Um Sherlock Holmes aus der
stumpfsinnigen Langeweile und Lethargie zu reißen, schlägt Watson eine Reise
auf das Land vor, um einen Freund zu besuchen. Auf der Zugfahrt verschwindet
einer der Reisenden aus der ersten Klasse und Holmes Interesse ist geweckt.
Klassisch
Besuch aus Ägypten
von Jürgen Bärbig
John Watson ermittelt alleine
in einem Fall und verschwindet plötzlich. Seine Frau Mary ist sehr besorgt und
sie wendet sich an Sherlock Holmes um Hilfe. Dieser durchlebt gerade einmal
wieder einen Opiumrausch und ausgerechnet, wenn es um das Leben seines Freundes
geht, ist er nicht auf der Höhe. Wird er Watson lebend finden?
Die Frau mit dem
Handschuh von Christian Endres
Eine junge Frau, fast noch ein
Mädchen, stürzt über ein Brückengeländer in den Tod. Einer ihrer Handschuhe
fehlt. Obwohl Lestrade klar auf Selbstmord schließt, weckt der fehlende
Handschuh das Jagdfieber des Detektivs.
Ungewöhnlich und berührend
Dass eine junge Witwe die
Geschäfte ihres verstorbenen Gatten weiterführt gilt als unerhört.
Und als sie das auch noch sehr
erfolgreich schafft, weckt das den Neid der von Männern dominierten
Gesellschaft. Kurz darauf ist die junge Frau tot. Diese Geschichte wird
ausnahmsweise von Inspektor Lestrade erzählt. Eine Geschichte mit unerwarteten
Wendungen.
Klassisch
Gin von Richard
Fliegerbauer
Der Besitzer einer kleinen Gin
Destillerie, der sich von seinem Sohn entfremdet hat. Ein Mann, der eines Tages
ohne ein Wort verschwindet und nur ein kurzes Testament und einen
Abschiedsbrief hinterlässt. Der Sohn bittet Holmes um Hilfe. Da seine Mutter ebenfalls
ohne ein Wort verschwunden ist, möchte der Sohn wenigstens Aufklärung über den
Verbleib seines Vaters. Leider ist die Lösung zu
offensichtlich, ich habe sofort erraten.
Ein Mann wird ermordet in
einer zwielichtigen Wohnung aufgefunden. Spuren und Beweise sind keine zu
finden, bis auf einen kleinen Umschlag, gefüllt mit Kieselsteinen. Als Sherlock
Holmes bei der Befragung einiger Personen erfährt, dass sie ebenfalls so einen
Umschlag erhalten haben, ist sein Jagdfieber geweckt. Was für Lestrade
nebensächlich erscheint, hat für Holmes eine große Bedeutung.
Klassisch
Der weiße König von
Norbert Schäfer
Watson ist irritiert. Seit
wann interessiert sich Sherlock Holmes für einen banalen Raubmord? Denn nach
Inspektor Lestrades Schilderung, handelt es sich bei dem Tod von Colin Cook um
nichts anderes. Doch nur Holmes fällt
auf, dass der weiße König des Schachspiels fehlt.
Klassisch mit einer ungewöhnlichen
Idee
Das verschwundene
Portemonaie von Jens Arne Klingsöhr
Mr. Blades, ein korrekter und
gewissenhafter Mitarbeiter des Savoy, wird des Diebstahls bezichtigt. Seine
Verlobte glaubt nicht an die Schuld des Kassierers und bittet Holmes um Hilfe.
Zuerst lehnt der Detektiv den Fall wegen seiner Banalität ab, doch als die
Verlobte ein Detail erwähnt, ist das Interesse des Detektivs geweckt.
Leider ist es auch hier zu
offensichtlich, wer der Täter ist, aber ich denke, das ist vom Autor so gewollt. Das DANACH ist dann interessant.
Ein respektables Mitglied des
Handelsministeriums hat offenbar Selbstmord begangen. Da kein Abschiedsbrief
vorliegt und auch kein Grund bekannt ist, warum Anthony Clearbuttom Selbstmord
begehen sollte, wird Sherlock Holmes gebeten zu ermitteln.
Hier handelt es sich um eine
geschlossener Raum Geschichte, etwas absonderlich aber die Lösung ist
überraschend.
Das Vermächtnis des
Falschmünzers von Wolfgang Kemmer
Auf der Flucht vor Moriarty
landen Watson und Holmes in der Schweiz. Wie durch Zufall stolpern sie über die
Witwe Fairness, die Frau eines bekannten Falschmünzers. Seit dessen Tod vor elf
Jahren sind sowohl dessen Fälscherwerkzeuge als auch das gesamte Geld und
Falschgeld verschwunden. Als Ferdinand Grauweiler, der ermittelnde Beamte
erfährt, dass Sherlock Holmes vor Ort ist, bittet er diesen, nach den
verschollenen Gegenständen zu suchen.
Auch hier zeigt sich, dass
Holmes durchaus menschlich agieren kann.
Schachmatt von Tanja
Brink
Ein Toter, gestorben durch
eine Dosis Morphium, lässt auf Selbstmord schließen, Ein zweiter Toter, dieses
Mal ein gottesfürchtiger Pater von untadeligem Ruf, weist jedoch auf den Beginn
einer Mordserie hin. Inspektor Lestrade bleibt nichts anderes übrig als Sherlock
Holmes um Hilfe zu bitten.
Ein perfekter Fall, der mir
tatsächlich mit am besten gefallen hat.
Drei Jahre nach den
Ereignissen an den Reichenbachfällen. Inspektor Lestrade ist nun auf sich
alleine gestellt. Eine Serie von neun Toten beschäftigt ihn. Bei jedem der
Toten wurde eine Statue der Göttin Sekhmet gefunden. Mir hat diese Geschichte auch gut gefallen,
weil sie sich eigentlich um Lestrade dreht und wir auch seine sympathische Frau
Laura kennen lernen, die ihren Mann hier unterstützt. Lestrade möchte diesen Fall unbedingt lösen,
weil eine Stelle als Chief Inspektor zu besetzen ist und der Posten unbedingt
haben möchte
Eine Interessante Perspektive
und neue Erkenntnisse über Lestrade
Die Toten am Hafen
von Monika Grasl
Ein Mörder, der auf die
Missstände der Gesellschaft aufmerksam machen will. Eine der kürzesten
Geschichten dieser Anthologie, die Facetten von Holmes zeigt, die er ansonsten
gerne verbirgt.
Klassisch
Der Photograph von
Anke Elsner
Watson zieht brillante
Schlussfolgerungen, die von Holmes nacheinander zerpflückt werden. Eine junge
Französin verschwindet in London, ein banaler Fall, den Holmes zuerst ablehnt.
Bis ein Bild der Frau auftaucht, auf dem sie nur spärlich bekleidet ist. Den Hauptteil der Arbeit muss dieses Mal
Watson erledigen, da sein seriöses Erscheinungsbild hier von Vorteil ist. Etwas anders aber sehr
spannend.
Der Exorzismus der
Maria Copperfield von Alexander Klymchuck
Mrs. Copperfield, eine
angesehene Dame der Londoner Gesellschaft, scheint plötzlich von einem Dämon
besessen zu sein. Sie spricht in fremden Sprachen, kratzt die Tapete von den
Wänden und bekommt Tobsuchtsanfälle. Als sie bei einem Exorzismus stirbt, wir
der Exorzist verhaftet und des Mordes angeklagt. Dessen Schwester glaubt fest
an die Unschuld ihres Bruders und bittet Holmes, zu ermitteln.
Klassisch
Eine weitere Geschichte, die
nach den Ereignissen an den Reichenbachfällen spielt. Holmes logiert anonym in
Deutschland, auf den Spuren von Moriarty Mitspielern. Obwohl niemand weiß wer
er ist, wird er gebeten, einem Mord im Goethe-Haus zu untersuchen. Um die
aufdringliche Zimmerwirtin loszuwerden, ermittelt Holmes.
Amüsant - Auch inkognito kann Holmes seine Talente nicht verbergen
Im Klang von G-Moll
von Christoph Grimm
Mrs. Hudson als Verdächtige in
einem Mordfall? Keine Frage, dass Holmes und Watson eingreifen, auch wenn sich
Holmes gewohnt distanziert verhält. Eine schöne Geschichte, die auch eine
menschliche Seite des Detektivs zeigt.
Klassisch
Die Opiumsucht des berühmten
Detektivs scheint in fast allen Geschichten das beherrschende Thema zu sein.
Sie ist einerseits ein Laster, andererseits treibt sie den Detektiv oft zu
ungeahnten Höhenflügen. Die Geschichten, die nach den Ereignissen an den
Reichenbachfällen spielen, bringen eine schöne Abwechslung in die Anthologie.
Und dass Christoph Grimm sich traut Mrs Hudson zu einer Verdächtigen in einem
Mordfall zu machen ist schon fast unerhört.
Mir haben alle Geschichten gut
gefallen, auch wenn man bei zwei der Erzählungen sehr schnell errät, wer der
Mörder ist.
Das Cover der Anthologie ist
ein echter Hingucker für Sherlockianer und es hält, was es verspricht. 17 neue
Geschichten rund um Sherlock Holmes, die den Klassikern treu bleiben, auch wenn
sie manchmal etwas eigene Wege gehen. Die Geschichten sind sehr
abwechslungsreich und zeigen die Bandbreite, die bei Sherlock Holmes möglich
ist. Er ist arrogant, zynisch, rechthaberisch aber er kann auch Mitgefühl und
Verständnis zeigen wie bei der Geschichte von Christian Endres. Detlef Klewer,
Monika Grasl, Christoph Grimm und Christian Endres waren mir schon vorher ein
Begriff, es hat Spaß gemacht, auch den anderen Schreibenden auf ihrem Weg in
die Welt von Sherlock Holmes zu folgen. Die Ansätze sind teilweise sehr
verschieden, zeigen aber jeweils die deduktiven Fähigkeiten des berühmten
Ermittlers. Kleinigkeiten, die jeder andere Mensch übersieht, führen ihn zu den
richtigen Lösungen.
Fazit:
Christoph Grimm und Sarah
Lutter haben hier ein glückliches Händchen bei der Auswahl gehabt. Ich denke,
dass diese Anthologie sowohl Neulinge in die Welt der Baker Street einführen kann,
als auch den Fans der klassischen Erzählungen gefallen wird. Ein Potpourri an
interessanten Geschichten. Die Illustrationen von Detlef Klewer runden das Buch
zu einem perfekten Ganzen ab.
Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen, da ich bei Instagram wohl als Sherlock Holmes Fan erkannt wurde. Vielen Dank, dies ist keine Gefälligkeitsrezension, sondern meine Meinung.
Titel: En passant - die Reisen des Sherlock Holmes
Herausgeber: Sarah Lutter
& Christoph Grimm
Verlag: Burgenwelt Verlag,
Softcover, 368 Seiten
ISBN: 9783943531985
Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenDeine Rezension hatte ich schon entdeckt, nur bisher noch keine Zeit gefunden zu kommentieren :) Es klingt auf jeden Fall nach einer interessanten Mischung an Kurzkrimis rund um Holmes und ich hab mir das Buch jetzt mal auf der Wunschliste notiert!
Liebste Grüße, Aleshanee