Irdarian aus dem Hause Perdrun ist neuer Erzfürst der Mark. Er ist jung,
naiv und der Überzeugung, dass er alte, verkrustete Ansichten aufbrechen und
das Land in eine neue Ära führen kann.
Sein Freund Stenvulf, mittlerweile Fürst des Cheruskerlandes, plant
ebenfalls gravierende Umwälzungen. Er möchte, dass seine Heimat von den
Nahrungsmittellieferungen der Mark unabhängig wird. Diese Abhängigkeit drängt sie in eine
defensive Position und die meisten Menschen der Mark sind mittlerweile der Ansicht, dass die Cherusker eher Vasallen als
gleichberechtigte Partner sind, die meisten halten sie sogar für primitive
Wilde.
Obwohl Stenvulfs Pläne sinnvoll und durchdacht sind, werden sie von den
stolzen Männern seines Volkes abgelehnt. Sie würden lieber verhungern als ihre
traditionelle Lebensweise zu ändern. Die
harten, kampferproben Cherusker verachten die verweichlichten Bewohner der Mark. Klar, dass die Regentschaft
der beiden Männer, ihre unterschiedliche Lebensweise und ihre Einstellung an
ihrer Freundschaft zehrt. Als Stenvulf
zur Hochzeit Irdarians mit
Jenenas in die Mark reist, kommt es immer wieder zu Anfeindungen, die Stenvulfs
zu einer Entscheidungen drängen, die eine tiefe Kluft in die Freundschaft
treibt.
Kommentar:
Es handelt sich um den zweiten Band der Chronik von Stahl und Feder.
Eigentlich passiert auf den 308 Seiten nicht viel aber es werden entscheidende
Weichen für die Zukunft gestellt. Aus den unbekümmerten jungen Männern werden
Herrscher. Das bringt eine große Menge Verantwortung mit sich, die beide zu
Entscheidungen zwingt, die sie so nicht unbedingt wollen. Stenvulf ist zu
aufbrausend, zu impulsiv und weigert sich, Kompromisse einzugehen. Damit
verärgert er die traditionsbewussten Führer der verschiedenen Clans. Nur wenige sind bereit, seine Pläne
mitzutragen, die für das Cheruskerland gravierende Veränderungen bringen
würden. Und das ist es, was den stolzen Kriegern Angst macht. Sie sind ein
harten und entbehrungsreiches Leben gewohnt und verachten die Marker. Sollen
sie nun deren Gepflogenheiten und Lebensweise übernehmen? Eher würden sie
sterben als Kompromisse einzugehen. Stenvulf findet nur wenige Unterstützer für
seinen Plan und das er in dieser schwierigen Lagen zur Hochzeit seines Freundes
reist, macht die angespannte Lage nicht besser. Viele seines Volkes sind der
Meinung, dass er sich zu sehr von Irdarian beeinflussen lässt und der Mark
hörig ist.
Auf der anderen Seite haben wir den jungen Erzfürsten der Mark. Im
Gegensatz zu Stenvulf, darf Irdarian keine alleinigen Entscheidungen treffen.
Ihm zur Seite stehen zwei Kanzellare und stets muss eine Abstimmung 2:1
ausgehen. Das schränkt den jungen Mann ein. In der Mark haben die Fürsten zu
viel Macht gewonnen, sie schmieden Komplotte, bereichern sich, wo es geht und
sie akzeptieren den jungen Mann auf dem Thron nicht. Als Irdarian auch noch
Jenana heiratet, die dritte Tochter eines unbedeutenden Hauses, sind viele
Fürsten verärgert. Allen voran sein Onkel Avenar. Er verlangt Zugeständnisse,
damit er diese Heirat nicht boykottiert und mit seiner Zustimmung zeigt
Irdarian seine offensichtliche Schwäche.
Zwar bricht auch der junge Erzfürst mit einigen Traditionen doch sie
erscheinen lächerlich am Angesicht der Notwendigkeiten.
Nach der Hochzeit zeigt es sich, dass es zwischen den beiden Freunden zu
unüberbrückbaren Differenzen gekommen ist und auch Jenana kann nicht mehr
schlichten. Sie sitzt zwischen zwei Stühlen. Ihre Liebe zu Irdarian und ihre
Freundschaft und ihr Verständnis für die Nöte des Cheruskerlandes. Irdarian
merkt nicht, wie überheblich sein Verhalten ist, er wurde so erzogen und für
ihn ist es selbstverständlich, dass die Mark der wichtigere und schönere Teil
des Landes ist. Sie bauen Nahrungsmittel an, die treiben Handel, sie wissen die
Schönheiten des Lebens zu schätzen und umgeben sich mit Prunk und Pomp.
Stenvulf erkennt mehr als einmal, dass die aufgetischten Mahlzeiten während der
Hochzeitsfeierlichkeitenim Cheruskerland eine Familie eine ganze Woche ernähren
könnte. Oder das der Preis für die getragene Kleidung oder das gezeigte
Geschirr das Jahreseinkommen eines Cherusker übersteigt.
Sein Zorn schwelt immer mehr und die Unentschlossenheit seines Freundes
verärgert ihn. Er fühlt sich hintergangen und alleine gelassen.
Während Irdarian seine Hochzeit feiert und Stenvulf versucht, seine Landsleute
von den geplanten Veränderungen zu überzeugen, bahnt sich im Verborgenen eine
neue Gefahr an. Einem vergessenen Gott wird gehuldigt und dessen Macht scheint
außergewöhnlich groß.
Meines Erachtens ist der Schreibstil in diesem zweiten Band flüssiger als
zu Beginn der Chronik. Man bekommt als Leser das Gefühl, dass Peter Segmüller
in der Geschichte lebt und die Ereignisse nur so aus seiner Feder fließen. Ich stehe voll und ganz auf der Seite der
stolzen Nordmänner, bin aber der Meinung, dass Stenvulf zu schnell vorprescht
und zu vieles auf einmal möchte. Und dabei ist er nicht bereit, auf Vorschläge
seiner Fürsten zu hören. Er handelt wie ein Diktator. Sicher braucht man im
Kampf einen starken Anführer aber wenn es um so gravierende Umwälzungen geht,
wie Stenvulf sie plant, sollte man sich die Clanführer mit ins Boot holen, auf
ihre Ängste und Befürchtungen eingehen. Stenvulf ist kein Politiker, das war
bisher auch nicht notwendig, da das entbehrungsreiche Leben der Menschen bisher nur auf Kampf und Überleben
ausgerichtet war. Aber jetzt wäre es nötig, auf die Menschen einzugehen, ein großes
Versäumnis des Fürsten, der damit viele Clansmänner gegen sich aufbringt.
Bei Irdarian verhält es sich umgekehrt. Er war im Cheruskerland und hat
die Nöte des Volkes gesehen. Er weiß, dass die Mark ihr Veralten gegenüber
ihren Bündnispartnern ändern muss aber er
lässt sich zu sehr von seinem Umfeld beeinflussen. Er schämt sich teilweise
auch für das »primitive« Verhalten seines Freundes, der laut und ungehobelt
erscheint. Seine Macht ist noch zu ungefestigt und er ist sich nicht sicher, ob
die beiden Kanzellare nicht seine Pläne boykottieren.
Mir hat dieser ruhige, zweite Band sehr gut gefallen. Es bringt dem Leser
die beiden Charaktere näher, wir können ihre Intention nachvollziehen, ebenso
ihre Konflikte. Das verleiht beiden Männern eine besondere Tiefe, wie man sie
selten in einem Fantasy Roman erlebt. Auch Jenana verändert sich. Als Frau des
Erzfürsten tritt sie selbstsicherer auf, sie braucht ihre Liebe zu Irdarian
nicht mehr verstecken. Auf ihre leise und unaufdringliche Weise führt sie ihren
Mann oft in eine richtige Richtung, ihr Einfluss auf ihn ist immens. Dabei wird
sie aber nicht von Herrschsucht getrieben sondern alleine von dem Wunsch, den
Menschen zu helfen und ihren Mann zu unterstützen. Sie ist warmherzig,
gefühlvoll aber auch klug und überzeugend.
Das Cover ist sehr dezent, es passt zu Band eins und ich denke, wenn man
dann alle Bände sein eigen nennt, hat man eine optisch sehr schöne Serie im
Buchregal stehen. Im Inneren findet der Leser eine Karte des Landes und am Ende
ein Glossar zu den Völkern, Personen und Göttern. Ich mag so etwas, es
bereichert die Geschichte ungemein.
Ich bin gespannt auf Band drei und werde der Serie sicher treu bleiben.
Es gibt mittlerweile von Peter Segmüller und Tadäus M. Fivaz zahlreiche Bände
die in dieser Welt spielen und wem das Warten auf Band 3 zu lange dauert, kann
sich damit die Zeit vertreiben. Es gibt dazu auf youtube oder auf der website, die ich verlinke, einen sehr schönen Clip. Wer Interesse an dieser sehr gut ausgearbeiteten Welt hat, dem kann ich noch das Buch "die Saat der Freiheit" empfehlen, der von der Besiedelung Opalindons erzählt.
Danke an Peter Segmüller für das Rezensionsexemplar. Es handelt sich hier
aber um meine subjektive Meinung, die sicher bei einem Kauf des Buches nicht
anders ausgefallen wäre.
Titel: Ernte des Blutes
Autor: Peter Segmüller
Verlag: Selfpubliher, TB, 308 Seiten
ISBN: 9783907141304
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