05 Mai 2019

Bittere Wahrheiten (Longmire Band 1) von Craig Johnson


https://www.festa-verlag.de/catalogsearch/result/?q=Longmire
Cody Pritchard ist ein rundherum unangenehmer Typ. Als er ermordet wird, ist der Kreis der Verdächtigen groß, denn durch seine prahlerische und aufreizende Art hat er sich viele Feinde gemacht. Da bei dem Ermordeten einen große Feder gefunden wird, die bei den Indianern eine bestimmte Bedeutung hat, fällt der Verdacht bald auf die Cheyenne. Cody hatte vor zwei Jahren mit dreien seiner Kumpels Melissa Little Bird vergewaltigt und die Kerle sind nach Ansicht der meisten Einwohner, mit einer zu milden Strafe davon gekommen. Doch warum wartet der Täter zwei Jahre, bevor er Cody umbringt? Neben der Feder ist die einzige Spur, die Walter Longmire hat, die Außergewöhnlichkeit der Tatwaffe und das Können des Schützen. Zu den Verdächtigen gehört auch bald sein langjähriger Freund Henry Standing Bear, der ein Onkel Melissas ist.

Kommentar:
Ich liebe die Krimis von Tony Hillerman mit dem Navajo Polizisten John Leaphorn und ich habe lange gesucht, bis ich etwas adäquates gefunden habe. Walter Longmire ist Sheriff in dem kleinen Ort Absaroka County in Wyoming. Sein bester Freund, Henry Standing Bear, ist ein Cheyenne. Das Zusammenleben zwischen den amerikanischen Ureinwohnern und den Weißen gestaltet sich oft als schwierig, es kommt immer wieder zu Übergriffen, Schlägereien und Vergewaltigungen. In den Augen der Cheyenne und Crow sind die Gerichtsurteile oft ungerecht und den Taten nicht angemessen. So auch im Fall der Vergewaltigung von Melissa. Obwohl Longmire alles versucht, um ein faires und gerechtes Urteil zu erreichen, kommen die vier jungen Männer mit einer leichten Strafe davon, ein Schlag ins Gesicht der Indianer.
Ich habe Longmire zuerst als TV Serie gesehen. Die Geschichte dort hat aber nicht viel gemein mit den Büchern. Während in der TV Serie Longmires Frau unter verdächtigen Umständen stirbt und ein Erzählstrang die Suche nach dem Täter beinhaltet, stirbt sie in den Büchern an Krebs. Auch der Zwist mit seiner Tochter findet in den Büchern nicht statt, im Gegenteil, sie haben ein sehr herzliches Verhältnis zueinander, auch wenn Cady weit entfernt lebt.
Mir haben die Bücher tatsächlich noch eine Tick besser gefallen. Mittlerweile habe ich Band zwei durch und ich kann sagen, der Autor steigert sich nochmals. Band eins wirkt etwas stockend erzählt, gerade der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist manchmal nicht zu erkennen, da die Szenen ineinander übergehen ohne einen Bruch. Bis der Leser merkt, dass Walt wieder in der Vergangenheit ist, dauert es manchmal zwei, drei Sätze. Wenn man sich aber daran gewöhnt hat, liest sich das Buch sehr gut. Die Charaktere sind sehr ausgefeilt und besitzen einen Tiefe und Glaubwürdigkeit, wie man sie eher selten findet. Longmire trauert auch nach drei Jahren immer noch um seine Frau und seine Ängste und Zweifel vor einem neuen, ersten Date sind sehr gefühlvoll beschrieben. Ich denke, dies kann nur ein Mann so intensiv beschreiben, der vielleicht ähnliches durchlebt hat. Dazu kommt die Beschreibung einer tiefen Männerfreundschaft und markante, saloppe Sprüche. Ein Zitat von Seite 398: "Ich würde sagen, die Tiefen seiner Blödheit müssen erst noch ausgelotet werden und Deine ist ihr ganz dicht auf den Fersen." Obwohl ein salopper, teilweise rauer Umgangston zwischen den beiden Männern herrscht, erkennt der Leser die starken Bande zwischen ihnen.  
Noch ein Zitat: " Die besten Freunde sind die, die nie aufhören, einen zu überraschen, egal wie nahe sie einem stehen."
Zu den wirklich gelungenen Charakteren kommt eine spannende Beschreibung der indianischen Kultur, ihre Mythen und Legenden hinzu, die sehr detailliert beschrieben werden. Das ist keineswegs langweilig sondern eröffnet dem Leser eine fremde Welt, von der wir viel zu wenig wissen.
"Bittere Wahrheiten" ist der Auftakt zu der Serie, von der es bisher (leider nur)drei Bände in Deutsch gibt. Ich hoffe, der Autor hat noch viel zu erzählen. Es sind ruhige, langsame, tiefgründige Geschichten, die den Leser in ihren Bann ziehen. Mich haben sie süchtig gemacht. Das die Charaktere keine jungen, ungestümen Helden sind, die alles können, macht den besonderen Charme der Bücher aus. Longmire und Henry Standing Bear sind beide jenseits der 50 und kennen die Grausamkeit der Welt, da beide zusammen im Vietnamkrieg waren. Sie sind vom Leben gezeichnete Männer und auch Vic und Ruby, die beide mit Longmire arbeiten, haben ihre Erfahrungen hinter sich. Das Cover spiegelt die Stimmung des Romans sehr gut wieder. Es zeigt die Unerbittlichkeit der Berge und das karge Land, im Vordergrund die Silhouette des Sheriffs. Land und Charakter gleichen sich. Rau, karg aber unverwüstlich und stark.
Fazit: 
Ein langsamer, ruhiger Krimi mit glaubhaften Charakteren und ein bisschen Mystik, die uns eine Welt zeigen, wie wir sie so in Europa nicht kennen. Ich bedanke mich bei Festa, dass sie die Bücher veröffentlichen. Als Serie gibt es mittlerweile zwar vier Staffeln, leider wurde aber nur Staffel eins für den deutschen Markt bearbeitet. Mein englisch ist nicht so gut, um die Serie im Original zu sehen, jetzt kann ich immerhin drei Bücher lesen.
Titel: Bittere Wahrheiten
Serie: Longmire Band 1
Verlag: Festa, TB, 506 Seiten
ISBN:9783865525505

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