Drei sehr unterschiedliche Männer aus
verschiedenen Ländern haben immer wieder den gleichen Traum, hören die gleiche
Stimme. Sie werden aufgefordert, sich auf eine Reise zu begeben, um den Messias
willkommen zu heißen. Sie wissen nicht, wer oder was dieser Messias ist oder
wohin die Reise gehen soll.
Caspar ist ein Seher im abessinischen Kaiserreich.
Er lebt aufs Messers Schneide, denn jeden Tag könnte es dem seinem Herrscher,
Yanus dem Älteren, einfallen, ihn für eine vor langer Zeit begangene Tat büßen
zu lassen. Mit sehr viel Überredungskunst und List gelingt es Caspar, dem
Kaiser die Erlaubnis für eine Reise nach Nazareth abzutrotzen.
Balthasar ist ebenfalls ein Seher und
lebt in Babylon. Auch er braucht einiges an Überredungskunst, um eine
Bewilligung für diese Reise zu erhalten. Als er in einen Mord verwickelt wird, gleicht
seine Abreise eher einer Flucht.
Nur Melchior verweigert sich zunächst
dem Ruf. Er glaubt, seinen Verstand zu verlieren, als er Tag und Nacht von
dieser Stimme bedrängt wird. Er findet keine Ruhe mehr, kann seine bunte
zusammengewürfelte Truppe nicht mehr anführen. Die Entscheidung wird ihm aus der Hand genommen, als seine Freunde für
ihn die Wahl treffen, die Reise nach Nazareth zu wagen. Während dieser
Entscheidung liegt Melchior in tiefer Bewusstlosigkeit und als er erwacht gibt
es kein Zurück mehr.
Kommentar:
Als ich den Titel dieses Buches gelesen
habe, wollte ich es unbedingt haben. Und das Cover hat diesen Wunsch noch
verstärkt. Die warmen Farben fangen die Stimmung des Buches sehr gut ein und
die Illustrationen passen hervorragend zu dieser außergewöhnlichen Geschichte. Wir
wissen viel zu wenig über diese drei Männer, die einem Stern folgten um in
Nazareth den neuen König der Juden zu ehren. In diesem Roman der
österreichischen Autorin Monika Grasl folgen die drei Weisen keinem Stern
sondern einer Stimme. Da sowohl Caspar als auch Balthasar beide als Seher tätig sind, erscheinen ihnen ihre
Visionen, Bilder und Stimmen keineswegs fremd oder unglaubwürdig. Melchior
hingegen, der als fahrender Schausteller für seine Truppe verantwortlich ist,
weiß nichts von seiner seherischen Begabung und zweifelt bald an sich. Erst
spricht die Stimme nur im Schlaf zu ihm, doch bald hört er sie überall. Seine
Beziehung zu Wanita leidet unter der Situation, die junge Frau glaubt, dass ihr
Geliebter den Verstand verliert. Erst als die alte Ora, welche Melchior
aufgezogen hat wie ihren eigenen Sohn, erzählt, dass Melchior schon als Kind
prophetische Träume hatte, beginnen seine Freunde, sein Verhalten in einem
neuen Licht zu sehen.
Die Geschichte wechselt zwischen den
sehr unterschiedlichen Charakteren hin und her. Die Autorin hat jedem der drei
Männer einen spannenden Hintergrund gegeben, der sehr glaubhaft wirkt. Genau so
könnten sie gelebt haben und genau aus den beschriebenen Gründen könnten sie
die Reise unternommen haben. Die Bedeutung des Wortes Messias ist ihnen fremd,
was also veranlasst sie, den beschwerlichen Weg auf sich zu nehmen? Für Caspar
und Balthasar ist es eine Art Flucht. Obwohl Balthasar dem Königshof angehört,
hat er sich von seiner Familie abgewandt und lebt unter den einfachen Menschen.
Gleichwohl folgt er dem Ruf seines Herrschers, wenn dieser es verlangt. Zu
abhängig ist er von der Gnade seines Herrn. Ebenso ergeht es Caspar. Melchior
ist zwar ein freier und unabhängiger Mann, doch er muss für das tägliche Brot
seiner Leute und ihr Überleben sorgen. Er weiß, dass der Weg nach Nazareth lang
und beschwerlich ist, er möchte diese Reise niemandem zumuten. Es ist eine
Erleichterung, als ihm die Entscheidung aus der Hand genommen wird. Sein Hader
mit sich und der Welt rührt den Leser bis in tiefste Innerste. Für mich ist er
das Herz dieser Erzählung.
Den drei Weisen aus dem Morgenland hat
Monika Grasl noch sehr menschliche Begleiter zur Seite gestellt. Caspar reist
mit seinem Lehrling Abdi zusammen mit einer Elefantenkarawane. Der alternde
Mann erkennt in Abdi vieles von sich selbst und fördert den Jungen.
Balthasar beginnt seine Reise mit zwei
Frauen. Seiner Cousine Laea und der Tänzerin Asli. Begleitet werden sie von
seinem Leibwächter Erris. Sie reisen auf Kamelen zu ihrem Zielort während
Melchior und seine Truppe mit Pferden unterwegs sind.
Sprachlich agiert die Autorin auf
höchsten Level, sie erzählt routiniert und spannend, ohne die Erzählung in die
Länge zu ziehen oder zu viele abseitige Wege zu beschreiten. Die kleinen, österreichischen
Spracheigenheiten geben dem Buch einen besonderen Charme. Auf 408 Seiten breitet
sich vor dem Leser eine faszinierende und exotische Welt aus und er genießt
jede Zeile.
Obwohl die Geschichte nicht auf
historischen Fakten beruht und reine Fiktion ist, hat sich mich von der ersten
Seite an für sich eingenommen, Eine schöne und warnherzige Erzählung über drei
Männer, die eine Art Unsterblichkeit erlangt haben. Eines meiner Highlights
2019.
Titel: Die Reise der Weisen
Autor: Monika Grasl
Verlag: Schwarzer Drachen Verlag, TB,
408 Seiten
ISBN: 9783964080271
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