Über 300 Jahre sind seit dem Sieg über
die Kadoshim vergangen. Zu Ehren von Rhin
und Ghar hat Corban den Orden des strahlenden Sterns gegründet. Dieser Orden
hat seinen Sitz in der alten Festung Dun Seren und hat es sich zur Aufgabe
gemacht, den Menschen zu helfen und sie zu beschützen. Sein Motto lautet:
"Mut und Wahrheit." Obwohl die Ben-Elim und die Menschen damals
vereint gegen die Dämonen gekämpft haben, hat sich mittlerweile eine tiefe
Kluft zwischen den ehemaligen Rettern und den Bewohnern der verfemten Lande
aufgetan. Die Ben-Elim sind arrogant, fanatisch und unnahbar. Sie unterjochen
die Menschen und verlangen von ihnen einen zehnt an menschlichem Tribut, um den
Kampf gegen die Kadoshim weiterzuführen. Sie sind der Meinung, dass die Menschheit
in ihrer Schuld steht, weil sie damals den Kampf gewonnen haben. Die Giganten
sind da wie ein Stachel in ihrem Fleisch, denn diese uralte Rasse, deren
Lebenspanne hunderte von Jahren währt, erinnert sich noch an den tatsächlichen
Verlauf des Krieges und an Corbans Heldentaten.
Die Giganten verhalten sich neutral
einige leben in Dun Seren bei den Menschen, andere in Drassil bei den Ben-Elim.
Olin, ein ehemaliges Mitglied des
Ordens, ist vor den Ben-Elim weit in den Norden geflüchtet. Mehrere Jahre verbringt er dort, zusammen mit
seinem Sohn, in Ruhe und Frieden. Als immer mehr Menschen in seiner Umgebung
verschwinden ahnt der ehemalige Krieger, dass sich dort etwas schlimmes
zusammen braut. Leichen werden zerfetzt und verstümmelt gefunden, die Bewohner
glauben an einen wilden Bären, doch Olin erkennt die Verletzungen als von
Menschen zugefügt und schon bald entdecken sie einen Hort der Kadoshim und
ihrer Anhänger. Unbemerkt von den Ben-Elim und den Menschen haben die Dämonen
hier einen Kult gegründet und erstarken immer mehr. Wer soll diese Kreaturen
dieses Mal aufhalten, wenn die ehemaligen Verbündeten mittlerweile Feinde sind
und keine Einigkeit herrscht?
Kommentar:
Als ich hörte, dass John Gwynne die Saga
um die verfemten Lande fortsetzt war ich skeptisch und erwartete einen
Abklatsch der ersten Quadrologie. Aber weit gefehlt. Der Autor hat einen
Zeitsprung von über 300 Jahren gemacht und das Land hat sich verändert. Am
besten erkennt das der Leser in den Gedanken von Sig, als sie sich mit Graf
unterhält.
Zitat Seite 326: " Die Welt hat
sich verändert, seit Du geschlüpft bist, alte Krähe. Reiche sind gekommen und
gegangen. Ardan, Domhain, Narvon und Cambren im Westen wurden zu einem Reich,
Ardain. Und dann das Land der Getreuen, beherrscht von den Ben-Elim, das einst
die Reiche von Tenebral, Helveth, Carnutan, Tebresh und Isiltir umfasste. Und
trotzdem weiten die Ben-Elim ihren Einfluss immer weiter aus."
Nicht alle sind glücklich mit der
Entwicklung, denn sie fühlen sich von den Ben-Elim unterjocht und in ihrer
Freiheit eingeschränkt. Die Menschen
haben für die Freiheit gekämpft, um sie dann zu verlieren. Der Weltenaufbau, die Völker und die Struktur
ist so wie in "die Getreuen und Gefallenen" aber das Leben hat sich verändert.
Die Giganten halten die Erinnerung an
Corban und seine Freunde lebendig und erzählen den nachfolgenden Generationen
von den Heldentaten dieser Truppe und dass sie ebenso viel zum Sieg beigetragen
haben, wie die Ben- Elim. Vor allem Sig, die sich dem Orden angeschlossen hat, hegt
eine tiefe Abneigung gegen Israfil, dem
Anführer der geflügelten Wesen. Alcyon,
Balur Einauge und seine Tochter Ethlinn dagegen leben in Drassil. Einiges
erinnert an die ersten vier Bücher. Nachkommen von Sturm und Buddai begleiten
den Waldläufer Keld auf seinen Streifzügen. Nachfahren von Coraleen, Cywen oder Veradis
sind hier wichtige politische Führer und
eine sprechende Krähe sorgt für die Nachrichtenübermittlung. Außergewöhnliche
Menschen haben außerordentliche Nachkommen gezeugt. Das sind aber die einzigen
Gemeinsamkeiten. Ein Zitat von Seite 28 zeigt, dass sich die Einstellung der
Menschen gegenüber den angeblichen Rettern drastisch geändert hat. Olin spricht
diese Sätze zu seinem Sohn Drem
"Die Ben-Elim werden eines Tages auch
hierherkommen. Aber hoffentlich eher später als früher. Sie sollen ruhig noch
weitere 100 Jahre in Drassil bleiben. Und bis dahin ist jeder Tag ohne sie ein
besserer Tag."
Das Buch ist wieder in Kapitel aufgeteilt,
die den Hauptcharakteren gewidmet sind. Riv, eine junge Frau, die in Drassil
geboren wurde und deren Traum es ist, endlich eine Weißschwinge zu werden, eine
Kriegerin für die Ben-Elim. Dabei steht ihr jedoch ihr Jähzorn im Weg, der sie dazu
bringt, Israfil zu attackieren.
Ebenfalls in Drassil lebt Bleda. Er kam
als politische Geisel in die Festung. Ein stolzer Steppenkrieger, dem die
Freiheit und der Clan über alles geht und der nun in Mauern aus Stein gefangen
ist.
Weitere Kapitel sind der Gigantin Sig gewidmet,
die ein Bindeglied zu den damaligen Ereignissen ist und Drem, dem Sohn von
Olin, der erkennen muss, dass man der Gefahr nicht davonlaufen kann.
Gekonnt routiniert und auf eine
spannende Art und Weise verknüpft der Autor die Schicksale dieser vier
Charaktere. Dabei geht er sehr langsam vor, die Entwicklung erscheint glaubhaft und der Leser fiebert regelrecht
mit, da er weiß, dass diese Personen irgendwann zusammentreffen. Bleda lässt
nach und nach seine starre Maske gegenüber Riv fallen. Drem sucht Kontakt zu
dem ehemaligen Orden seines Vaters und Sig macht sich auf, Olin zu finden.
John Gywnne kann sprachlich absolut
überzeugen und Wolfgang Thon brilliert mit der Übersetzung dieser Romane. Ein
sehr schönes Zitat von Seite 258 zeigt, wie anschaulich sich der Autor in
einfachen Worten auszudrücken vermag:
" Manchmal macht das Alter einen nicht sanft und milde. sondern hart und störrisch,
presst alle Freundlichkeit aus seiner Seele."
Nachdem ich etwas zögerlich mit diesem
Band begonnen habe, war ich letztendlich regelrecht begeistert und ich bin
gespannt, wie der Autor die Geschichte weiterführt. Wer "die Getreuen und
die Gefallenen" mochte, wird Blut und Knochen ebenfalls mögen. Man muss die erste Saga nicht kennen, um
dieser Geschichte folgen zu können. Der Autor vermeidet langatmige Rückblicke
aber durch die Gedanken von Sig oder Alcyon erfahren die Leser einiges über die
damaligen Ereignisse, ohne dass es für Kenner langweilig wird. Ich finde es
einen tollen Kniff, dass die Giganten als Brücke der Erinnerung funktionieren
und es somit Zeitzeugen der damaligen Ereignisse gibt.
Zu der Geschichte gibt es eine schöne,
ausführliche Karte und ein Personenregister, das sehr hilfreich ist. Das Cover
zeigt den Schildwall des Ordens sowie Olins Schwert und hat somit einen starken
Bezug zur Geschichte.
Alles in allem eine gelungene
Fortsetzung mit vielen überraschenden Wendungen und überzeugenden Charakteren.
Titel: Die Zeit der Schatten
Reihe: Blut und Kochen Band 1
Autor: John Gwynne
Übersetzer: Wolfgang Thon
Verlag: Blanvalet, Softcover, 575 Seiten
ISBN: 9783734161940
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