19 Februar 2023

Die magische Bibliothek von Michael Siefener

 

Albert Moll und sein Bruder führen eine erfolgreiche Rechtsanwaltskanzlei in Köln, die sie von ihrem Vater geerbt haben. Während sein Bruder ein »Macher« ist und immer mehr lukrative Klienten an Land zieht, ist Albert Moll ein weltfremder Träumer, der seinen Beruf nur widerwillig ausübt. Ein Beruf, der immerhin den Vorteil hat, ihm ein gesichertes Einkommen zu gewährleisten, das er in Bücher investieren kann. Eines Tages bekommt Albert Moll den Auftrag in die Eifel auf die Burg des Grafen Roderich von Blankenstein zu reisen, um das Testament des Grafen aufzusetzen. 
Zunächst sträubt sich der scheue introvertierte Anwalt gegen die Reise, doch dann sieht er darin eine Flucht aus dem Alltag hinein in ein schauerliches Abenteuer.

Kommentar: 
Ich habe das Buch bei der Ukraine Spendenaktion von Timo Kümmel erstanden. Bisher haben mir alle Bücher, deren Cover der Illustrator entworfen hat, auch inhaltlich gefallen. Und das Cover dieses Buches sieht einfach wieder beeindruckend aus, so dass meine Erwartungen sehr hoch waren. Leider zu hoch. 
Die Geschichte beginnt auch relativ vielversprechend. Ein Büchernarr auf einer Reise in die Eifel. Einsame, abgelegene Dörfer, dunkle Wälder und eine fast unheimliche Stille. Albert Moll fühlt sich wie Jonathan Harker auf dessen Reise zur Burg des Grafen Dracula. Es ist eines seiner Lieblingsbücher und es begleitet ihn auch auf dieser Reise. Es werden einige Passagen aus dem Original zitiert und man bekommt richtig Lust, van Helsings Geschichte nochmals zu lesen. 
Ein Zitat von Seite 10, das Alberts Gedanken während der Zugreise wiederspiegelt: »Nichts ist realer als die Fiktion, nichts ist wirklicher als die Literatur, die einem den Ausbruch aus dem Gefängnis der Wirklichkeit ermöglicht und die Realität nach den eigenen Gesetzen umzubauen vermag.« 
Teilweise wirkt die Schreibweise des Autors antiquiert, wie aus einem viktorianischen Schauerroman, teilweise aber auch sehr einfach wenn z.B. als/wie in einem Satz verwendet wird. 
Die Atmosphäre wirkt düster und beklemmend, ein klassisches Szenario mit eigenbrötlerischen Menschen, einem abgelegenen Dorf, Legenden und Sagen, die sich um das Schloss ranken, ein seltsamer Diener nebst verschrobenem Hausherrn. Alles das klingt vielversprechen ist es aber leider nicht. 
Albert Moll hat mich zum Schluss nur noch genervt, obwohl er doch alle meine Sympathien haben sollte. Er ist ein Büchernarr durch und durch und lebt und arbeitet nur dafür, sich alte und wertvolle Bücher kaufen zu können. Er ist einsam und flüchtet in diese Bücher, erlebt tausend Geschichten und verliert sich in ihnen. Man könnte meinen, ein bisschen wie Bastian Balthasar Bux aber das wäre ein zu schmeichelhafter Vergleich. Albert Moll weckt in mir keinen Funken Zuneigung. Seine inneren Monologe sind teilweise nerv tötend, er ist ein Zauderer durch und durch und vertritt keine eigene Meinung. 
Seine Beziehung zu beiden Frauen wirkt dementsprechend völlig unglaubhaft, er ist kein Typ, der Frauen anzieht und hier sollen es gleich zwei sein, die sich brennend für ihn interessieren? 
Und auch der Graf ist ein unangenehmer und völlig wirrer Charakter. Vor allem seinen sexuellen Eskapaden sind absolut überflüssig und tragen nichts zur Handlung bei. Wenn schon ein viktorianisches Gewand, dann bitte auch richtig, Andeutungen haben da eine schauerlichere Wirkung als pikante Details. Natürlich wird dem Lesenden zum Schluss einiges erklärt aber es hat bei mir zu keinem Aha - Effekt noch zu wirklicher Begeisterung geführt. Es war eher so, dass ich mich fragte: »echt jetzt?« Und ich muss zugeben, ich habe das Ende letztendlich auch nicht verstanden. Das kann aber durchaus an mir liegen, da meine Konzentration von Seite zu Seite nachgelassen hat und ich dabei eventuell die Feinheiten überlesen habe. 
Optisch ist das Buch wirklich ein Leckerbissen. Das Cover passt zu dieser düsteren Geschichte und der Atlantis Verlag hat sich viel Mühe mit der Hardcover Ausgabe gegeben, es hat sogar ein Lesebändchen. Die ganze Geschichte ist bizarr, einzelne Sätze lassen das bibliophile Herz höher schlagen Der Beginn ist vielversprechend aber Albert Moll ist kein Jonathan Harker und Graf Roderich sicher kein Graf Dracula. 
Trotzdem: Wer Schauergeschichten mag, Wilkie Collins oder Daphne DuMaurier liebt wird an dieser Geschichte vielleicht Gefallen finden. Das es mir nicht so ging ist ja ein rein subjektives Empfinden und sollte niemanden davon abhalten, das Buch zu lesen.
 
Titel: Die magische Bibliothek 
Verlag: Atlantis Verlag, HC, 178 Seiten 
ISBN: 9783864028120

1 Kommentar:

  1. Hallo Petra,
    der Titel und die kurze Inhaltsangabe haben mich gerade sehr angesprochen. Schade, dass das Buch dann doch nicht so ganz das war, was du erwartet hast.
    Liebe Grüße, Steffi von
    https://steffi-liest.blogspot.com/

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