19 Januar 2025

Der Herr der Klinge von Florian Clever - mein Tipp

Ein Mann erwacht auf einem Schlachtfeld. Um ihn herum tausende von Toten. Er kann sich an nichts erinnern, nicht einmal an seinen Namen. Er trägt rote Gewänder, wie so viele der Gefallenen um ihn herum auch. Andere Tote tragen weiß. Doch er weiß nicht, was diese unterschiedlichen Farben bedeuten. Er findet einen anderen Krieger, ebenfalls in roten Gewändern, der im Sterben liegt. Von ihm erhofft sich der Namenlose ein paar Antworten. Doch er erfährt nichts mehr, außer, dass dieser Krieger Roald heißt und von ihm einen Schwur verlangt, die Phat zu vernichten. Die Phat müssen also die Krieger in weiß sein. Doch wer er ist, für wen er gekämpft hat und um was es in dieser Schlacht ging, weiß der Namenlose immer noch nicht. Er eignet sich den Namen Roald an und sucht sich ein Versteck, da ein Wüstensturm in Anmarsch ist. Er überlebt auch diesen Sturm und wird von zwei Nomaden gefunden, Faran, der beinlose und seine Tochter Chebi, eine Heilerin. Beide wurden von ihrem Stamm verstoßen und leben nun  von Leichenfledderei und ähnlich unangenehmem Tätigkeiten.
Gemeinsam versuchen sie, mehr über Roalds Vergangenheit herauszufinden.
Kommentar:
Das war endlich einmal wieder schöne, epochale Fantasy wie ich sie mag. Ein einsamer Krieger ohne Vergangenheit, der sich auf die Seite der Gerechtigkeit stellt und dort sein Schicksal erfüllen muss. Roald ist ein durch und durch symphytischer Charakter. Ein Mann, der nach seiner Vergangenheit sucht, sich aber nach und nach mit der Gegenwart arrangiert. Er fühlt sich wohl bei den Nomaden, er achtet ihre Lebensweise und stellt sich im Krieg auf ihre Seite. Zuerst sind es nur Faran, der auf einem Groot reitet, einer Riesenechse, und seiner Tochter Chebi die Roald begleiten. Bald  gesellen sich  noch der Krieger Indri dazu, ein Berg von einem Mann aber von schlichtem Gemüt und die alte Rachel, eine „Schwester der Sonne“. Diese „Schwestern der Sonne“ verfügen über Magie und haben eine intensive Beziehung zur Wüste.
Die Nomaden leben in vielen Stämmen, Sie durchstreifen seit Jahrhunderten die Wüste, sie kennen jede Oase, jedes Wasserloch und jeden Pfad. Sie wandern in einem bestimmten Zyklus durch die Wüste, denn die Wüste gibt nicht viel und alles muss gerecht geteilt werden. Auch Indri wurde von seinem Stamm verstoßen und das gemeinsame Schicksal verbindet ihn bald mit Faran und Chebi. Und auch Roald fügt sich ein. Bei einem Kampf stellt er unter Beweis, der ein wahrhaftiger Meister der Klinge ist, doch wie er diese Fähigkeit erlangt hat, weiß er nicht.
So, wie die Nomaden die Wüste lieben, so sehr hasst Thasar, der Blutwesir, diese. Er ist der Anführer der Phat, ein geschickter Taktiker und Kämpfer und er ist sich sicher, die Nomaden endgültig besiegt zu haben und dass sie kein Ärgernis mehr sein werden. Nur einmal ist es gelungen, die Nomaden zu einigen, Thasar ist sich sicher, dass dies nie wieder passieren wird. Obwohl die Phat die Wüste hassen, brauchen sie deren Handelswege und Wasserlöcher, um Handel zu treiben. Dabei drängen sie die Nomaden immer weiter zurück und berauben sie ihres Lebensraums. Zuerst versuchten die Nomadenstämme sich alleine gegen die Eindringlinge zu behaupten, doch gegen die gut gerüsteten Krieger auf ihren Kampfgrools hatten sie keine Chance. Erst als sie sich zusammenschlossen, kam es zu einer alles entscheidenden Schlacht.
Die Geschichte baut sich sehr langsam auf, genau, wie ich es mag. Ein Mann ohne Erinnerung, der langsam zurück ins Leben findet, und neue Freunde an seiner Seite. Jeder dieser Menschen, die er kennenlernt, hat eine schreckliche Vergangenheit hinter sich, wurde ungerechtfertigt verstoßen. Nur Rachel nicht, die mit Indri durch die Wüste streift. Sie erkennt etwas in Roald, verschweigt aber, was sie in ihm sieht. Er muss seinen Weg selbst finden. Und dieser führt zu der alles entscheidenden Schlacht um die Vorherrschaft der Wüste. Traumfragmente zeigen ihm immer wieder Bruchstücke seiner Erinnerung, doch er kann sie nicht zusammenfügen. Er fühlt nur eines: Er kämpft auf der richtigen Seite, für die richtige Sache.
Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen, weil ich dann unweigerlich zu viel verraten würde. Wie und ob Roald seine Vergangenheit wieder findet, ob die Nomaden ihre Heimat verteidigen können oder ob der Blutwesir zu einem weiteren, alles vernichtenden Schlag ausholt, das erlest ihr bitte selbst. Auch Thasar ist ein Mann, dem der Autor viel Zeit widmet, so dass man seine Handlungen versteht. Die Kultur der Phat unterscheidet sich so gravierend von der der Nomaden, eine Einigung scheint nicht möglich. Krieg scheint das einzige Mittel.
Wenn man nach Israel und Palästina schaut, kann man fast einen direkten Vergleich ziehen, auch dort scheint nie eine Einigung möglich. Was wieder einmal zeigt: Fantasy ist nie sehr weit weg von der Realität.
Dies ist das zweite Buch, das ich von Florian Clever gelesen habe. Es spielt in der gleichen Welt wie Mesree und auf den beigefügten Karten ist die Wüstenstadt auch zu sehen. Ich mag Bücher, die einen orientalischen Einschlag haben und in der Wüste spielen. Leider habe ich zu Mesree keine Rezension verfasst aber auch diese Geschichte kann ich empfehlen.
Der Autor hat zwei Karten und ein Personenregister beigefügt, sowie Hinweise auf seine anderen Romane. Ich habe dieses Buch auf Grund des Covers ausgesucht und es hat alle meine Erwartungen erfüllt
 
Fazit:
Eine langsame und ruhige Geschichte die sich nach und nach steigert. Eine Geschichte, die Fragen nach der Gerechtigkeit eines Krieges aufwirft. Gut ausgearbeitete Figuren, die weder eindimensional noch stereotyp sind. Von mir eine klare Leseempfehlung.
 
Titel: Der Herr der Klinge
Verlag: Selfpublishing, Softcover, 447 Seiten
ISBN: 9783910536074

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