Albert Moll und sein Bruder führen eine
erfolgreiche Rechtsanwaltskanzlei in Köln, die sie von ihrem Vater geerbt
haben. Während sein Bruder ein »Macher« ist und immer mehr lukrative Klienten
an Land zieht, ist Albert Moll ein weltfremder Träumer, der seinen Beruf nur
widerwillig ausübt. Ein Beruf, der immerhin den Vorteil hat, ihm ein
gesichertes Einkommen zu gewährleisten, das er in Bücher investieren kann. Eines Tages bekommt Albert Moll den
Auftrag in die Eifel auf die Burg des Grafen Roderich von Blankenstein zu
reisen, um das Testament des Grafen aufzusetzen.
Zunächst sträubt sich der scheue introvertierte
Anwalt gegen die Reise, doch dann sieht er darin eine Flucht aus dem Alltag
hinein in ein schauerliches Abenteuer.
Kommentar:
Ich habe das Buch bei der Ukraine
Spendenaktion von Timo Kümmel erstanden. Bisher haben mir alle Bücher, deren
Cover der Illustrator entworfen hat, auch inhaltlich gefallen. Und das Cover
dieses Buches sieht einfach wieder beeindruckend aus, so dass meine Erwartungen
sehr hoch waren. Leider zu hoch.
Die Geschichte beginnt auch relativ
vielversprechend. Ein Büchernarr auf einer Reise in die Eifel. Einsame,
abgelegene Dörfer, dunkle Wälder und eine fast unheimliche Stille. Albert Moll
fühlt sich wie Jonathan Harker auf dessen Reise zur Burg des Grafen Dracula. Es
ist eines seiner Lieblingsbücher und es begleitet ihn auch auf dieser Reise. Es
werden einige Passagen aus dem Original zitiert und man bekommt richtig Lust,
van Helsings Geschichte nochmals zu lesen.
Ein Zitat von Seite 10, das Alberts
Gedanken während der Zugreise wiederspiegelt: »Nichts ist realer als die Fiktion,
nichts ist wirklicher als die Literatur, die einem den Ausbruch aus dem
Gefängnis der Wirklichkeit ermöglicht und die Realität nach den eigenen
Gesetzen umzubauen vermag.«
Teilweise wirkt die Schreibweise des
Autors antiquiert, wie aus einem viktorianischen Schauerroman, teilweise aber
auch sehr einfach wenn z.B. als/wie in einem Satz verwendet wird.
Die Atmosphäre wirkt düster und
beklemmend, ein klassisches Szenario mit eigenbrötlerischen Menschen, einem
abgelegenen Dorf, Legenden und Sagen, die sich um das Schloss ranken, ein
seltsamer Diener nebst verschrobenem Hausherrn. Alles das klingt
vielversprechen ist es aber leider nicht.
Albert Moll hat mich zum Schluss nur
noch genervt, obwohl er doch alle meine Sympathien haben sollte. Er ist ein
Büchernarr durch und durch und lebt und arbeitet nur dafür, sich alte und
wertvolle Bücher kaufen zu können. Er ist einsam und flüchtet in diese Bücher,
erlebt tausend Geschichten und verliert sich in ihnen. Man könnte meinen, ein bisschen
wie Bastian Balthasar Bux aber das wäre ein zu schmeichelhafter Vergleich.
Albert Moll weckt in mir keinen Funken Zuneigung. Seine inneren Monologe sind teilweise
nerv tötend, er ist ein Zauderer durch und durch und vertritt keine eigene
Meinung.
Seine Beziehung zu beiden Frauen wirkt
dementsprechend völlig unglaubhaft, er ist kein Typ, der Frauen anzieht und
hier sollen es gleich zwei sein, die sich brennend für ihn interessieren?
Und auch der Graf ist ein unangenehmer
und völlig wirrer Charakter. Vor allem seinen sexuellen Eskapaden sind absolut
überflüssig und tragen nichts zur Handlung bei. Wenn schon ein viktorianisches
Gewand, dann bitte auch richtig, Andeutungen haben da eine schauerlichere
Wirkung als pikante Details. Natürlich wird dem Lesenden zum Schluss einiges erklärt
aber es hat bei mir zu keinem Aha - Effekt noch zu wirklicher Begeisterung
geführt. Es war eher so, dass ich mich fragte: »echt jetzt?« Und ich muss
zugeben, ich habe das Ende letztendlich auch nicht verstanden. Das kann aber
durchaus an mir liegen, da meine Konzentration von Seite zu Seite nachgelassen hat
und ich dabei eventuell die Feinheiten überlesen habe.
Optisch ist das Buch wirklich ein
Leckerbissen. Das Cover passt zu dieser düsteren Geschichte und der Atlantis
Verlag hat sich viel Mühe mit der Hardcover Ausgabe gegeben, es hat sogar ein
Lesebändchen. Die ganze Geschichte ist bizarr, einzelne Sätze lassen das bibliophile
Herz höher schlagen Der Beginn ist vielversprechend aber Albert Moll ist kein
Jonathan Harker und Graf Roderich sicher kein Graf Dracula.
Trotzdem: Wer Schauergeschichten mag,
Wilkie Collins oder Daphne DuMaurier liebt wird an dieser Geschichte vielleicht
Gefallen finden. Das es mir nicht so ging ist ja ein rein subjektives Empfinden
und sollte niemanden davon abhalten, das Buch zu lesen.
Titel: Die magische Bibliothek
Autor: Michael Siefener
Verlag: Atlantis Verlag, HC, 178 Seiten
ISBN: 9783864028120
Hallo Petra,
AntwortenLöschender Titel und die kurze Inhaltsangabe haben mich gerade sehr angesprochen. Schade, dass das Buch dann doch nicht so ganz das war, was du erwartet hast.
Liebe Grüße, Steffi von
https://steffi-liest.blogspot.com/