Ein einsames, völlig isoliertes Tal in
den Bergen. Erreichbar nur durch einen Spalt im Gebirge. Die Einwohner leben
völlig für sich, ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne Wissen um neue
Errungenschaften und neue Technik. Was man zu Leben braucht, wird dem Boden
abgetrotzt. Nur ein Mal im Jahr reist der Krämer in die Außenwelt, um Sachen zu
besorgen, die man im Tal nicht selbst herstellen kann.
Die Bewohner dieses Tals mögen keine
Fremden und so wird »der Greider«, als er im Tal ankommt, argwöhnisch
betrachtet und man gibt ihm klar zu verstehen, dass er wieder abreisen soll.
Doch der ruhige junge Mann gibt nicht nach. Er ersucht um ein Quartier und als
Begründung für seine Ankunft gibt er an, dass er die Landschaft malen möchte.
Als er einen Beutel Gold zückt, genug, um ein Quartier für ein ganzes Jahr zu bezahlen,
bekommt er ein Zimmer bei der Witwe Gader und ihrer Tochter Luzie.
Zuerst misstrauisch beäugt verhält er sich so ruhig und unauffällig, dass man seine
Anwesenheit nach und nach vergisst.
Kommentar:
Dieses Buch habe ich auf dem Blog von
»Weltenwanderer« gesehen und es hat mich direkt angesprochen. Auf dem Cover
wird es beschrieben als »eine Mischung aus Ludwig Ganghofer und Sergio Leone« und
das trifft es auf den Punkt.
Die wenigen Dialoge sind sehr kurz
gehalten und im Alpendialekt geschrieben. Dieser Menschenschlag redet nicht viel. Um den harten Winter zu überstehen,
muss das restliche Jahr über hart gearbeitet werden, es bleibt keine Zeit für
Überflüssiges.
»Der Greider« passt sich den Einwohner
des Dorfes an. Zu Beginn wandert er viel und erkundet die Landschaft, sucht
sich Plätze, die er malen kann. Die Bewohner gehen ihm aus dem Weg, niemand
redet mit ihm und die Söhne »des Brenner«, der Mann, der in diesem Ort das
sagen hat, beobachten ihn mit Argusaugen. Doch »der Greider« verhält sich so
still und unauffällig, dass man seine Anwesenheit fast vergisst. Nur zu Luzie
und ihrer Mutter hat er Kontakt, hilft ihnen im Haus und zeigt ihnen seine
Zeichnungen. Bald kommt Lukas zu dieser
kleinen Gemeinschaft dazu. Ein junger Mann, in den sich Luzie verliebt hat und
den sie heiraten möchte. Zuerst steht auch Lukas dem Gast misstrauisch
gegenüber doch als dieser ihm eine Zeichnung seiner zukünftigen Braut schenkt,
ist das Eis gebrochen.
Das Buch weist stellenweise einige Längen
auf, trotzdem konnte ich es nicht aus der Hand legen. Man ahnt als Leser, dass
etwas passieren wird und je weiter der Autor das hinauszögert, desto beklemmender
wird die ganze Atmosphäre. Es ist kein Actionroman, kein Abenteuerroman, eher
ein ruhiges »road movie« a la »Paris,
Texas«, ruhig, intensiv, fesselnd, teilweise verstörend aber immer spannend.
Mitte in der Geschichte gibt es einen
Bruch und das Szenario ändert sich. Eine Witwe ist mit ihrem Sohn unterwegs im
Wilden Westen, um dort eine Stelle als Lehrerin anzunehmen. Die Reise quer
durch die Staaten ist mühselig, die Mitreisenden sind nicht immer angenehm aber
die Hoffnung auf eine bessere Zukunft lässt sie dies alles ertragen.
Zuerst ahnt man die Zusammenhänge der
Geschichte nicht. Auch dieser Teil wird sehr langsam und ruhig geschildert, der
Autor lullt den Leser förmlich ein, um ihn dann mit einem Paukenschlag zu
wecken. Und hier beginnt der Part, der Sergio Leone gewidmet ist.
Zitat:» Die Gestalt auf der Brücke
schien mit nichts anderem beschäftigt als mit warten. Sie lehnte an dem Gelände
trotz der Kälte gemütlich und scheinbar gedankenverloren wie einer, der in der
Mittagspause die erste kräftige Frühlingssonne genießt. Aufsteigender, sich
zugweise zu Wölkchen verdichtender Qualm verriet, dass er dabei eine Zigarette
rauchte. Der Mann trug einen knöchellangen Mantel und einen breitkrempigen
Hut.«
Dieses Szenario erinnert an die
unzähligen Westernfilme, kurz vor dem Showdown. Wenn Clint Eastwood, mit der Kippe
im Mund, die Straße betritt und sich seinen Gegner stellt. Oder James Stewart
sich bereit macht, einer Überzahl gegenüber zu treten. Der breitkrempige Hut
und der Staubmantel sind für mich das klassische Stilmittel eines Westerns und
Ludwig Ganghofer zieht sich ab da zurück.
Ich finde es erstaunlich. wie sehr der
Autor mit Nichtigkeiten die Spannung bis zu diesem Punkt ins unermessliche
gesteigert hat. Der Leser ist erleichtert, dass endlich etwas passiert und
seine Qualen beendet werden. Und das ausharren hat sich gelohnt. Jede
langweilige Predigt »des Brenner« ist vergessen ( die habe ich überblättert)
und man saugt sich an dem Showdown regelrecht fest. Und Thomas Willmann scheut
sich nicht, hier in die Details zu gehen, den Leser zu schockieren. Wie ein
Film läuft die Handlung vor deren Augen ab, reißt sie mit in ein fulminantes
Ende.
Der Roman wurde verfilmt und ich bin
sehr neugierig, wie das Buch umgesetzt wurde, die Kritiken sind sehr gut.
Fazit:
Das finstere Tal ist eine Art von Roman,
den ich normalerweise nicht lese. Ich hätte etwas verpasst und bin froh, dass
Weltenwanderer dieses Buch erwähnt hat. Nichts für Leser, die eine schnelle Handlungsabfolge
schätzen sondern für Genießer, die sich in einer bildgewaltigen Sprache
verlieren können. Für mich ein Highlight 2022.
Titel: Das finstere Tal
Autor: Thomas Willmann
Verlag: Ullstein, Taschenbuch, 334
Seiten
ISBN: 9783548286402
Hi Petra!
AntwortenLöschenNa da freue ich mich jetzt aber sehr! Das hast du super beschrieben :)
Der Film ist auch klasse, auch wenn der Dialekt für mich manchmal etwas schwer zu verstehen war... ich hoffe, er gefällt dir auch so gut!
Liebste Grüße, Aleshanee
Guten Morgen, zum Glück waren es ja wenige Dialoge. Ich hätte gerne noch gewusst, wie er in den USA gelebt hat und an das Geld gekommen ist aber letztendlich ging es ja um die Rache, also hat es gepasst. Ich bin gespannt auf den Film, bei Prime gibt es ihn, vielleicht schaue ich ihn Samstag
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