»Nur Verrückte brachen in die Akademie ein.«
So beginnt die Geschichte
der jungen Lil, die in den Straßen der Stadt aufwächst, arm, ohne Familie, und
die einen täglichen Kampf um das Überleben kämpft. Nicht nur gegen die Reichen und
Mächtigen, die auf die Ärmsten der Stadt verachtungsvoll herabblicken, sondern
auch gegen andere Straßenkindern, die vor Diebstahl und Mord an den
Schicksalsgefährten nicht zurückschrecken.
Ein Einbruch in die geheimnisumwitterte
Akademie der Magier ist etwas, was sich bisher niemand getraut hat und es würde
Lil Ruhm und vielleicht auch etwas Reichtum einbringen, sollte der Einbruch
gelingen. Natürlich geht Lils Plan schief und sie wird erwischt. Statt jedoch
mit Schimpf und Schande auf die Straße gejagt zu werden, nimmt sich der Magier
Armant ihrer an. Während die anderen Meister der arkanen Künste alle dem Adel
entstammen ist Armant, wie Lil, in den Straßen der Stadt aufgewachsen. Er
versteht ihre Sehnsüchte und er erkennt ihr Potenzial und ehe sich Lil versieht,
ist sie eine Novizin des seltsamen Mannes.
Kommentar:
Um die Zeit zu überbrücken bis der nächste Band der Sandmagier erscheint, habe ich zur Splitterwelt
gegriffen. Die Splitterwelt besteht aus drei Bänden. Den ersten Band hat Pascal
Wokan verfasst, den zweiten Band Horus W. Odenthal und den Abschlussband haben
beide Autoren zusammen geschrieben.
Band eins hat mich sofort in
seinen Bann gezogen. Das liegt schon alleine daran, wie Pascal Wokan seine Hauptfiguren
beschreibt. Sind es in den »Sandmagiern« Azir und Lian, so sind es hier Lil und
Armant. Ich weiß nicht, ob es im Leben des Autors heranwachsende Mädchen gibt,
die ihm den letzten Nerv rauben, die er aber gleichzeitig über alles liebt.
Aber so beschreibt er Lil und auch Lian. Auf sich alleine gestellt, versuchen
beide Mädchen zu überleben. Lians Volk wurde ausgelöscht, von Lils Herkunft
erfahren wir wenig. Aber der Kampf ums Überleben prägt beide Mädchen und so
sind sie frech, respektlos und verlassen sich nur auf sich selbst. Dem gegenüber,
der harte verbitterte Einzelkämpfer, der von seinen Mitmenschen nicht wirklich
akzeptiert wird. In den »Sandmagiern« Azir - einsam und verbittert, hier Armant
- ehrgeizig über alle Grenzen hinweg, erfüllt von Träumen und Zielen, welche die
anderen Magier nicht nachvollziehen können. Eingeschränkt durch die Regeln, in
denen er keinen wirklichen Sinn sieht.
Armant erkennt in Lil etwas
von sich selbst und er nimmt sich ihrer an. Das »Glück« wie sie ihr Talent
bezeichnet und das sie aus vielen gefährlichen Situationen rettet ist in
Wirklichkeit ein Funke Magie in ihr, den Armant entfachen möchte. Lils erste
Begegnung mit den Magiern ist alles andere als erfreulich. Ich zitiere eine Stelle
aus dem Buch Seite 54:
»Dein Name, Wissende!«
»Der geht Dich nichts an.«
»Wenn Du ihn nicht verrätst,
werde ich Dich weiter Diebin nennen.«
»Gut, dann nenne ich Dich
weiter Sackgesicht.«
Man muss sich in die Lage des Mädchens versetzen. Sie bricht irgendwo ein, wird erwischt, einem Ritual unterzogen, das ihr völlig fremd ist und jeder schaut auf die herab wie auf eine verdreckte, ekelige Ratte. Lil hat nur ihr freches Mundwerk um sich zu wehren und um ihre Angst zu kaschieren. Armant erkennt hinter dem Trotz des Mädchens mehr und findet einen Zugang zu ihr. Ein weiteres Zitat, das uns erkennen lässt, wie das Leben auf der Straße Lil geprägt hat:
»Wie nennt man Dich?«
»Jean.«
»Und wirklich?«
Mist! »Lil.«
»Freut mich Lil. Eine
Abkürzung für Liliane? Die Lilienblume?«
»Nein.«
»Nicht? Nun ich hätte
schwören können....
»Schöne Dinge sind
schlecht.«
»Warum?«
»Wenn etwas schön
ist, dann will es Dir jemand wegnehmen. Deshalb Lil.«
Dieser Satz hat mich
total berührt. Er zeigt, wie verletzlich Lil, trotz ihrer harten Fassade,
tatsächlich ist. Armant, der durch die gleiche harte Schule des Lebens gegangen
ist wie sie, erkennt hinter dieser Maske die Wissbegierde des Mädchens und indem
er ihr anbietet sie zu unterrichten gelingt es ihm, ihr Misstrauen zu überwinden.
Es entsteht ein Band zwischen Schülerin und Meister, das die anderem Meister
nicht verstehen und das ihnen vielleicht sogar Angst macht.
Zusammen schaffen
Lehrer und Schülerin etwas, was bisher niemandem gelungen ist. Sie
erschaffen ein Tor zu einer anderen Welt. Und hier zeigt sich, aus welchem Holz
die Menschen wirklich geschnitzt sind. Armant brennt darauf, diese Welt zu
erforschen und Magie zu entdecken. Der Prinz, der diese Expedition finanziert,
möchte die Welt erobern und die Menschen unterdrücken. Die Gelehrten der Gilde
des Fortschritts suchen nach neuen technischen Errungenschaften, der Rest hat
einfach nur Angst vor dem Unbekannten. Hier zeigt sich Lils Talent, sich jeder
Umgebung anzupassen. und zu überleben. Sie ist neugierig, auf alles vorbereitet
und stets auf der Hut. Sehr humorvoll ist die Szene auf Seite 236, in der sie
Leuchtpilze probiert und anschließend selber leuchtet. So wird sie zu einem
Licht in der Dunkelheit.
Nachdem die Gruppe
die neue Welt betreten hat sollte man meinen, dass die Geschichte etwas
langatmig wird. Aber Pascal Wokan hat diese Welt sehr abwechslungsreich
gestaltet und in jedem Abschnitt warten neue Gefahren und neue Bekanntschaften
auf die Reisenden.
Neben den Lil und
Armant gibt es noch weitere Charaktere, die der Autor sehr eindrucksvoll beschreibt.
Zum einem wäre da »Sackgesicht« Viktor, der Leiter der Akademie, der an
althergebrachtem festhält und Tradition über Fortschritt stellt. Dann Leopold,
ein junger Novize, der sich sofort gegen Lil wendet und ihr das Leben schwer
macht. Allerdings kennt Lil solche Typen zu Genüge und sie weiß sich zu wehren.
Etwas, womit Leopold nicht gerechnet hat. Und dann natürlich Prinz Emanuel, der
Zweitgeborene, der nach Ruhm strebt und den anscheinend ein Geheimnis mit Lil
verbindet.
Sprachlich hat mich
der Autor schon vom ersten Roman an überzeugt. Seine Art, die Menschen und
Dinge zu beschreiben, sind aus dem Leben gegriffen und so treffend, da ich hier
oft lauthals lachen musste. Er vermag es, den Leser emotional in seine
Geschichten einzubinden. Ich bin gespannt, ob Horus W. Odenthal dies in Band
zwei ebenfalls vermag:
Fazit:
Trotz meiner
Vergleiche zu Lian und Azir, sind Lil und Armant zwei völlig andere Charaktere,
die aber ebenfalls zu überzeugen vermögen. Eine Mischung aus Fantasy mit einem
Hauch Science Fiction in einer Welt, die mittelalterlich anmutet. Ein ganz besonderer
Mix.
Und ich weiß, ich
sage es immer wieder: Wenn es solche Selfpublisher Bücher gibt, warum
Verlagsbücher lesen?
Titel: Die Magie des
Chaos
Reihe: Splitterwelt
Verlag: Selfpublishing,
TB, 374 Seiten
ISBN: 978375573002
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