1683, die zweite Wiener Belagerung durch
die Osmanen. Die Bewohner der kleinen Dörfer rund um Wien sind in Panik. Jeder,
der es sich leisten kann, rafft sein Hab und Gut zusammen und flüchtet hinter
die Mauern der großen Stadt.
Inmitten dieses Chaos und der Bedrohung
durch die Osmanen, geschieht in dem Örtchen Hernals ein grausamer Mord. Der
junge Toni Steiner wird erstochen in einer Gasse aufgefunden. Toni war ein Draufgänger,
Frauenheld und Falschspieler und dementsprechend sehr unbeliebt in dem kleinen
Dorf. Hauptmann Florentinus Moser, der neu in sein Amt berufen wurde, um eine
Verteidigung gegen einfallende Osmanenhorden zu koordinieren, lässt den
Leichnam durch den Bader Alois Wolf obduzieren. Ein Frevel in der damaligen
Zeit. Alois, der aus der Zunft der Bader ausgeschlossen wurde, weil er jungen
Frauen bei der Abtreibung half, stellt fest, dass der Messerstich nicht die
einzige Übeltat ist, die an Toni Steiner begangen wurde.
Bald darauf wird eine zweite Leiche
entdeckt und Florentinus Moser muss feststellen, dass der Mörder vor nichts
zurückschreckt, um der Entdeckung zu entgehen.
Kommentar:
Die Kulisse alleine ist schon sehr
spannend geschildert. Ein kleines Dorf, dessen Bewohner in ständiger Angst vor
einem Überfall der Osmanen und dann ein schauriger Mord. Alles ist so spannend,
wie es der erste Eindruck vermittelt. Das Buch hat 228 Seiten, Monika Grasl hat
kein Wort verschwendet und erhöht die Spannung von Seite zu Seite bis zum
Finale.
Die Atmosphäre der damaligen Zeit fängt
sie hervorragend ein. Kirchenmänner und hohe Würdenträger, die sich an
Dienstmädchen vergehen und diese verstoßen, sollten sie schwanger werden. Abtreibungen
sind verboten, den jungen Frauen bleibt nur die Flucht in die Prostitution,
wollen sie überleben. Alois Wolf nimmt sich dieser Frauen an, doch als er einen
Tages einen der Kirchenmänner öffentlich anprangert, wird ihm dies zum Verhängnis. Aus der
Zunft ausgeschlossen, dem Alkohol verfallen, verlässt er Wien und lässt sich in
Hernals nieder. Jeder weiß, dass der Mann nicht mehr als Bader arbeiten darf
aber es stört sich niemand daran. Ärzte kann sich keiner leisten und auf die
Verschwiegenheit von Alois ist Verlass. Zu Beginn hält auch der Leser den
heruntergekommen Mann lediglich für einen Säufer und Nichtskönner aber von Seite
zu Seite gewinnt er mehr an Respekt und es wird klar, dass hinter dieser
Fassade ein Mann steckt, der in seinem Leben zu viel Elend gesehen hat. Elend,
dass oft durch die Kirche verursacht wurde, die doch den Armen helfen soll.
Florentinus Moser ist bei der Garde und
bewacht die Stadtmauern Wiens. Doch als die Bedrohung durch die Osmanen immer
näher rückt, wird er in sein Heimatdorf versetzt, um dort für Ordnung zu
sorgen. Auch er kann der Kirche nicht viel abgewinnen, etwas, was ihn mit Alois
Moser verbindet. Obwohl er vom Gemeinderat strikte Anweisung erhält, den Leichnam
nicht zu öffnen, lässt er ihn obduzieren. Und das ist gut so, denn Alois stellt
bei der Untersuchung des Leichnams einige Ungereimtheiten fest . Hauptmann
Moser ist ein sehr ruhiger Mensch, der seinen Weg geht, ohne auf Politik und
Kirche Rücksicht zu nehmen, Er ist integer und gibt nicht auf, egal, in welche
Schwierigkeiten ihn seine Unbeugsamkeit bringt.
Mich haben diese beiden Charaktere an
»Edmund Reed« und »Captain Homer Jackson« aus der Serie »Ripper Street« erinnert. Verbunden durch gemeinsame
Ermittlung werden sie, trotz sehr unterschiedlicher Ansichten, langsam zu
Freunden.
Auch die Nebenfiguren sind gut
charakterisiert. Der Gemeinderat David Brandl, der seine Nase in die Ermittlungen
steckt, ebenso wie Pfarrer Lukas, die beide verhindern möchten, dass etwas "in
Ihren Augen" unanständiges oder anstößiges passiert. Dass der Pfarrer ein Techtelmechtel
mit einer jungen Frau aus dem Ort hat, wird geduldet, doch dass man eine Leiche
untersucht, ist gegen Gottes Gebot. Diese Bigotterie ist auch heute noch in
vielen Ortschaften zu finden und was in den Medien bezüglich der Kirche auch
heute noch zu lesen ist, lässt einen an der Institution zweifeln. Heute haben
wir die Freiheit dazu aber im 17. Jahrhundert werden beide Männer dafür stark verurteilt.
Christl Steiner, die Mutter des ersten
Opfers, hat kurz zuvor erst ihren Mann verloren. Sie führt das Wirtshaus des
Ortes und kennt daher so ziemlich jeden Bewohner Hernals und dessen Sünden.
Während sie alles versucht, das Wirtshaus nach dem Tod ihres Mannes zu halten,
verprasst ihr Sohn das mühsam verdiente Geld beim spielen. Die Witwe und trauernde Mutter ist etwas verschroben und sie spricht mit den Geistern der Verstorbenen. Ein sehr guter Trick, um dem Leser das Opfer etwas näher zu bringen.
Florentinus kämpft sich durch den Sumpf
dieser Seilschaften, Verwicklungen, Vorurteilen und der Angst und kommt dem
Mörder immer näher. Diese Spannung auf
nur 228 Seiten kontinuierlich aufzubauen und zu halten finde ich absolut
gelungen. Ich konnte die Geschichte nicht mehr aus der Hand legen und hatte das
Buch an einem Tag durchgesuchtet. Da die Autorin aus Österreich stammt, fand ich
die kleinen sprachlichen Eigenheiten sehr charmant, sie verleihen der Geschichte
eine Authentizität, wie man sie selten findet.
Das Cover passt schön zu diesem Roman,
auch die Auswahl der Farbe ist perfekt. Eine kleine, ruhige, nichtsdestotrotz
spannende Geschichte über zwei Männer, die nichts als die Wahrheit suchen. Auch
wenn Alois zu Beginn meint, diese im am Boden einer Falsche zu finden. Zwei
Männer, die ihren Weg gehen, egal, wohin er führt.
Ich mochte schon die »Die Reise der
Weisen« von Monika Grasl sehr. Auch diese Buch wird dieses Jahr zu meinen
Highlights zählen.
Fazit:
Ein historischer Krimi, der auf knapp
300 Seiten mehr zu bieten hat, als manches 1000 Seiten Buch.
Titel: Mente Alienari (Ich habe gegoogelt,
es bedeutet dem Wahnsinn verfallen)
Autorin: Monika Grasl
Verlag: Puput Books
ISBN: 9783948540111
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