinn. Daher geben Namensfinder ihre Kinder
meist noch früher ab als normale Menschen, sie könnten sich versprechen und ihr
Kind beim Namen nennen.
Tirasan und seine Freunde
wohnen einer sehr grausigen Zeremonie bei, bei der einer Frau ihr Name entzogen
wird, weil sie ihr Kind versteckt und ihm heimlich einen Namen gegeben hat.
Ohne Namen hat man keine Existenz, man vergisst, wer man war und vegetiert nur
noch vor sich hin. Tirasan erachtet dies als grausame Strafe, die Welt entpuppt
sich für ihn nicht als der Ort, den er sich vorgestellt hat.
In meinen Augen ist es
überhaupt eine sehr grausame und ungerechte Welt. Das Schicksal ist
vorherbestimmt, man muss seinen Namen annehmen und akzeptieren und die Rolle
ausfüllen, die der Namen einem vorgibt. Möglichkeiten zur Veränderung sind nicht
gegeben, eigene Wünsche und Träume zählen nichts. Für mich ist das kein Leben,
es gibt keinerlei Freiheit der eigenen Entscheidung. Man beschreitet den
vorgeschriebenen Pfad und dort bleibt man bis an sein Lebensende.
Auch wenn ich das Buch zögerlich
begonnen habe, hat es mich letztendlich ungemein gefesselt. Ich war ebenso neugierig
wie die Gefährten, was Tirasans Name bedeutet und welche Position er in der Gesellschaft einnehmen wird.
Die Autorin hat hier sehr
viele eigene Begriffe eingeführt, die aber im Zusammenhang verständlich werden.
Zudem gibt es einen Anhang, in dem die Begriffe ausführlich erklärt werden.
Auch eine Übersicht der Dynastien und ihrer Wappen gibt es, eine schöne Ergänzung.
Im vorderen und hinteren Einband befinden sich noch schön gestaltete Karten der
Welt, so dass wir die Reise der Freunde mitverfolgen können. Dnn im Laufe der
Reise werden es Freunde, auch wenn Bora sich das zuerst nicht eingestehen will.
Fazit:
Ich habe Mirabortas gerne
besucht aber es ist keine Welt, in der ich Leben möchte. Eine spannende und
ungewöhnliche Geschichte, die einem bewusst macht, was für eine wunderbare Welt
wir eigentlich haben. Ein Junge auf der Suche nach sich selbst und seinem Platz
in der Gesellschaft.
Titel: Magie der Namen
Autorin: Nicole Godzek
Verlag: Piper/Ivy Print, HC,
362 Seiten
ISBN: 9783492703871
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