Mittlerweile sind drei Jahre vergangen,
seitdem Thorn Gandir und seine Begleiter in Al'Jebals Dienste getreten
sind. Einige mit Freuden, andere eher
unwillig.
Trotz der lange zusammen verbrachten
Zeit, sind die fünf unterschiedlichen Menschen einander fremd geblieben. Eine
Zweckgemeinschaft, in der Vertrauen und Freundschaft fehlen. Thorn ist zu
verbittert, Telos und Osmosis sind zu
sehr auf ihre Götter fixiert und Chara hält als Assassinen alle Gefühle von
sich fern. Einzig Bargh ist ein
Lichtblick in all der Düsternis, doch auch er verbirgt ein Geheimnis und die
Gründe, warum er sich dem charismatischen Anführer angeschlossen hat, enthüllt
er den anderen Gefährten nicht.
Bargh, Telos, Osmosis, Thorn und Chara
werden auf weitere Missionen geschickt, um Verbündete für Al'Jebal zu finden.
Oft wirken die Aufträge auf den ersten Blick einfach, doch hinter jedem lauert
eine tödliche Gefahr. Der erste scheinbar einfache Auftrag führt die Gruppe an
den Rand des Chaos und konfrontiert sie mit leidenschaftsloser Gewalt und
Grausamkeit. Sie lernen Hakinen Dragati kennen den mit Al'Jebal eine gemeinsame Vergangenheit
verbindet. Der selbsternannte Gott Dragati zeigt den fünf Helden, dass es immer
noch eine Steigerung des Bösen geben kann, jenseits aller menschlichen
Vorstellungskraft. Er ist das personifizierte Chaos und führt seinen Gefangenen
vor Augen, wie die Welt aussehen wird, wenn das Chaos die Oberhand gewinnt.
Nachdem sie ersten Auftrag in Amoravod
erfolgreich zu Ende geführt haben, ist ihre nächste Station, sehr zur Freude
von Bargh, Valland. Der Nordmann kann es kaum erwarten, in seine Heimat zurück
zu kehren. Das Volk der Vallander ist zerstritten. Die einzelnen Stämme wie die
Aegluren, Freden, Godren und Veidaren kämpfen unentwegt gegeneinander.
Bündnisse werden gewechselt wie die Hemden (obwohl dieser Vergleich bei
Barbaren etwas unpassend ist, da sie diese ja kaum wechseln). Sie sind so auf
sich selbst und ihre Machtkämpfe konzentriert, dass ihnen entgeht. wie sich an
ihren Grenzen eine neue Bedrohung zusammenbraut und die Mächte des Chaos in die
Welt zurück kehren. Nachdem Hakinen Dragati einen ersten Erfolg für sich
verbuchen konnte, marschiert er mit seiner Armee auf Valland zu.
Den Abgesandten des Alten vom Berg
bleibt nicht viel Zeit, um die Vallander zu einen, zumal der Feind in den
Reihen der Nordmänner schon Verbündete gefunden hat und erfolgreich intrigiert.
Es wird ein Thing einberufen, um die Barbaren zu einen. Da diplomatisches
Geschick gefragt ist, übernimmt Telos die Verhandlungen.
Kommentar:
Chara und die anderen verfügen über kein
Selbstvertrauen, kein Gottvertrauen und kein Vertrauen in ihre Gefährten, somit
stehen sie ihren Ängsten, ihrem Zorn und ihrem Hass alleine gegenüber. An
diesen Helden ist nichts heldenhaftes mehr.
Die Autoren zeigen uns Facetten
ihrer Protagonisten, die man als Leser nicht unbedingt kennen möchte. Das Bild
des Helden wird zerstückelt und zerstört, zurück bleiben zweifelnde, einsame,
verbitterte, verängstige oder zornige Menschen, die mit sich, der Welt und den
Göttern hadern. Hier sind die Helden nicht unantastbar, werden auf keinen
Sockel gestellt und verehrt. Die
Ereignisse werden schonungslos, brutal, über jedes Maß des erträglichen hinaus,
in Worte gefasst. Hier haben wir keine
Ritter in schimmernder Rüstung sondern gebrochene Gestalten, die einer Gewalt
ausgesetzt sind, die unfassbar und nicht denkbar ist. Was sie erleiden und erdulden müssen ist
jenseits aller Vorstellungskraft, man erwartet nicht, dass auch nur einer von
ihnen unbeschadet davon kommt. Jeder der Gefährten reagiert anders. Von den
Göttern verlassen, hadern Telos und Osmosis mit ihrem Schicksal. Die
Abwesenheit ihrer Götter schreckt sie fast mehr, als das Grauen um sie herum.
Thorn mutiert zu einem greinenden Häufchen Elend und ist dabei, seinen Verstand
zu verlieren. Bargh muss erkennen, dass
auch er gegen Angst nicht gefeit ist. Er ist hilflos angesichts der Gewalt, der
er als Gefangener nichts entgegen zu setzen hat. Nur Chara wirkt stoisch und
unbeeindruckt. Dem Leser wird alles abverlangt, er bekommt einen Blick in die Abgründe
menschliche Seele geliefert, auch das Verhalten im Angesicht des Todes. Es
reicht von Fatalismus über Wut, Angst, Unglaube, Gleichgültigkeit bis hin zu
purem Entsetzen. Die Praßls sind Wortkünstler, sie gehen virtuos mit der deutschen
Sprache um und schildern eindringlich und bildhaft die Erlebnisse der fünf
Hauptfiguren. Die ersten 150 sind beinahe nicht zu ertragen. Es ist eine
exzessive Orgie der Gewalt. Folter. Vergewaltigung und Mord werden hemmungslos
zelebriert, man blickt als Leser regelrecht in den Schlund der Hölle. Es gibt
keine Atempause, denn das Leid endet nicht, nur weil man es nicht mehr ertragen
kann. Es setzt sich fort und fort und fort, bis man als Leser die Flut des
Grauens unterbricht und das Buch erst einmal auf Seite legt um seine Gedanken
zu klären und wieder ans Licht zu treten. Auf diesen ersten 150 Seiten ereignet
sich nichts positives, wir erleben mit, wie es sein wird, wenn das Chaos
obsiegt. Und hier handelt es sich nur um einen Mann mit seiner Armee. Was
passiert, wenn der Feind sich zusammen schließt und das Ausmaß der
Infiltrationen und Intrigen wahrhaft bekannt wird?
Obwohl dieser dritte Band Bargh
Barrowson gewidmet ist, spielt er nicht unbedingt die zentrale Rolle. Meines
Erachtens wird Chara wesentlich mehr Raum gegeben als dem Vallander. Was Chara
anbelangt, stehe ich ihr sehr ambivalent gegenüber. Sie ist Al'Jebal fast
hörig, ein gehorsamer Soldat, ohne eigenes Denken, der lediglich Befehle
ausführt, ohne an die Konsequenzen ihres Handels zu denken. Diese Bild, das der
Leser von Chara bekommt, wandelt sich im Laufe der Geschichte. Ihr
verschlossenes Inneres öffnet sich einen Spalt breit, doch für eine Assassinin
stellt dies eine größere Gefahr da, als jede körperliche Gewalt, die man an ihr
verübt. Ihr hin und her, ihr Zwiespalt, ihre Unsicherheit und ihr Verhalten
Al'Jebal gegenüber stellen die Geduld des Lesers oft auf eine harte Probe.
Ähnlich wie das Verhalten Thorns, der so gar nichts mehr mit dem Waldläufer aus
Band eins gemein hat. Doch die Wandlung der Charaktere ist ein muss, um die
Geschichte glaubhaft fortzuführen, um Grenzen auszuloten und Stellung zu
beziehen. Der Unterscheid zwischen der
handelnden Chara und der Chara, die ihre Gedanken in das schwarze Buch
einträgt, sind sehr groß. Während ihrer Aufträge und Aktionen verbietet sie
sich jegliche Gedanken und Gefühle. Dann ist sie ist stur, still, emotionslos.
Doch wenn sie schreibt, lässt sie sich treiben und ihre tiefsten Gedanken,
Zweifel und Fragen dringen an die Oberfläche. Nie zeigt sie ihren
Kampfgefährten ihr wahres Gesicht, doch der Leser darf miterleben, wie sich die
junge Frau entwickelt und er erfährt, warum sie zu dem geworden ist, was sie ist. Nie würde sie die Gedanken und Gefühle, die
sie diesem Buch anvertraut, einem Menschen anvertrauen, stets trägt sie die
Maske der Unnahbarkeit, nie gibt sie sich eine Blöße.
Eine Bereicherung für die Truppe sind
die Magierin Lucretia L'Incarto und der Zwerg Girim, die etwas Leben und Farbe
in all die Düsterkeit bringen. Ein Lichtstrahl wie Liam in Band eins fehlt hier
allerdings. Ebenso verzichten die Autoren hier auf humorvolle Dialoge, einzig
eine Prise Sarkasmus dringt ab und zu durch. Die Verbündeten Al'Jebals sind eine
interessante Mischung an Gestalten, deren Beweggründe nicht immer klar
ersichtlich sind, was den Spannungsbogen auf einem hohen Level hält. Auch
bleiben nach Ende dieses Bandes genug Fragen offen, die den Leser bis zum
Erscheinen von Band vier beschäftigen werden.
Das Zusatzmaterial in Form von Karten
und einem Glossar ist sehr umfangreich. Man sollte sich die Mühe machen, den
Anhang zu lesen. Man bekommt einen guten Überblick über Personen, Länder ,
Geschichte und politische Gegebenheiten,
was die Erzählung merklich bereichert.
Zu empfehlen ist auch die Website zu den Chroniken von Chaos und Ordnung, die
sehr ausführlich und wunderbar gestaltet ist. Hier kann der Leser auch in
Interaktion mit den Autoren treten.
Fazit:
Diese Serie sollte man unbedingt mit
Band eins beginnen. Von Band zu Band offenbart sich dem Leser ein kleiner Teil
der Chroniken, doch ein Gesamtbild wird man sicherlich erst nach Abschluss der
Saga erhalten. Die Geschichte ist durchweg spannend, doch nichts für zarte
Gemüter, da das Autorenduo vor klaren, ausdrucksstarken Beschreibungen
exzessiver Gewalt nicht zurückschreckt. Die Ausdauer des Lesers wird mit
glaubhaften Szenarien, ambivalenten und außergewöhnlichen Charakteren und einer
anregenden, beeindruckenden Geschichte belohnt, die noch viel
Entwicklungspotential hat.
Titel:
Bargh Barrowson
Autoren: J.H. Praßl
Verlag: Acabus Verlag, Softcover,
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