Annabelle Hammond ist eine wunderschöne, selbstbewusste und emanzipierte Frau, die alles im Leben hat, was man sich nur wünschen kann. Sie ist in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und hat die Geschäftsführung der alteingesessen Tee-Firma übernommen. Sie hat einen Verlobten, der sie abgöttisch liebt, die Menschen bewundern sie und sie führt ein Leben, um das sie viele beneiden. Trotzdem wird diese junge Frau ermordet. Gemma und Kincaid, die den Fall untersuchen, können kein Motiv finden, haben zwar viele Verdächtige aber keinerlei Beweise. Und je tiefer sie in das Beziehungsgeflecht von Freunden und Familie eindringen, desto mehr wird klar, dass Annabelle noch ein anderes Gesicht besaß, das sie in der Öffentlichkeit nicht zeigte.
Kommentar:
Ich mag diese Serie von Deborah Crombie sehr
gerne und ich greife immer wieder zu einem ihrer Krimis, obwohl sie schon älter
sind. Doch sie sind zeitlos, spannend, die beiden Hauptfiguren sind sehr
sympathisch. Die Fälle sind nicht so blutrünstig wie in den nordischen Krimis,
die Plots sind sehr gut durchdacht und das Ende kaum vorhersehbar. Gemma und
Kincaid sind keine Polizisten ohne Privatleben, sie müssen Beruf und Karriere
unter einen Hut bringen, zumal Gemma alleinerziehend ist und ihr dreijähriger
Sohn Toby ein echter Wirbelwind ist. Diese persönlichen Einblicke in das Leben
der Protagonisten bringen sie uns näher und geben den Krimis eine gewisse
Leichtigkeit.
Annabelle Hammond hat sich vor ihrem Tod mit
ihrem Verlobten gestritten. Bis die beiden Ermittler mehr über diesen Streit erfahren,
dauert es sehr lange und auch der Leser rätselt fieberhaft mit. Angeblich wurde
die junge Frau von allen geliebt und bewundert. Ihr Vater hat sie regelrecht
vergöttert. Erst nach und nach stellt sich heraus, dass Annabelle nicht so
perfekt war, wie es alle behaupten. Sie ging in der Firma neue Wege, entgegen
den Wünschen ihres Vaters, sie hatte eine Beziehung, von der ihr Verlobter
nichts wusste und sie spielte oft Menschen gegeneinander aus. Sie eine
Intrigantin zu nennen wäre noch harmlos.
Gemma, die einem der Verdächtigen schon oft
begegnet ist, lässt sich hier auf einige Wagnisse ein, die Kincaid nicht
gutheißen kann. Sie trifft den Musiker Gordon Finch mehrmals zur Befragung
alleine, was entgegen aller Dienstvorschriften ist. Sie fühlt sich zu diesem
stillen Mann, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hat und lieber als
Straßenmusiker lebt, seltsam hingezogen. Doch durch die fast intime Basis der
Gespräche erfährt sie auch näheres über die junge Frau. Es ist Gordon, der
Gemma zuerst auf das nicht ganz so perfekte Antlitz von Annabelle hinweist. Und
auch Jo, ihre Schwester, gesteht, dass Annabelle durchaus Menschen manipulieren
und verletzen konnte.
Deborah Crombie flicht in dieses Kriminalfall
immer wieder kleine persönliche Intermezzi der beiden Polizisten ein. Man kann
die Bände durchaus lesen, ohne die anderen Bücher zu kennen aber die
Beziehung der Ermittler entwickelt sich von Band zu Band weiter. Gerade, was
Kincaids Leben betrifft, gibt es im Laufe der Zeit gravierende Veränderungen, die
ich gerne mitverfolgt habe. Da ich gerade erst wieder in London war, gefallen
mir die etwas ausführlichen Schilderungen der Umgebung sehr gut. Vor allem Canary
Wharf und Greenwich, wo der Roman spielt, haben wir dieses Mal länger
durchstreift und ich habe vieles erkannt. Das macht natürlich für mich noch
einen besonderen Reiz aus, ich kann aber verstehen, wenn andere Leser das als
zu ausführlich empfinden.
Fazit:
Auch dieser sechste Fall des Ermittlerduos ist
sehr spannend, es fehlt aber auch nicht die menschliche Komponente. Die Autorin
schlägt stets etwas leisere Töne an, dadurch wirken die Fälle aber noch
intensiver.
Titel: Böses Erwachen
Reihe: Gemma & Kincaid Band 6
Autorin: Deborah Crombie
Verlag: Goldmann, TB, 448 Seiten
ISBN: 978-3442471966
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