Es ist schwierig, ein Buch zu beurteilen, dass weder
einen richtigen Anfang noch ein richtiges Ende besitzt. Die Ereignisse aus
"Am Ende des Friedens" werden nahtlos fortgesetzt. Und es ist
tatsächlich das Ende des zwölfjährigen Friedenszyklusses. Die Mondbrücke erhebt
sich aus den Fluten und die vereinte Armee von Yuros zieht erneut gegen
Antiopia. Obwohl die Einwohner des Kontinents wissen, dass eine Invasionsarmee
auf sie zu marschiert, sind sie machtlos. Innenpolitische Kämpfe und Glaubenskriege
zerreißen den Kontinent und ein geeintes Vorgehen gegen den übermächtigen Feind
rückt in weite Ferne. Verrat und Intrigen spielen der mächtigen Kaiserin Lucia
in die Hände, die ihre Verbündeten auf dem Thron von Javon sehen möchte, eines
der blühendsten Reiche von Antiopia. Der mächtige Ordo Costruo wird vernichtet
und Kazim wird zum Mörder. Damit ist jeder Weg zu seiner ehemaligen Liebsten
verbaut. Kazim verschlingt Meiros Seele und bekommt dadurch dessen Kräfte. Doch
diese ängstigen den jungen Krieger und er weigert sich, seine neue Macht im
Kampf zu nutzen. Die Erinnerungen des mächtigen Magus quälen den jungen Mann.
Er erkennt, dass die Absichten des Erbauers der Leviathan Brücke und seiner
Gefolgsleute stets dem Wohl der Menschen gedient haben. Seelentrinken ist somit
eine zwiespältige Sache, sie öffnet Kazim die Augen, denn er kennt nun Meiros
Träume, Pläne und Ziele.
Nur die Skytale des Corineus kann eine Wende in den aussichtlosen Kampf
bringen. Wer dieses Artefakt in den Händen hält und seine Geheimnisse
entschlüsselt, kann sich zum gewaltigsten Magier der gesamten Welt
aufschwingen. Cym ist mit der Schriftrolle auf der Flucht vor der Inquisition.
Sie hat ihre Freunde Alaron und Ramon verraten und im Stich gelassen. Nach den
Kämpfen in Norostein müssen Hauptmann Muhren und Alaron fliehen, ihre
Verstrickungen im Kampf um die Syktale lassen sich nicht verbergen. Ihre
gemeinsame Flucht wirkt auf dem ersten Abschnitt wie ein Abenteuer. Alaron
erlebt eine nie gekannte Freiheit und Kameradschaftlichkeit, stille Momente des
Glücks und der Zufriedenheit, die abrupt enden, als der Feind ihre Fährte
aufnimmt.
Die Spur von Cym führt nach Antiopia. Alaron ist ihr auf den Fersen und
Ramon marschiert mit der Armee ebenfalls auf den fremden Kontinent zu. Somit ist
klar, dass das Schicksal die drei Freunde wieder zusammen führen wird. Über die
Erlebnisse der jungen Frau erfahren wir hier nicht viel. Ihre Absicht ist es,
die Skytale ihrem Großvater zu übergeben, nicht ahnend, dass dieser ermordet
wurde. Justina ist mit Ramita auf der Flucht. Die junge Witwe des ermordeten
Magus trägt Zwillinge unter ihrem Herzen, Erben des mächtigsten Mannes des
Reiches. Durch die Schwangerschaft entfaltet auch bei Ramita die Gnosis und
Justina unterrichtet sie in deren Gebrauch. Es ist ein Zweckbündnis, doch bald
lernen beide Frauen, sich zu respektieren.
Meine Lieblingsfigur ist und bleibt Elena. Von einem Dämon besessen,
muss sie, gefangen in ihrem Körper, hilflos mit ansehen, wie Garvon Gyle immer
mehr Einfluss ihren Schützling, Ceira Nesti, gewinnt. Durch Drohungen,
Einflüsterungen und Versprechungen bringt der Magus die junge Regentin dazu,
Javon kampflos den Feinden zu übergeben. Für die junge Assassinin ein herber
Schlag, sie setzt nun alles daran, Garvon zu eliminieren und Ceira seinem
Einfluss zu entziehen.
Das Buch passt optisch zu den ersten beiden Bänden. Für den Leser
absolut frustrierend ist das Ende dieses Bandes. Er bricht mitten in der
Handlung ab, da man in unserem schönen Land wieder zwei Bücher aus einem
Originalband machen musste. Das verprellt sicher viele Fantasyleser, die keine
Lust haben, Monate auf einen Folgeband zu warten. Mir geht es ähnlich aber die
Geschichte ist es wert, gelesen zu werden.
David Hair hat eine wunderbare Welt geschaffen, die unserer fremd aber
trotzdem nicht unähnlich ist. Fanatismus, Rassehass, Religionskriege,
Machtkämpfe, wechselnde Bündnisse. Schaut man Orient und Okzident heute an,
sehen wir viele Parallelen, die zum nachdenken anregen. Die Karten im Innenteil
des Buches ermöglichen es den Leser, den Reisen der Gefährten zu folgen und
sich ein Bild der zwei Kontinente zu machen. Michael Pfingstl hat eine sehr
schöne Übersetzung abgeliefert, die Geschichte liest sich flüssig und fesselt
von der ersten bis zur letzten Seite. Für alle Leser, die sich keine Namen
merken können, befindet sich hinten im Buch noch ein Register der handelnden
Personen.
Es empfiehlt sich nicht, diesen Band zu lesen, wenn man die vorherigen
Bände nicht kennt. Es handelt sich um einen Mittelteil, dessen Verständnis sich
einem entzieht, wenn man die vorherigen Ereignisse nicht kennt. Die kurze
Zusammenfassung zu Beginn ist nicht sehr hilfreich. Sie nützt nur den Lesern
etwas, die ihre Erinnerungen auffrischen möchten, da zwischen der
Veröffentlichung der einzelnen Bände viel Zeit vergangen ist und man nicht mehr
alle Einzelheiten parat hat.
Fazit:
Der Autor hat es nicht verdient, von den deutschen Verlagen so misshandelt
zu werden. Die Veröffentlichungstaktik von Penhaligon bleibt dem Leser ein
Rätsel. Wartet, bis alle acht Bände erschienen sind und begibt euch erst dann
nach Yuros und Antiopia. Ihr werdet die Welt dort nicht mehr verlassen wollen.
Titel: Die scharlachrote Armee
Reihe: Die Brücke der Gezeiten Band 3
Autor: David Hair
Verlag: Penhaligon, TB, 512 Seiten
ISBN: 978-3764531393
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