Wenn die Heimat von einem Tyrannen regiert wird, die Abgaben
immer höher werden, so dass kaum etwas zum Überleben bleibt und die Meinung des
Volkes autoritär unterdrückt wird, dann bleibt nur ein Weg: Das Land zu
verlassen und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat und etwas Glück zu
begeben. Die Siedler, mit ihrem Anführer Evarn, verlassen das Grünsteppenreich,
ziehen über das Gebirge und finden einen Flecken Land, das ihnen geeignet
erscheint. Nach eine langen Odyssee sind sie am Ende ihrer Kräfte und sie
beschließen sich dort anzusiedeln.
Doch sie sind nicht die ersten Bewohner
dieser Gegend. Die Yärii sind ein einfaches Volk, das fest mit der Natur
verbunden ist. Sie sind Bewohner des Waldes und leben vom Tauschhandel, Geld
hat für sie keine wirkliche Bedeutung. Ihre
Gemeinschaft besteht aus unterschiedlichen Stämmen , doch sie halten immer
Kontakt zueinander.
Die Yehinern hingegen sind ein Piratenvolk
und ganz auf Profit ausgerichtet. Sie erkennen schnell, dass das Land über
reichlich Bodenschätze verfügt und ihr Ziel ist es, sich diese anzueignen. Sie
treiben regen Tauschhandel mit den Yärii und nutzen deren Naivität schamlos
aus.
Dritte Partei im Land sind die sogenannten
Wolfsfrauen, die sich selbst Walküren nennen. Die Frauen sind das starke
Geschlecht und üben sich in der Waffenkunst. Sie sind ausgebildete Kämpferinnen
und im Gefecht jedem Gegner gewachsen. Schon einmal haben sie die Yehiner
besiegt, als diese zu unverfroren in das Gebiet der Walküren vorgedrungen sind.
Die Siedler stehen mit dem Rücken zur
Wand und möchten bleiben, somit ist ein
Krieg unvermeidbar. Während die Walküren sich auf die Seite Evarns und seiner
Gefolgsleute schlagen, sind die Yärii zwiegespalten. Einige erkennen durchaus,
dass sie von den Yehinern ausgebeutet werden, andere hoffen hingegen, dass die
Yehiner sie als gleichberechtigte Handelspartner akzeptieren werden und ihnen Macht
und Reichtum bringen. Eine trügerische Hoffnung.
Vier Völker im Kampf um ein Land, wer
wird die Oberhand gewinnen?
Kommentar:
Vieles an der Geschichte erinnert an die
Vergangenheit der Europäer, die sich aufgemacht haben, Azteken, Inkas, Mayas,
Afrikaner oder auch Indianer auszubeuten und zu vernichten. Die Yehiner sind
sich ihrer Stärke bewusst. Ihre Kultur ist fortschrittlich, sie sind gebildet
und durch ihre große Flotte sind sie in der Lage fremde Länder zu bereisen. Im
Gegenzug für die Bodenschätz erhalten die Eingeborenen nur billigen Tand. Die
Yärii, die mit der Natur eins sind und ihre Häuser auf Bäumen errichten, kennen
nicht den Wert ihrer Güter. Sie werden schamlos ausgebeutet, letztendlich auch
ihres Lebensraums beraubt, da die Yehiner das Holz für ihren Schiffsbau
benötigen und beginnen, die Wälder zu roden.
Evarn und sein Volk hingegen suchen ein
Land, in dem sie nach ihren Vorstellungen leben können. Sie nennen ihre neue
Siedlung Asgard und beginnen, diese zu
einer Stadt auszubauen. Der Stammesführer wird demokratisch gewählt und es gibt
einen Rat, der aus Mitgliedern der einzelnen Zünfte besteht. Evarn ist nicht
unbedingt ein Sympathieträger. Er trägt die Verantwortung für die Menschen, die
ihm folgen. Er ist kompromisslos, teilweise sogar grausam. Er weiß, dass nur
die Stärksten überleben können und so verabscheut er seinen kleinen Sohn, den
er für einen Schwächling hält. Doch er ist ein guter Stratege und Taktiker, ein
harter Mann wie er in harten Zeiten benötigt wird. Er trägt die Verantwortung
für seine Entscheidungen, die seinem Volk das Überleben sichern oder es in den
Untergang führen werden.
Die Walküren haben sich neben den Yärii
schon hunderte Jahre in diesem harten Land behauptet. Ihre Höfe sind
regelrechte Festungen an denen sich die Yehiner bisher die Zähne ausgebissen
haben. Als Evarn auf die Walküren trifft, erkennt er, dass sein Volk mit diesen
Frauen an der Seite den Kampf gegen die Feinde gewinnen könnte. Die Walküren
wissen, wie sehr die Yehiner das Land schädigen und die Eingeborenen ausbeuten.
Sie schicken eine Abordnung zu der neuen Siedlung von Evarn, damit diese das
Volk im Kampf unterweist und die neuen Siedler in jeder Hinsicht unterstützt.
So gibt es ein Patt, das Zünglein in der Waage sind die Yärii, die nun zwischen
Pest oder Cholera wählen können. Denn egal, wie sie sich entscheiden, es ist abzusehen, dass sich ihr Leben von
Grund auf ändern wird. Die Frage ist, ob sie sich der Illusion von Macht und Reichtum
hingeben werden oder ob sie die einfache Lebensweise der neuen Siedler wählen
werden.
Dies ist der erste Band der Chronik von
Stahl und Feder, das ich gelesen habe. Die Geschichte ist in sich
abgeschlossen. Auch wenn die Chronik auf viele Bände ausgelegt ist, kann jedes
Buch für sich stehen. Die Sprache ist klar, flüssig und fesselnd. Die
Kampfszenen sind sehr drastisch geschildert, ich muss zugeben, dass es mir
gegen Ende zu viel geworden ist und ich einige Seiten überblättert habe. Aber
das ist rein subjektiv. Um den Willen und den Überlebenskampf der Siedler zu
verstehen, sind die Schilderungen der Kämpfe sicherlich notwendig. In einer
unwirtlichen und fremden Umgebung ist es hart, sich ein neues Leben aufzubauen.
Die Siedler können nicht mehr zurück und sie sind nicht bereit, noch weiter zu
ziehen. Daher müssen sie sich hier dem Kampf stellen. Ihre Ausweglosigkeit
macht sie härter, sie kämpfen um ihre Zukunft während ihre Gegner für Reichtum
kämpfen. Man fragt sich, welche Motivation größer ist. Mitleid hat man mit Cayandar
und den Stämmen, die sich plötzlich in einem Krieg befinden, den sie weder
verstehen noch gewollt haben. Ihre ganze Lebensart ist bedroht und sie erkennen
nach und nach, dass sie sich ändern müssen um zu überleben. Es ist tragisch,
diese Entwicklung als Leser zu verfolgen, denn die Parallelen zur Realität sind
unübersehbar.
Obwohl es sich um einen Fantasyroman
handelt finden sich hier wenige Elemente der Fantasy. Das ist allerdings eine
Besonderheit des Romans, denn eine spannende Geschichte ohne Magie, fremde
Wesen oder andere Aspekte der Fantasy zu schreiben, die den Leser trotzdem zu fesseln vermag ist
schon eine Kunst.
Obwohl das Cover durchaus beeindruckend
und ein echter Hingucker ist, habe zwischen Cover und Buch keinen Bezug gefunden.
Vielleicht erschließt sich die Bedeutung, wenn man den ganzen Zyklus kennt. Es
passt nicht zu der geradlinigen, einfachen Geschichte, die sich auf Asgard und
Umgebung beschränkt, auch wenn Cayandar die Hauptstadt der Piraten besuchen
darf.
Die Qualität des Buches ist
hervorragend, obwohl ich das Buch nicht unbedingt vorsichtig behandelt habe,
entstanden keine Leserillen und keine Knicke. Die Innengestaltung ist sehr
schön, es gibt eine kleine Karte, die Überschriften
der Kapitel sind optisch abgesetzt und die Seitzenzahlen sind mit einem kleinen
Muster verziert. Alles in allem ein schönes Buch und die Autoren haben sich
wirklich Mühe gegeben, ihre Geschichte ansprechend zu gestalten.
Soweit ich das richtig interpretiert
habe, stammt dieser Band aus der Feder von Tädeus M. Fivaz. Ich bin nun
neugierig, ob sein Freund und Kollege Peter Segmüller das gleiche Level
erreicht.
Titel: Die Klauen des Seedrachen
Autoren: Tädeus M. Fivaz und Peter Segmüller
Verlag: Selfpublishing, TB, 439 Seiten
ISBN: 9783741852848
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