Verwandtenmörder
Verwandtenrächer
Gigantenfreunde
Drachenreiter
Welches dieser Wörter der Prophezeiung von
Halvor sich auf den Lichtbringer und welches sich auf die dunkle Macht bezieht,
ist ungewiss. Prophezeiungen sind wage, man kann sie auf vielerlei Art
interpretieren. Oft kommen dabei gegensätzliche, sich widersprechende
Ergebnisse zustande.
Nathair als auch Corban können sowohl der
Retter als auch Untergang sein des Reiches sein. Wer ist der Streiter Eloyns
und wer der Paldin des dunklen Gottes Asroth?
Wie kann etwas über das Schicksal eines
Menschen entscheiden, an das man nicht glaubt? Corban glaubt nicht an die Götter. Er kennt
die Geschichten über Eloyn, den verschwundenen Gott, der sich von seinen
Geschöpfen abgewendet hat. Für ihn sind es nur Legenden oder Märchen, nicht
etwas, das tatsächlich passiert ist. "Wo hört die Wahrheit auf und
Legenden beginnen?", fragt er. Welchen Nutzen hat denn ein solcher Gott,
der für die Menschen unerreichbar ist? Corban glaubt an die Liebe seiner Mutter und
seiner Schwester, er glaubt an die Freundschaft von Ghar und Brina. Und er
glaubt an seine Waffengefährten Dath und Farell. Sie alle fliehen gemeinsam aus
Dun Carreg, nachdem Nathair es erobert hat. Noch wissen die beiden jungen
Männer nichts wichtiges voneinander.
Rhin ist wie eine Spinne im Netz, zieht
die Fäden und plant seit über 30 Jahren Asroths Rückkehr. Sie hat sich diesem
Spiel mit Leib und Seele verschrieben, sie intrigiert und sät Zwietracht, Angst
und Misstrauen in allen Fürstentümern. Sie platziert ihre Spieler in dem großen
Spiel und rückt ihrem Ziel unaufhaltsam näher. Ardan und Cambren sind gefallen
und ihr nächstes Ziel ist die Eroberung Domhains. Damit wäre sie unumstößliche
Herrscherin des Westens. Corban und seine Freunde versuchen alles, den Sieg der
alten Hexe zu verhindern und Verbündete für Edana zu finden. Eine Gruppe treuer
Freunde gegen ein gewaltiges Heer. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
In Band eins werden die einzelnen
Spieler dieses gewaltigen Krieges vorgestellt, im Laufe der Zeit nehmen sie
ihre Position ein. Nathair ist davon überzeugt, dass er das reine Licht ist und
einer gerechten Sache dient. Unaufhaltsam schreitet er in seinen
Machtbestrebungen voran und mit seiner Überzeugung und seinem Charisma zieht er
viele Menschen in seinen Bann. Sie glauben an ihn und unterstützen seine Pläne,
seine Erfolge blenden die letzten Zweifel aus. Während sein Stern immer heller
erstrahlt und alle vor ihm das Knie beugen, befinden sich Corban, Edana und Ghar auf der Flucht. Nichts
deutet darauf hin, dass Corban etwas anderes ist als ein treuer Freund und
Weggefährte und ein begnadeter Kämpfer.
Cywen wird für tot gehalten und gerät in
die Hände des Feindes. Die Wege von Veradis und Cywen kreuzen sich. Die junge
Frau weckt Zweifel in Nathairs erstem Schwert, doch er unterrückt diese und
führt weiterhin dessen Befehle aus. Auch der Gigant Alcyon mag die junge, freche
Frau und versucht, sie vor Nathair und seinem Berater Calidus zu schützen.
Es gibt also nicht nur schwarz und weiß
in dieser Geschichte. Gute Menschen werden getäuscht und auf einen dunklen Weg geführt,
es ist nicht klar, ob sie ihn jemals wieder verlassen können. Und ehemalige
Diebe entscheiden sich, eine Wahl zu treffen und sich auf die Seite des Guten
zu schlagen. Das passiert nicht über Nacht und niemand macht sich seine
Entscheidungen einfach. Der Autor lässt seinen Protagonisten viel Zeit und
macht uns Lesern ihre Entscheidungen verständlich. Während des Lesens habe ich
oft überlegt, welche Entscheidung ich in gewissen Momenten getroffen hätte und
man fühlt und leidet mit den Menschen in dieser Geschichte. Sie sind uns nah,
wir tauchen ein in diese fantastische Welt des John Gwynne und verfolgen
atemlos den Weg und das Schicksal der Handlungsträger. In diesem Band ist Meical meine
Lieblingsfigur, sein Schicksal berührt einen zutiefst und hier erkennt man,
dass der Autor seinen Figuren nichts schenkt. Krieg ist grausam, Menschen
werden zu Tieren und nur das eigene Überleben zählt. Dabei ist Hass eine starke
Triebfeder.
Menschen werden zu Verrätern aus dem
Glauben heraus, einer gerechten Sache zu dienen aber auch aus Ehrgeiz, Neid
oder Habgier. Hier haben wir alle Facetten an Emotionen
Wie im ersten Band, sind die einzelnen Kapitel jeweils einer Person
gewidmet. Der schnelle Wechsel der Szenarien sorgt für eine stetige Spannung, man kann sich dem Sog der Handlung
kaum entziehen. Mich hat es einige Stunden Schlaf gekostet, weil ich nicht
aufhören konnte zu lesen. Die Vielschichtigkeit der Erzählung hält den Leser in
Atem, immer, wenn man meint, die Intention einer Person verstanden zu haben,
stellt der Autor diese wieder in Frage. Man kann nichts erahnen und nicht
erraten, die Geschichte steckt voller überraschender Wendungen.
Unterschwellig wird man aber
nichtsdestotrotz ein wenig an GoT erinnert. Ich persönlich mag GoT nicht aber
man kann nicht leugnen, dass es die Leser und Serienjunkies fasziniert. Auch
hier gibt es junge Protagonisten Geschwister und Halbgeschwister, die durch die Umstände oder durch eigene
Entscheidungen getrennt werden und auf verschiedenen Seiten stehen. Corban wird
von einem Woelven begleitet, Cywen von Buddai, einem gewaltigen Hund. Doch
diese Geschichte hier ist für mich geradliniger, man merkt, dass der Autor die
ganze Handlung kennt und uns langsam zu
einem Ziel führt. Was man von GRRM nicht unbedingt behaupten kann. Alle
Personen, selbst die unscheinbarste Nebenfigur, wirken lebendig und glaubhaft.
Und sprachlich ist John Gwynne ein wahrer Meister. Wolfgang Thon hat die Lebendigkeit
der Geschichte vollständig ins Deutsche übertragen und den Spannungsbogen
aufrecht erhalten. Mittlerweile ist er ja selber ein bekannter Fantasyautor,
man merkt ihm seine Liebe zu diesem Genre an und sie fließt in jedes Wort
seiner Übersetzung.
Eine Karte der Welt vervollständigt das
Buch und am Ende findet sich eine Übersicht der handelnden Personen.
John Gwynne verzichte auf eine
Wiederholung und Zusammenfassung der Ereignisse, man sollte diese Serie bei
Band eins beginnen, denn nur so kann man der Geschichte folgen. Aber es lohnt
sich. Keiner der 830 Seiten ist zu viel, im Gegenteil, man giert nach Band
drei, weil man mehr möchte.
Die Farbgebung und Gestaltung des Covers
sind sehr schön und passen zu der fesselnden Geschichte. Ein wahrer Schatz für
jede Fantasysammlung. Für Leser mit Ausdauer und Liebe zum Detail, die gewaltige Epen und gut durchdachte Geschichten mögen.
Mein Highlight 2017! Ich bedanke mich ganz herzlich bei Randomhouse für das Rezensionsexemplar.
Titel: Bosheit
Reihe: Die Getreuen und die Gefallenen
Band 2
Autor : John Gwynne
Übersetzer: Wolfgang Thon
Verlag: Blanvalet, Softcover, 830 Seiten
ISBN: 9783734161209
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