Thorn Gandir ist ein Waldläufer, der
sich in die Dienste des Senators Antonius Virgil Testaceus gestellt hat. Thorn gilt
als Held des Imperiums, er ist beim Volk beliebt und anerkannt. Gemeinsam mit
Rosmerta Moravod, die ebenfalls den Titel "Heldin des Imperiums"
trägt, zieht er in den Kampf gegen ein 300.000 Mann starkes Sklavenheer. Thorn
verachtet Rosmerta, die keinerlei Ideale besitzt, sondern nur an ihre Vorteile denkt.
Wo er zu viele Gefühle investiert und von Freunden, denen er vertraut, verraten
wird, handelt sie kühl und rational und schafft es, sich stets ins rechte Licht
zu setzen.
Je länger der Krieg gegen das
Sklavenheer fortschreitet, desto mehr zweifelt Thorn an der Richtigkeit ihres
Handelns und er fragt sich, ob er auf der richtigen Seite steht. Doch als
ehrenhafter Mann steht er zu seinem Wort gegenüber dem Senator und hilft
Rosmerta, den Krieg zu gewinnen. Doch der Preis, den er zahlt, ist hoch. Seine
große Liebe stirbt, Rosmerta hintergeht ihn und richtet den einzigen Freund
hin, der ihm noch geblieben ist.
Aller seiner Freunde und seiner großen
Liebe verlustig, nur noch von Rache getrieben, nimmt er einen neuen Auftrag des
Senators an, der ihn über die Grenzen des Imperiums hinaus führt.
Dem Senator wurde das Zepter Valians
gestohlen, ein Artefakt, das seine Macht festigen sollte.
Thorn begibt sich zusammen mit dem
Priester Telos, dem Vallander Bargh und der Söldnerin Chiara auf den Weg, das
Artefakt zu finden und gleichzeitig Rache für den Tod seiner Geliebten zu
nehmen. Er ist sich sicher, dass der Anstifter des Sklavenaufstandes und der
Dieb des Zepters die gleiche Person ist.
Kommentar:
Eine Zusammenfassung der Story gestaltet
sich etwas schwer, zu vielschichtig ist die Geschichte um den Söldner und seine
Begleiter.
Thorn ist ein sehr ambivalenter Held. Er
lässt sich von Gefühlen wie Liebe, Freundschaft und Angst leiten, wo oftmals
eher Verstand gefragt wäre. Obwohl ein ehrenvoller Mann, hinterfragt er den
Ehrenkodex der Armee. Ist es sinnvoll, den Ehrenkodex einzuhalten, wenn das
eigene Leben auf dem Spiel steht und alles verloren ist? Soll man lieber für
seine Ideale sterben oder sein Leben retten, um eventuell eine zweite Chance zu
bekommen?
Das Buch beginnt mit dem Ende einer
verlorenen Schlacht, nach der jeder mit sich und seinen Entscheidungen hadert, wo
Verluste betrauert werden und der Überlebenswille alle Funktionen übernimmt.
Wir lernen die Protagonisten gleich in einer Krisensituation kennen, auf der
Flucht, um das Überleben kämpfend. Brutal, offen und ehrlich wird ihre
Einstellung geschildert. Während hier der Mann eher emotional reagiert, agiert
die Frau kühl, logisch und rational. Thorn, als geradliniger und einfacher
Denker kann mit der Vielschichtigkeit der Frau nicht mithalten.
Die Erzählung beginnt kühl und
zurückhaltend, erst mit dem Auftauchen von Liam kommt etwas Wärme in die Handlung.
So, wie er Thorn um den Finger wickelt so becirct er auch den Leser. Im
Gegensatz zu der berechnenden Rosmerta und dem zurückhaltenden Thorn, wirkt
Liam warmherzig, offen und freundlich.
Die einzelnen Kapitel werden jeweils
durch einen Kommentar eingeleitet oder unterbrochen, der in Kursivschrift
verfasst ist. Sobald klar ist, wer der Chronist ist, liest man die Geschichte
mit anderen Augen, nimmt den Platz des Kommentators ein und sieht die Dinge
auch aus seiner Warte. Dadurch wirkt die Geschichte intensiver, man wird ein
Teil von ihr und denkt über die gleichen Fragen nach, wie die Protagonisten.
Der Leser wird Teil des Geschehens,
entwickelt eine eigene Meinung, die manchmal auch stark von der Meinung der Akteure abweicht.
Die Erzählstränge gehen fließend
ineinander über. Dem Kampf gegen das Sklavenheer folgt eine Bedrohung aus dem Süden.
Legenden ranken sich um die mysteriöse Figur Al'Jebals, der auch der Alte vom
Berg genannt wird und vom dem der Senator behauptet, dass er hinter allem Übel
steckt, welches das Imperium bedroht. Thorn hat endlich jemanden auf den er
seinen Zorn fokussieren kann.
Doch als Leser fragt man sich im Laufe
der Geschichte, wer wirklich auf der Seite der Ordnung und der des Chaos
steht. Zu vielschichtig sind die Motive
des Einzelnen. Die Mittel und auch die Menschen, die Testaceus einsetzt, um dem
Licht zu dienen, sind sehr fragwürdig. Im Laufe der Handlung verschwinden die
Grenzen von Gut und Böse, Licht und Chaos und der Leser beginnt an den Motiven
und Argumenten der Protagonisten zu zweifeln. Nichts ist so einfach wie es
scheint und uns geht es so wie dem Waldläufer. Wir fragen uns, was die
wirklichen Absichten der Ränkeschmiede sind und welche Rolle sie den Spielern
in diesem Spiel zugeteilt haben. Wer Bauer ist und geopfert werden kann und wer
wertvoll ist und von den Mächtigen und Intriganten beschützt wird.?
Dazwischen Thorn, der immer versucht,
das Richtige zu tun. Voller Ängste, Selbstzweifel und voller Fragen. Der als
Einzelkämpfer bekannt ist und sich doch in seinem tiefsten Inneren nach
Freundschaft sehnt. So sehr, dass er seine Freundschaft und Vertrauen zu oft
den falschen Leuten schenkt. Andererseits ist er besessen von Al' Jebal und
verliert das eigentliche Ziel aus den Augen. Nur noch die Notwendigkeit hält
die Gefährten zusammen, da jeder in Wirklichkeit eigene Ziele und Absichten
verfolgt.
An einem dunklen und zeitlosen Ort
müssen sich die Gefährten dann ihrem Innersten stellen. Zorn, Angst,
Dunkelheit, Verzweiflung und das Warten auf eine Entscheidung zermürbt sie, die
Fassade eines jeden beginnt zu bröckeln. Chaos dringt ans Äußere, das Dunkle,
das in jedem lauert, kriecht an die Oberfläche. Die Tünche der Zivilisation
wird hinweg gespült. Die Moral wird untergraben, die Menschlichkeit geht
verloren und die tiefsten Ängste und Zweifel übernehmen das Denken.
Die Autoren schildern hier offen und
hemmungslos den Verlust der Menschlichkeit. Was übrig bleibt, wenn die Maske
herunter gerissen wird und nur noch die Essenz vorhanden ist. Der Leser wird
nicht geschont, es gibt keine Schönfärberei, keine glücklichen Zufälle, die
alles zum besseren Fügen, es gibt keinen Gott, keine Treue und keine
Freundschaft. Im Universum ist jeder allein und muss für sich alleine
entscheiden, welchen Weg er gehen möchte. Thorn kannte seinen Weg doch mit dem
Tod seiner Geliebten hat er sein Ziel verloren und mit dem Verlust der Freunde
ist er plötzlich allein. Sein Zorn hindert ihn daran, die vier Gefährten zu
einer Gemeinschaft zusammen zu schweißen. Zu unterschiedlich sind auch ihre
Charaktere.
Das Buch ist wunderschön gestaltet. Das
Cover ziert eine schöne, geschwungene Schrift über einem Richtungssymbol. Auf
der ersten Seite finden wir eine Kohlezeichnung des Protagonisten und dann Buch
schließt mit einem 14seitigen Glossar ab. Das Autorenduo hat die Karten und
Illustrationen selber entworfen. Sehr zu empfehlen ist die Website zu dem Buch,
auf der man sehr viele Zusatzinformationen zu Land, Leute, Religion, Politik
und Geschichte findet. Da steckt sicherlich eine Menge Arbeit und Mühe drin,
sehr zur Freude des Lesers, der nach dem Ende des ersten Teils mehr
Informationen möchte um die Wartezeit auf Teil zwei zu überbrücken.
Fazit:
Keine leichte Kost aber fesselnd bis zum
letzten Buchstaben. Die Autoren wagen es, auch die Schattenseiten des
Heldentums zu zeigen, ohne jede Schönfärberei.
Ich hoffe, sie halten das Niveau über alle geplanten acht Bände hinweg.
Titel: Thorn Gandir
Autoren: J.H. Praßl
Verlag: Acabus Verlag, Softcover, 548
Seiten
ISBN: 978-3862822102
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