Als
Kinder waren Archibald Leach uns Sarah Goldberg miteinander befreundet. Die
Leach' waren eine der wenigen Familien, welche die jüdischen, etwas
verschrobenen Goldbergs akzeptiert haben. Dann verschwanden die Leach und
sechzehn Jahre hörte Sarah nichts mehr von ihnen. Bis Archibald Leach plötzlich
vor ihrer Tür steht und sie um Mithilfe bei einigen Nachforschungen bittet. Die
junge Frau hat mittlerweile die Werkstatt ihres Vaters übernommen. Sie hat sein
handwerkliches Geschick geerbt und kann an mechanischen Geräten fast Wunder
wirken.
Sarah
ist eine unabhängige, resolute und sehr emanzipierte Frau, die es schwer hat,
in der bigotten, englischen Gesellschaft Fuß zu fassen. Nur zu gerne
unterstützt sie ihren ehemaligen Freund aus der Jugend bei seinen Nachforschungen
und begleitet ihn auf seinen Reisen.
Ihr
erstes Ziel ist dieses Mal Dartmoor. Dort wurde eine Leiche gefunden, auf deren
Rücken der Name Archibald Leach eingeritzt ist. Die Leiche befindet sich in
einer sehr merkwürdigen Verfassung, einer Mutation zwischen Mensch und Wolf. Es
handelt sich aber nicht um einen Werwolf. Der Tote ist ein verschwundener
Wächter des berüchtigten Zuchthauses Dartmor, der vor einigen Tagen noch lebend
gesehen wurde.
Wie
also kann es sein, dass dieser Mann wenige Tage später als Mischwesen in einem
Wald auftaucht und Reisende überfällt?
Sarah und Archibald begeben sich nach Dartmor
und dies ist der Beginn einer unglaublichen Ermittlung, welche die beiden
Freunde rund um den Globus führt. Der Marquis Lazare Ogier de Mortematre, ein Erzschurke, möchte nichts anderes, als die Weltherrschaft an sich reißen. In Dartmor beginnt er mit seinen grausamen Experimenten an Menschen und der Tote diente lediglich als Lockvogel für Archibald Leach. Mortemarte möchte dem jungen Mann seinen "horriblen Unschärfekompass des relativen Bösen" entwenden. Mit diesem Kompass kann man die Aetherkraft von toten Wesen sammeln und beeinflussen und gewinnt unermessliche Macht.
Mortemarte
entkommt mit dem Kompass und hinterlässt einen Berg von Leichen und mutierten
Wesen, so dass es Archibald Leach und Sarah Goldberg nicht schwer fällt seiner
Spur zu folgen. Sie müssen verhindern, dass der Marquis die uralten und
mächtigsten Wesen der Welt tötet und deren Aetherkraft sammelt, denn mit jedem
toten Wesen wird seine Macht größer.
Kommentar:
Wo
beginnen? Die Verlegerin ist an mich herangetreten und fragte, ob ich nicht
eines der Bücher aus dem Verlagsprogramm rezensieren möchte. Ich habe mich für
Archibald Leach entschieden, weil ich das Cover sehr interessant und ansprechend
fand und Steampunk mag. Und mit dieser Wahl habe ich ein Buch herausgesucht,
dass eines meiner Highligts 2018 ist. Nun haben Books & Braun starke
Konkurrenz bekommen denn Leach und Goldberg stehen dem anderen Duo in nichts
nach.
Die
Geschichte verfügt genau über die Art Humor, den ich mag. Schräg, beißend, böse
und unterhaltsam. Hier ein Zitat von Seite 154:
"
Diese Agentin von B.O.O.K ist eine klasse Frau, nicht wahr?", schwärmte
Archibald Leach.
"Sie
hat ein Holzbein", erwiderte Sarah.
"Das
zeigt ihren besonderen Einsatzeifer."
"Sie
hat Läuse!"
"Trotzdem
hat sie sich nicht einmal gekratzt! Dies nenne ich Selbstbeherrschung."
Die
Dialoge der beiden sind herrlich amüsant, stets mit einer kleinen Frotzelei.
Sarahs Gedanken, die in kursiv gedruckt sind, tragen ihr übriges dazu bei, dass
der Leser aus dem schmunzeln gar nicht mehr heraus kommt.
Archibalds
Vergangenheit bleibt im Dunkeln. Im Laufe des Romans erfährt immer wieder
kleine Einzelheiten aus den sechzehn Jahren und häppchenweise bildet sich ein
Gesamtbild. Während Archibald
verschwunden war, musste Sarah sich in das Leben der englischen Gesellschaft
einfügen. Das gelang ihr nicht besonders gut. Hier ein Zitat, welches ihre
Situation sehr gut beschreibt:
"Es
gibt Zeiten, in denen man über seinen Schatten springen muss. Jahrelang habe
ich mich bemüht, mich den strengen Maßstäben der britischen Oberschicht
anzupassen. Das Korsett der gesellschaftlichen Normen schnürte mir nicht nur im
übertragenen Sinn die Luft ab"
Diese
Zitat stammt aus einem Vorwort der burschikosen Frau. Diese Vorworte von Sarah
Goldberg sind das Salz in der Suppe dieses Romans und geben einen Einblick in
das Wesen der symphytischen und resoluten Frau. Sie ist eine Frau der Tat, die
es versteht, mit Waffen umzugehen, während Archibald Leach eher der Träumer und
Phantast ist und die Realität oft etwas aus dem Auge verliert. In einer
Geschichte voller Schauer, Mystik, Magie, Voodoo und Geister ist es nötig, eine
Partnerin zu haben, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht. In den Jahren seiner Abwesenheit muss
Archibald Leach sehr viel auf Reisen gewesen sein, denn bei ihrer Suche nach
dem Marquis bekommt das ungleiche Paar Hilfe von sehr merkwürdigen Verbündeten
aus aller Welt. Seien es Piraten, Schurken oder legändere Abenteurer, die auch
dem Leser aus anderen Geschichten bekannt sind. Irre, was sich Markus Cremer da
ausgedacht hat, da blieb mir vor Staunen fast der Mund offen stehen.
Die
Verfolgungsjagd führt Leach und Goldberg von London zu den Teufelsinseln, weiter
nach New Orleans, in die Karibik und nach Afrika, bis sie in Indien endet. Eine
atemberaubende Reise in Zeppelinen, Schiffen, zu Pferd oder auf Kamelen. Immer
wieder durchsetzt mit dem charmanten Wortwitz von Sarah Goldberg.
Der
Autor verfügt über bildgewaltige Sprache, er meidet Wiederholungen und schafft
es, den Leser auf 581 in Staunen zu versetzen. Immer wenn man meint, dass eine
Idee nicht mehr zu toppen ist, kommt er mit dem nächsten außergewöhnlichen
Einfall daher. Es wirkt aber nichts abstrus und unglaubhaft, sondern Markus
Cremer verfügt über eine Überzeugungskraft und ein Erzähltalent, dass den Leser
mitreißt.
Wie
gesagt, ich habe das Buch als Rezensionsexemplar bekommen. Dies ist keine
Werbung, sondern einfach meine Meinung über ein Buch, das mich absolut
begeistert hat. Ich kann durchaus auch kritische Rezensionen schreiben, das war
hier aber nicht nötig. Im Gegenteil, ich denke, die Rezension kann diesem außergewöhnlichen
Roman nicht gerecht werden. Sarah Goldberg ist die Amalie Peabodey des
Steampunk und wer die Bände Books&Brown mochte, wird dieses Buch einfach
lieben.
Eine
absolute Leseempfehlung!
Titel:
Archibald Leach und die Monstrositäten des Marquis de Mortemarte
Reihe:
Archibald Leach
Autor:
Markus Cremer
Verlag:
Art Skript Phantastik Verlag, Softcover, 581 Seiten
ISBN:
9783945045091
Vielen Dank für die schmeichelhafte Bewertung. Da zieht der gute Archibald Leach gerne seinen (vakuumierbaren) Hut und Sarah Goldberg winkt mit ihrer Handprothese :)
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