Gwen Farway und ihre Tochter Cassie
leben Corbelle, einer Stadt, die ihre
besten Jahre schon lange hinter sich hat. Arbeitslosigkeit und Armut greifen
um sich, auf ihren Spuren folgen Dunkelheit
und Gewalt.
Als Cassie brutal ermordet wird, bricht
für Gwen eine Welt zusammen. Ein Leben ohne ihre Tochter scheint nicht
lebenswert, nichts und niemand kann die junge Frau in ihrem Kummer trösten.
Jeden Tag muss Gwen, auf dem Weg zu ihrer Arbeit, an der Laterne vorbei, unter
der man die Leiche des Kindes gefunden hat. Eine Qual für die Mutter.
Eines Tages sieht Gwen einen Mondvogel
diese Laterne umflattern und kurz darauf erscheint ihr der Geist ihrer kleinen
Tochter. Plötzlich steht sie da, ihren kleinen Stoffelefanten Ollie in der
Hand, gekleidet wie am Tag ihres Todes. Gwen zweifelt an ihrem Verstand und zunächst versucht sie, Cassie zu ignorieren. Aber das kleine Mädchen
bleibt, denn es hat eine Aufgabe. Und bevor diese nicht erledigt ist, kann sie
Corbelle nicht verlassen.
Kommentar:
Nach den ersten Seiten war ich etwas
geschockt. Ich kenne
viele Geschichten von Fabienne Siegmund, die ich immer als
melancholisch, verträumt und poetisch bezeichnen würde. Märchenhaft und
wunderschön. Die brutale Vergewaltigung
und Ermordung eines kleines Mädchens war ein Auftakt, mit dem ich nicht
unbedingt gerechnet hatte. Und trotzdem
nahm mich die Geschichte wieder vom ersten Satz an gefangen. Wie Fabienne es
schafft, die Gefühle der trauernden Mutter zu schildern, berühren den Leser im
Innersten. Ein Kind zu verlieren, ist wohl das schrecklichste Ereignis im Leben
eines Menschen. Darüber zu schreiben, ist sicher nicht leicht. Die Autorin hat
das Talent, Freude, Tragik, Trauer oder andere Gefühle in einer Weise zu
schildern, dass man sie fast selber fühlt, Teil der Geschichte wird, statt sie
nur zu lesen.
Obwohl die Erzählung sehr traurig
beginnt, wandelt sie sich nach und nach und mit dem Erscheinen des Geistes kommen
phantastische Elemente hinzu. Zuerst mag Gwen nicht glauben, dass Cassie wieder
da ist. Ihr Verstand sagt ihr, dass es sich um ein Trugbild handelt, ihr Herz
akzeptiert jedoch schnell die Erscheinung und bald leben Mutter und Tochter wie
früher miteinander. Schon bald wird allerdings deutlich, dass Cassies
Anwesenheit einen Grund hat. Sonderbar ist, dass niemand außer ihr das kleine
Mädchen sehen kann. Nicht Ryan, ihr Nachbar, mit dem Mutter und Tochter viel
Zeit verbracht haben und auch nicht Arthur, Gwens Vorgesetzter und Freund, der ihr ein Trost in
diesen schweren Stunden ist.
Band eins besteht aus lediglich 61
Seiten. Es ist unfassbar, wie viel Fabienne Siegmund in diese 61 Seiten packen
kann, Andere AutorrInnen schaffen das nicht auf 500 Seiten.
Ergreifend beginnt es schon auf
Seite drei mit folgendem Satz: " Es heißt, wo das Lachen eines Kindes
stirbt, kann kein Glück mehr sein," oder auch von Seite acht: "Der
Mond ist die Sonne der traurigen Menschen, hatte sie mal gehört."
Ich habe keine Ahnung, wie Fabienne
Siegmund diese wundervollen, sehr ausdrucksstarken und immer passenden Sätze
findet, die genau auszudrücken, vermögen, was ein Mensch in der jeweiligen
Situation empfindet. Gwens Trauer, als das Kind stirbt. Ihre Ohnmacht, ihr
Verstecken vor der Welt und ihre Angst vor der Anteilnahme der anderen
Menschen. Eine Anteilnahme, welche die Tiefe ihrer Trauer nicht erreichen kann.
Die Menschen ihrer Umgebung möchten weiter leben, die Schwere der Trauer hinter
sich lassen und mit dem Verlust abschließen. Gwen kann das nicht. Und als
Cassie dann plötzlich als Geist wieder da ist, geht das natürlich nicht mehr.
Und obwohl Cassie diejenige ist, die
ihrer Mutter hilft, den Verlust halbwegs zu überwinden, kann das Mädchen eines
nicht: Ihr den Namen des Mörders verraten. Immer mehr tote kleine Mädchen werden
gefunden und es verschwinden auch immer mehr Kinder, ohne das jemals wieder
eine Spur von ihnen
gefunden wird. Mit Hilfe ihrer Tochter beginnt Gwen, nach dem Mörder ihrer
Tochter und den Entführern der Kinder zu fahnden. Diese Suche gibt ihr Kraft, wieder zu leben
und sich langsam ihren Mitmenschen zu öffnen.
Diese Wandlung verfolgt der Leser sehr
aufmerksam. Sie ist glaubhaft und überzeugend, nichts wirkt an den Haaren
herbei gezogen, es gibt keine überraschenden Wendungen, die Geschichte rollt
sich nach und nach auf.
Wer, wie ich, schon etwas älter ist,
kann sich sicher noch an die Heftchenromane am Kiosk erinnern, auf die man
Woche für Woche gewartet hat. Lektüre für kleines Geld. In ähnlicher Weise
veröffentlicht Fabienne Siegmund ihre Geschichte. Der Preis beträgt 3,99 Euro, das mag zuerst
viel erscheinen aber der Inhalt ist jeden Cent wert. Das Cover ist in dezenten
Farben gehalten und etwas stabiler, als bei den gewöhnlichen Heftromanen. Die
im Heft enthaltenen Hinweise (Werbung mag ich es nicht nennen, das klingt zu
negativ) passen zu dem Genre und sind sehr dezent gehalten. Die Seiten sind
leicht grau schattiert umrandet und somit setzt sich diese Geschichte auch
optisch von den anderen Kioskheftchen ab.
Alles in allem hat der Leser mit Moon
Bird Band 1, Cassies Geist, ein wundervolles Kleinod in der Hand und ich kann
es kaum erwarten, den zweiten Band in der Hand zu halten.
Titel: Cassies Geist
Reihe: Moon Bird Band eins
Autor: Fabienne Siegmund
Verlag: Selfpublishing
ISBN: Keine
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