Jetzt habe
ich das Buch vor zwei Tagen beendet und weiß immer noch nicht so recht, wie ich
die Rezension dazu schreiben soll. Eine Inhaltsangabe möchte ich nicht
schreiben. Was der Autor in wunderbaren Wort beschreibt, macht mich sprachlos
und unfähig, die Handlung in eigene Worte zu fassen. Ein Lob auch an den
Übersetzer, der es geschafft hat, die Dichte und Atmosphäre des Romans in
unsere Sprache zu übertragen. Als Beispiel:“ ..war ich überzeugt, dass dies der
seltsamste Tag meines Lebens gewesen war. Aber hätte ich eine Karte für eine
Wiederholung kaufen können, ich hätte es ohne zu zögern getan“….ich könnte das
halbe Buch zitieren, so wunderbare Sätze finden sich darin.
Ich kannte
bisher kein Buch von Zafon. Die Leseprobe war wunderschön, sprachlich mehr als
beeindruckend und wirkte wie ein warmer Frühlingsregen.
Genau so
fing das Buch auch an. Oscar trifft Marina und diese Begegnung wird sein Leben
für immer verändern. Er, der unsichere, unbeholfene Teenager und sie die
wie eine zarte Elfe wirkt und mehr vom Leben zu wissen scheint, als er je
erahnen kann. Marina und ihr Vater German leben in einer alten Villa ohne Strom
und genügen sich selbst. Oscar wirkt am Anfang wie ein Außenseiter und er ist
fasziniert von dieser anderen Welt und unterschiedlichen Lebensart, er steht
wie unter einem Bann und wird immer mehr in die Welt der beiden hineingezogen,
die jedoch auch voller Geheimnisse ist und ihre Schattenseiten hat.
Zafon
beschreibt die Begegnung zwischen Marina und Oscar sowie German und Oscar in
wunderbaren und treffenden Worten. Seine Vergleiche und sein Umgang mit der
Sprache sind unübertroffen, sprechen das Innerste an und beflügeln die
Vorstellungskraft des Lesers. Doch mit dieser Sprachgewalt kann man nicht nur
Schönes sondern auch Schreckensszenarien beschrieben und je weiter man sich als
Leser in die Geschichte vertieft, desto bedrückender und beängstigender wird
sie. Ist es am Anfang nur die Beobachtung der alten Frau auf dem Friedhof, so
werden Marina und Oscar bald in grauenhafte Ereignisse hineingezogen, die ihren
Ursprung in den 30er und 40er Jahren haben.
So, wie die
Geschichte immer düsterer wird, wird auch die Szenerie in Barcelona immer
düsterer. Die beiden Jugendlichen begegnen immer mehr Menschen, die wie Relikte
aus einer alten Zeit erscheinen und wie Spinnen in ihren uralten Häusern leben,
die ihre Geschichte der Vergangenheit erzählen, als alles noch in Glanz,
Prunk und Reichtum erstrahlt hat. Der Horror schleicht sich im Laufe der
Geschichte immer mehr hinein und ehe man sich versieht, durchlebt man ein
Szenario des Grauens. Wir sind für das Leben bestimmt, schreibt Zafon, nicht
für den Tod. Und doch befasst sich die Hauptfigur mit dem Tod und dem
wiedererwecken geliebter Verstorbener. Der Bezug zu Mary Shelley’s
Frankenstein ist sicher bewusst gewählt, sicherlich um zu zeigen, dass es nicht
an uns ist, in den Plan Gottes einzugreifen.
Das Buch
lässt mich etwas ratlos zurück, es wirkt unfertig, da kein Blick in die Zukunft
geworfen wird. Aber so können wir unserer Phantasie freien Lauf lassen.
Das Cover
wird dem Buch nicht gerecht, das Grau lässt nichts von der Farbenpracht des
Romans erahnen. Einen Dank geht an den Übersetzer Peter Schwaar der diese
wunderschöne Geschichte in unsere Sprache übertragen hat.
Titel:
Marina
Autor:
Carlos Ruis Zafon
VerlagFischer, TB, 349 Seiten
ISBN:
978346204393
10 von 10 Sternen
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