11 August 2019

Die Zeitagenten von Joachim Sohn


https://www.artskriptphantastik.de/die-zeitagenten.html
Die TAO - time agent organisation-im Jahre 2223 besteht nicht nur aus Menschen, sondern auch aus anderen Spezies. Als Tarnung der Zeitagenten die für diese Organisation tätig sind, dienen ordentliche Berufe. Vorzugsweise der des Weinhändlers, denn Wein wurde in fast allen Zeiten und von fast jedermann getrunken. Johann Baumgärtner und sein Gehilfe Karl  Ziegler werden von der TAO des Jahres 2239 um Hilfe gerufen, da dort bei einer Leiche eine Nachricht in Sütterlin gefunden wurde. Johann und Karl sind Timeagenten aus dem 20. Jahrhundert und können diese Schrift lesen. Leider ist die Nachricht sehr obskur, man kann allerdings herausfinden, dass sie im Jahre 1879 verfasst wurde. So begeben sich die beiden Zeitagenten auf die Spur der Nachricht, um den Mord zu verhindern. Je weiter sie der Spur der Nachricht folgen, desto unglaublicher ist die Geschichte, die sich dahinter verbirgt. Schritt für Schritt gehen die beiden Agenten in der Zeit zurück, bis in das 14. Jahrhundert. Und bald gilt es nicht nur, einen Mord zu verhindern, sondern das Leben von hunderten Menschen zu retten. Keine leichte Aufgabe für zwei Männer aber sie bekommen unerwartete Hilfe.


Kommentar:
Warum Joachim Sohn sein Werk eine Novelle nennt, erschließt sich mir nicht ganz. Die Geschichte umfasst 230 Seiten und ist genauso spannend wie einige Zeitreiseromane, die ich gelesen habe.
Die geschilderten Ereignisse setzen eine umfassende Recherche voraus. Mich hat die Erzählung über die Katharer so neugierig gemacht, dass ich tatsächlich im Internet einiges nachgelesen habe. Wer Joachim Sohn kennt, weiß natürlich, dass es nicht nur um trockene, historische Fakten geht, sondern auch Spannung, Humor und aberwitzige Situationen nicht zu kurz kommen,
Nina, eine Donda, haut die Recken aus einer sehr unangenehmen Situation heraus, dass sie dabei Mittelerde mit dem Mittelalter verwechselt, macht dabei keinen großen Unterschied.
Wie bei Asimovs drei Gesetzen der Robotik, haben auch die Zeitagenten einen Kodex und Regeln, an die sie sich halten müssen. Ich zitiere sie hier:
1. Ein Zeitagent darf niemals ein Lebewesen töten. Dies gilt Spezies übergreifend, arbeiten doch Menschen und andere Spezies oft zusammen und ermitteln auch auf fremden Welten.
2. Ein Zeitagent darf niemals eine Situation verschlimmern. Das erforder viel Takt-und Feingefühl und auch die Kraft, ggf. einmal nicht einzugreifen.
3. Ein Zeitagent muss alles daran setzen, die involvierten Personen zu beschützen. In dieser Geschichte entspannt sich ein heißer Disput zwischen den Beteiligten, die ihre Optionen sehr genau abwägen müssen.
4. Verändere einzelne Ereignisse nur so, dass die Gesamtheit der Ereignisse unverändert bleibt. Das bedeutet natürlich auch, dass die Hilfsmittel der Agenten der jeweiligen Zeit angepasst sein müssen. Alle Agenten haben allerdings die Chance, sich bei einem jährlichen Treffen in Neu-London über Fortschritt und Technik zu informieren und diese ggf. zu nutzen und ihrer Zeit anzupassen.
Karl formuliert noch eine weitere Richtlinie, über die seine Vorgesetzten nachdenken.
Neben Nina, hat mir Alphonse am besten gefallen. Er ist der Kontaktmann der Zeitagenten für das 14. Jahrhundert. Auch er gibt sich als Weinhändler aus und nutzt seine Tätigkeit, um die besten Weine aus der Vergangenheit zu bunkern oder sich in einem Wiener Kaffeehaus des 19. Jahrhunderts ab und zu einen guten Kaffee zu gönnen. Er macht das beste aus seiner Situation und genießt das Leben. Im Gegensatz zu ihm wirkt Johann sehr streng. Ein korrekter Deutscher eben, der alles relativ ernst nimmt. Dazwischen Karl, der noch in der Ausbildung steckt und Johann als Gehilfe zugeteilt ist. Der junge Mann entwickelt einen schiere Freude an den Technologien des 23. Jahrhunderts, an den Möglichkeiten, die sich ergeben und an den fremden Spezies. Seine Neugier wirkt erfrischend, denn auch der Leser ist fasziniert von dieser Welt und ihren Chancen. Doch wie weit darf man in die Geschichte eingreifen und sie verändern? Diese Frage hat sich schon mancher Autor gestellt und Joachim Sohn hat sie mit Bravour gelöst. Mich erinnert die Zeitagenten ein bisschen an Timline von Michael Chrichton oder auch an die Chroniken der Zeitpatrouille von Poul Anderson. Natürlich sind das große Namen, mit denen ich Joachim Sohn hier vergleiche. Er ist vielleicht noch nicht ganz dort angekommen aber er ist auf dem besten Weg.
Die Aufgliederung der Novelle in einzelne Zeitabschnitte wäre schön gewesen. Einfach einen Überschrift mit der Zeitangabe, damit der Leser besser und schneller folgen kann. Denn die Agenten müssen einige Jahrhunderte durchstreifen, bevor sie der Lösung des Falles näher kommen.  Das Cover gefällt mir gut, es zeigt Zahnräder aus dem Dampfmaschinen-Zeitalter und eine Sting-Ray aus der modernen Zeit.
Natürlich kennt man das Amt für Aetherangelegenheiten schon aus den Romanen von Anja Bagus und Joachim Sohn verweist auch darauf. Besonders gefallen hat mir der Hinweis auf die Runenzeit-Saga von Mark Bredemeyer, einer grandiosen Zeitreise Saga. Ein wahres Leckerli für Zeitreisefans.
Alles in allem eine spannenden, unterhaltsame und teilweise lehrreiche Geschichte, sprachlich auf sehr hohem Niveau, die Lust auf mehr macht. Und das *mehr* wird kommen, wie ich erfahren habe.
Titel: Die Zeitagenten
Reihe: folgt hoffentlich bald
Autor: Joachim Sohn
ISBN: 9783945045077

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